Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff der wesentlichen Änderung bei Rentenentziehung

 

Orientierungssatz

1. Für eine wesentliche Änderung der Verhältnisse i. S. von § 48 Abs. 1 SGB 10 bei einer wegen Erwerbsunfähigkeit bewilligten Rente genügt nicht allein eine Verbesserung der gesundheitlichen Situation des Versicherten. Wesentlich ist eine Änderung nur dann, wenn die im Ausgangsbescheid enthaltene  Regelung objektiv nicht mehr gerechtfertigt ist.

2. Beruht die Erwerbsunfähigkeit ursprünglich darauf, dass der Versicherte keinerlei Tätigkeiten von wirtschaftlichem Wert mehr verrichten konnte und nunmehr darauf, dass der Arbeitsmarkt für das jetzt bestehende Leistungsvermögen verschlossen ist, so unterscheiden sich beide Verhältnisse in Bezug auf die sozialrechtliche Beurteilung nicht wesentlich voneinander.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 09. Januar 2004 wird zurückgewiesen.

Der Bescheid vom 25. August 2005 wird insoweit aufgehoben, als damit die Rente des Klägers bis zum 31. August 2008 befristet wird.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Berufungsverfahren zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte einen Bescheid, mit dem dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt wurde, zu Recht aufgehoben hat.

Der … 1966 geborene Kläger legte am 13. Juli 1990 die Abschlussprüfung der Ingenieurschule für Geodäsie und Kartographie D in der Fachrichtung Geodäsie ab. Er arbeitet dann als Vermessungsingenieur. Bei einem Verkehrsunfall im Mai 1998 erlitt der Kläger ein Schädelhirntrauma dritten Grades, ein Hirnödem und eine posttraumatische Epilepsie. Er leidet an einer Myositis ossificans der Hüftgelenke.

Der Sozialmedizinische Dienst Cottbus der Beklagten gelangte im Gutachten vom 24. Juni 1999 zu der Auffassung, das Leistungsvermögen des Klägers für eine regelmäßige Erwerbstätigkeit von wirtschaftlichem Wert sei aufgehoben. Es müsse von einem Dauerzustand ausgegangen werden, eine Nachuntersuchung sollte jedoch in zwei Jahren erfolgen, da gewisse Aussicht auf Besserung des Gesundheitszustandes bestehe.

Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 22. September 1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bis längstens zur Vollendung des 65. Lebensjahres ab 01. November 1998. Bei der Nachuntersuchung am 04. Dezember 2001 diagnostizierte die Chirurgin B eine bestehende Bewegungseinschränkung beider Hüftgelenke und des linken Ellenbogens, den Zustand nach Polytrauma bei Fahrrad-Verkehrsunfall sowie eine posttraumatische Epilepsie, bei der Anfallsfreiheit seit Juni 2000 bestehe. Es sei eine Besserung des Leistungsvermögens in körperlicher und geistiger Hinsicht gegenüber dem Vorgutachten vom Juni 1999 eingetreten. Der Kläger sei nunmehr in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten ohne Heben und Tragen schwerer Lasten ohne Steigen auf Leitern und Gerüste, ohne Absturzgefahr und ohne besonderen Zeitdruck vollschichtig auszuüben. Als Vermessungsingenieur könne er, da es sich dabei teilweise um geistig schwierige und teilweise um körperlich mittelschwere Arbeiten handele, nicht eingesetzt werden.

Mit Schreiben vom 13. Juni 2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie beabsichtige, die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu entziehen, Berufsunfähigkeit liege jedoch weiterhin vor. Sie gab dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme. Die beabsichtigte Umwandlung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit begründete sie damit, der Kläger sei nunmehr wieder in der Lage, Berufstätigkeiten vollschichtig zu verrichten.

Der Kläger suchte am 21. Juni 2002 die Auskunfts- und Beratungsstelle der Rentenversicherungsträger in Senftenberg auf und teilte mit, er sei wegen einer starken Anstrengung des Gedächtnisses und des Konzentrationsvermögens nicht in der Lage, Bürotätigkeiten zu verrichten.

Die Beklagte hob mit Bescheid vom 31. Juli 2002 die Bewilligung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Wirkung vom 01. September 2002 auf und bewilligte dem Kläger ab diesem Tage Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03. Dezember 2002 (zugestellt am 09. Dezember 2002) zurück. Sie begründete dies damit, es sei eine wesentliche Veränderung in den Verhältnissen bei Leistungsgewährung eingetreten. Es sei nämlich eine Besserung des Leistungsvermögens sowohl in körperlicher als auch geistiger Hinsicht festgestellt worden.

Hiergegen hat sich die am 09. Januar 2003 beim Sozialgericht Cottbus erhobene Klage gerichtet, zu deren Begründung der Kläger vorgetragen hat, er könne wegen starker Konzentrationsschwächen die von der Beklagten genannten Bürotätigkeiten nicht verrichten.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

den Bescheid vom 31. Juli 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Dezember 2002 aufzuheben.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf den...

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