Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Einkommensermittlung. laufender Arbeitslohn. sonstige Bezüge. Lohnnachzahlungen aus dem Vorjahr. arbeitsgerichtlicher Vergleich. R 39b.2 Abs 2 S 2 Nr 8 LStR 2013

 

Leitsatz (amtlich)

Gehaltszahlungen aufgrund eines vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleichs, die später als drei Wochen nach Ablauf eines Jahres für Lohnabrechnungszeiträume des vergangenen Kalenderjahres ausbezahlt werden, sind als sonstige Bezüge bei der Bemessung des Elterngeldes nicht zu berücksichtigen.

 

Orientierungssatz

Die insoweit bestehende gesetzliche Neuregelung in § 2c Abs 1 S 2 BEEG widerspricht auch nicht Sinn und Zweck des Elterngeldes, da Arbeitsentgelt, das im Bemessungszeitraum - wenn auch zu Unrecht - nicht zugeflossen ist, die individuelle vorgeburtliche Lebenssituation gerade nicht geprägt hat.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 22.06.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Anspruchs auf Elterngeld.

Die 1985 geborene Klägerin lebt mit ihrem 2015 geborenen Sohn E. Er. (im Folgenden: E) und dessen Vater in einem gemeinsamen Haushalt. Sie war bis 31.03.2015 bei der Firma V. GmbH versicherungspflichtig beschäftigt und erzielte im Zeitraum Oktober 2014 bis März 2015 aus dieser Tätigkeit 16.519,05 € brutto (ohne Berücksichtigung einer im November 2014 erhaltenen Jahressonderzuwendung). Vom 20.11. bis 31.12.2014 bezog sie Krankengeld wegen einer nicht schwangerschaftsbedingten Erkrankung und vom 01.04. bis 14.10.2015 Arbeitslosengeld. Mutterschaftsgeld erhielt die Klägerin vom 15.10.2015 bis 21.01.2016 iHv 47,63 € kalendertäglich. In der Zeit nach der Geburt war die Klägerin nach eigenen Angaben nicht erwerbstätig.

Auf Antrag vom 20.01.2016 bewilligte die Beklagte der Klägerin Elterngeld für den 1. bis 3. Lebensmonat von E iHv 0 €, für den 4. Lebensmonat iHv 516,36 € und für die Lebensmonate 5 bis 12 iHv 666,96 €. Hierbei legte sie die Bruttoeinkünfte aus der Tätigkeit bei der Firma V. GmbH im Bemessungszeitraum 01.10.2014 bis 30.09.2015 zugrunde, zog hiervon anteilig den Arbeitnehmerpauschbetrag (416,65 €) ab sowie Steuern und Sozialabgaben, wodurch sie ein elterngeldrelevantes Einkommen vor Geburt iHv 986,63 € monatlich ermittelte (Bescheid vom 10.02.2016).

Mit Überprüfungsantrag vom 20.11.2016 wies die Klägerin darauf hin, dass ihr aufgrund eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs vom 05.10.2016 (Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, 14 Sa 16/16) im Oktober 2016 Gehalt nachgezahlt worden sei ua für die Monate April bis September 2015 und legte eine entsprechende Gehaltsabrechnung vor.

Mit Bescheid vom 23.11.2016 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab und teilte der Klägerin mit, dass ihr Elterngeldanspruch unverändert bleibe. Sie habe die Gehaltsnachzahlung aus dem Kalenderjahr 2015 im Oktober 2016 erhalten. Zu diesem Zeitpunkt sei das Steuerjahr 2015 bereits abgeschlossen gewesen. Der Nachzahlungsbetrag sei als sonstiger Bezug zu versteuern, weshalb eine Berücksichtigung bei der Berechnung des Elterngeldes nicht möglich sei.

Mit ihrem Widerspruch vom 02.12.2016 führte die Klägerin aus, dass ihr aufgrund eines gerichtlichen Vergleiches nach Anfechtung der Arbeitgeberkündigung Gehalt für den Zeitraum 01.04.2015 bis 14.02.2016 nachgezahlt worden sei. Vor diesem Hintergrund sei bei der Elterngeldberechnung ein zu geringes Einkommen angesetzt worden. Komme der Arbeitgeber seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nach, werde der Bezieher von Elterngeld unangemessen benachteiligt, wenn die steuerlichen Grundsätze der zeitlichen Zuordnung von Einkünften maßgeblich wären. Dieses Ergebnis entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers, der die Eltern durch die Inanspruchnahme von Leistungen entlasten wolle.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach § 2c Abs 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) ergebe der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit über 1/12 des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. Nicht berücksichtigt würden Einnahmen, die nach den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln seien. Grundlage der Ermittlung der Einnahmen seien die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Die Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen erfolge durch den Arbeitgeber auf Grundlage der §§ 38a Abs 1 Satz 3 und 39b Einkommenssteuergesetz (EStG) iVm den Lohnsteuerrichtlinien (LStR). Hiernach sei sonstiger Bezug ein Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt werden, insbesondere einmalige Zahlungen, ua Nachzahlungen von laufendem Arbeitslohn, die zusammengefasst außerhalb des laufenden Veranlagungszeitraums gezahlt würden. Die für den Bemessungszeitraum (04/15 - 09/15) erf...

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