Verfahrensgang

SG für das Saarland (Urteil vom 10.12.1990; Aktenzeichen S 4 U 185/90)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland 10.12.1990 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Verletztenrente wegen einer kongenitalen (angeborenen) Fehlbildung des rechten Fußes der Klägerin.

Die Mutter der Klägerin, Frau H. S. ist als Krankenschwester seit Februar 1979 bei den Universitätskliniken in H. beschäftigt. Von Beginn der Tätigkeit an hatte sie mit Chemotherapeutika (Zytostatika) Kontakt, wobei bis cirka 1985/1986 keine Arbeitsschutzmaßnahmen getroffen worden waren. Seit diesem Zeitpunkt sind als Schutzausrüstung Untersuchungshandschuhe bzw. OP-Handschuhe aus Latex, Schutzbrillen mit Seitenschutz und ein üblicher OP-Mundschutz zur Verfügung gestellt. Die Schutzausrüstung wurde jedoch von den Krankenschwestern nicht regelmäßig und teilweise nur unvollständig getragen. Folgende Zytostatika wurden seit 1979 am Arbeitsplatz von Frau S. verwendet:

Endoxan, DTIC, Methotrexat, Alexan, Adriblastin, Farmorubicin, Cisplatin, Crasnitin, Ixoten, Imurek, Natulan, Holoxan, Vepesid, Eldesine, Fluoro-Uracil, Velbe, Nitrumon, Farlutal, Leukeran, Alkeran, Myleran, Novantron, Bleomycin + i.m., Mytomycin, Daunoblastin, Vincristin, BCNU, Honvan, Leukovorin, Thioguanin und Puri-Nethol.

Am 30.10.1986 wurde die Klägerin mit einem rechtsseitigen Klumpfuß geboren; einen Monat vorher, am 28.09.1986, hatte bereits eine Kollegin der Mutter der Klägerin ein behindertes Kind zur Welt gebracht (mit einer Amelie = Fehlen des linken Unterarmes).

Ermittlungen der Beklagten über den Technischen Aufsichtsdienst ergaben, daß nicht mehr genau rekonstruierbar war, mit welchen Substanzen die Mutter der Klägerin in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft in unmittelbaren Hautkontakt gekommen war. Festgestellt werden konnte, daß die Mutter der Klägerin in dieser Zeit mit folgenden Zytostatika umgegangen war:

Holoxan, Alexan, Vepesid, Methotrexat, Bleomycin, Vincristin, Endoxan, Novantron, Adriblastin, Velbe, DTIC, Daunoblastin, Nitromun, Natulan und Thioguanin.

Diese Mittel wurden an verschiedenen Tagen bei mit Chemotherapie behandelten Patienten angewandt. Sowohl während der ersten drei Monate der Schwangerschaft als auch davor und danach kam es nach Aussage der Mutter der Klägerin gelegentlich im Rahmen der pflegerischen Tätigkeit als Krankenschwester zu Benetzungen der Haut mit Zytostatika, die in Form von Ampullen dargereicht wurden, ohne daß sich weitere Schädigungen bei der Mutter der Klägerin zeigten.

Die Beklagte beauftragte im Rahmen des Verwaltungsverfahrens den Direktor des Instituts für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität E./N. Prof. Dr. L. mit der Erstellung eines arbeitsmedizinisch-internistischen Gutachtens (vom 18.12.1989). Darin wird zusammenfassend ausgeführt, daß beim derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand und unter Berücksichtigung der vorgegebenen sozialrechtlichen Normen ein Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit der Mutter der Klägerin als Krankenschwester und der aufgetretenen kongenitalen Fehlbildung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit begründet werden könne. Dieser Beurteilung schloß sich der Staatliche Gewerbearzt, Gewerbemedizinaloberrat Dr. H., in seiner gewerbeärztlichen Stellungnahme (vom 05.02.1990) nach § 7 Abs. 2 Berufskrankheitenverordnung (BKVO) an.

Mit Bescheid vom 26.04.1990 hat die Beklagte deshalb die Gewährung von Leistungen abgelehnt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.1990 als unbegründet zurückgewiesen. Auch die anschließende Klage hatte keinen Erfolg. Durch Urteil des Sozialgerichts für das Saarland (SG) vom 10.12.1990 wurde die Klage – gestützt auf das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten – abgewiesen.

Gegen das am 17.12.1990 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 08.01.1990 Berufung eingelegt.

Sie ist der Ansicht, ihr stehe Verletztenrente über die Vorschrift des § 555 a Reichsversicherungsordnung (RVO) zu,

da eine Kausalität zwischen der beruflichen Tätigkeit ihrer Mutter und der bei ihr (der Klägerin) vorliegenden Mißbildung hinreichend wahrscheinlich sei.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts für das Saarland vom 10.12.1990 und des Bescheides vom 26.04.1990 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.09.1990 zu verurteilen, Verletztenrente zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es wurde Beweis erhoben durch Beiziehung des von Dr. H. im Verwaltungsverfahren des beim SG anhängigen Verfahrens S 3 U 166/90 erstellten Gutachtens; dieses Verfahren betrifft das einen Monat vor der Klägerin geborene behinderte Kind einer Kollegin der Mutter der Klägerin. Darüber hinaus wurde im Rahmen eines Erörterungstermins der Gewerbearzt Dr. H. gehört und gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Prof....

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge