Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Höhe. Einkommensermittlung. selbständige Tätigkeit. Verluste im Veranlagungszeitraum. Nichtberücksichtigung von außergewöhnlichen Aufwendungen wegen Diebstahls. kein vorgeburtliches Einkommen. Begrenzung des Mindestelterngelds auf zwölf Monate

 

Leitsatz (amtlich)

Ergibt sich aus einer selbständigen Tätigkeit im maßgeblichen steuerlichen Veranlagungszeitraum (hier: Kalenderjahr 2009) wegen eines Diebstahls ein Verlust, wird kein iSd § 2 Abs 1 iVm Abs 9 BEEG zu berücksichtigendes Einkommen erzielt.

 

Orientierungssatz

Der Elterngeldanspruch eines allein erziehenden Elternteils, das vor der Geburt des Kindes kein zu berücksichtigendes Einkommen hatte, ist auf zwölf Monate (in Höhe des Mindestbetrages nach § 2 Abs 5 BEEG) begrenzt (vgl BSG vom 26.5.2011 - B 10 EG 3/10 R = SozR 4-7837 § 4 Nr 1 für zusammenlebende Eltern).

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 06.10.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf höheres Elterngeld zusteht.

Die 1972 geborene Klägerin ist Mutter des 2010 geborenen Kindes B. J. R.. Das Kind lebt seit der Geburt ständig im Haushalt der Klägerin und wird von ihr erzogen. Der Klägerin steht die elterliche Sorge, zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht, allein zu. Sie und das Kind leben nicht mit dem Vater des Kindes in einer Wohnung. Die Klägerin ist seit dem Jahr 2000 im Großhandel mit Edelsteinen selbständig tätig. Im Jahr 2009 wurden ihr Waren in erheblichem Umfang gestohlen. Die Versicherung erstattete ihr (nur) die Anschaffungskosten der gestohlenen Ware. Den durch den Diebstahl erlittenen Schaden machte die Klägerin iHv 83.445,50 € steuerlich geltend, weshalb sie im Jahr 2009 nach den Festsetzungen im Steuerbescheid für 2009 vom 30.09.2010 keinen Gewinn, sondern einen Verlust aus Gewerbebetrieb iHv 30.338,00 € erwirtschaftete. Für das Jahr 2010 wurde die Einkommensteuervorauszahlung auf 0,00 € festgesetzt. Vom 15.10.2010 bis 21.01.2011 bezog die Klägerin Mutterschaftsgeld iHv täglich 42,00 €.

Am 23.02.2011 (Eingang bei der Beklagten) beantragte sie bei der Beklagten die Gewährung von Elterngeld für die ersten 14 Lebensmonate ihres Kindes. Zu ihrem Antrag gab sie an, ihre selbständige Tätigkeit reduzieren zu wollen. Sie werde im Bezugszeitraum ca acht Wochenstunden (vgl Blatt 55 der Verwaltungsakte der Beklagten) selbständig arbeiten. Sie gebe den Einzelhandel/Großhandel auf, stelle ihre Reisetätigkeit bis 01.05.2011 ein, reduziere diese danach auf 1/5 und werde die Teilnahme an Messen von sechs auf zwei im Jahr reduzieren. Des Weiteren gab sie an, im Jahr 2009 einen schweren Umsatzeinbruch gehabt zu haben, da bei ihr Waren im Verkaufswert von ca 300.000,00 € gestohlen worden seien. Ihre Versicherung decke nur einen Teil des Schadens ab. Dieses außergewöhnliche Ereignis habe ihre Bilanz verfälscht und dadurch auch das für die Elterngeldberechnung relevante Einkommen. Sie verlange ihr Einkommen auf der Grundlage des Durchschnitts der letzten drei Jahre zu berechnen. Im Jahr 2008 habe sie positive Einkünfte iHv 38.614,00 €, im Jahr 2007 iHv 16.654,00 € und im Jahr 2006 iHv 21.492,00 € gehabt. Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Klägerin mit, vom 24.11.2010 bis zum 31.12.2010 Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv -6.595,00 €, vom 01.01.2011 bis 31.12.2011 iHv 6.702,00 € und vom 01.01.2012 bis zum 23.01.2012 iHv 579,00 € gehabt zu haben. Mit Bescheid vom 02.05.2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin Elterngeld für den ersten Lebensmonat ihres Kindes iHv 0,00 €, für den zweiten Lebensmonat iHv 19,35 €, für den dritten bis zwölften Lebensmonat iHv jeweils 300,00 € und für den 13. und 14. Lebensmonat iHv jeweils 0,00 €.

Mit ihrem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, ausweislich ihrer Gewinnermittlung habe sie außergewöhnliche Aufwendungen iHv 83.445,50 € im Jahr 2009 gehabt. Diese Aufwendungen dürften bei der Berechnung des Elterngeldes nicht berücksichtigt werden, so dass sich eigentlich ein Gewinn von 53.107,86 € ergebe. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.06.2011, zugestellt mittels Empfangsbekenntnis am 17.06.2011, zurück. Die gesetzliche Regelung gebe keine Möglichkeit, den Bemessungszeitraum aufgrund von besonderen Ereignissen wie dem Diebstahl zu ändern. Es könne eine Gewinnminderung aufgrund außergewöhnlicher Aufwendungen nicht außer Betracht bleiben. Da die Klägerin zudem keine Minderung von Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit habe, bestehe auch kein Elterngeldanspruch für den 13. und 14. Lebensmonat ihres Kindes.

Am Montag, 18.07.2011, hat die Klägerin beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben und ausgeführt, in einer analogen Anwendung des Gesetzes müssten außergewöhnliche Aufwendungen unberücksichtigt bleiben.

Das SG hat mit Urteil vom 06.10.2011 die Klage abgewiesen. Die Höhe des Elterng...

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