Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzgeldanspruch. Insolvenzereignis. Abweisung des Insolvenzantrages mangels Masse. Zahlungsunfähigkeit seit Betriebsaufnahme. keine Ausdehnung der Rechtsprechung für die Fälle der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit. Arbeitsentgeltanspruch. Inanspruchnahme Dritter. Betriebsübergang. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 11 AL 3/18 R

 

Leitsatz (amtlich)

1. Sinn und Zweck der Insolvenzgeldversicherung verlangen keine Ausdehnung der Rechtsprechung, dass kein leistungsauslösendes Insolvenzereignis vorliegt, wenn der Arbeitgeber von vornherein zahlungsunfähig und vermögenslos war (vgl LSG Essen vom 4.6.2009 - L 9 AL 166/06; LSG Schleswig vom 6.7.2007 - L 3 AL 54/06), auf den Insolvenzfall der Abweisung des Insolvenzantrages mangels Masse (§ 165 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB III; ob die bereits mit Tätigkeitsaufnahme bestehende Zahlungsunfähigkeit ein Insolvenzereignis nach § 165 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB III - vollständige Betriebsaufgabe - ausschließt, bleibt offen).

2. Dem Anspruch auf Insolvenzgeld kann nicht entgegengehalten werden, dass ein Dritter im Wege des Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB in die Pflichten des bisherigen zahlungsunfähig gewordenen Arbeitgebers eingetreten ist (Anschluss an BSG vom 30.4.1981 - 10/8b/12 RAr 11/79 = BSGE 51, 296 = SozR 4100 § 141b Nr 18; BSG vom 2.11.2000 - B 11 AL 23/00 R = SozR 3-4100 § 141b Nr 22 - zum Konkursausfallgeld).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 26.02.2019; Aktenzeichen B 11 AL 3/18 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 20.04.2016 abgeändert und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2015 verurteilt, der Klägerin auch für die Zeit vom 12.12.2014 bis 31.01.2015 Insolvenzgeld in Höhe von 1885,02 Euro unter Anrechnung des bereits geleisteten Vorschusses zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin auch für die Zeit vom 12.12.2014 bis 31.01.2015 Anspruch auf Insolvenzgeld hat.

Die 1959 geborene Klägerin war seit dem 01.08.2014 als Büroangestellte bei der Firma C. A. Verwaltungs GmbH sozialversicherungspflichtig beschäftigt (vgl. Arbeitsvertrag vom 28.07.2014, Bl. 32 ff. der SG-Akte). Zuvor war sie für die Vorgängerfirma P. U. GmbH & Co. KG tätig, über die im August 2014 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war.

Auf Antrag der AOK vom 30.10.2014 (vgl. insoweit das Gutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters Rechtsanwalt F. F. 2/Bl. 113 ff. der Verwaltungsakte) ordnete das Amtsgericht Baden-Baden durch Beschluss vom 13.11.2014 (Az. 11 IN 384/14, F. 2/Bl. 1 der Verwaltungsakte) zur Sicherung des Schuldnervermögens vor nachteiliger Veränderung gemäß §§ 21, 22 InsO die vorläufige Insolvenzverwaltung der C. A. Verwaltungs GmbH an und bestimmte Rechtsanwalt F. zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Am 26.11.2014 beantragte auch die C. A. Verwaltungs GmbH selbst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Mit Beschlüssen vom 13.07.2015 (F. 2/Bl. 106 und 146 f. der Verwaltungsakte) wies das Amtsgericht die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse ab.

Bereits mit Schreiben vom 12.12.2014 (F. 3/Bl. 48 f. der Verwaltungsakte) sowie wiederholend mit Schreiben vom 22.12.2014 (F. 3/Bl. 10 f. der Verwaltungsakte) hatte H. F. als Geschäftsführer mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters Rechtsanwalt F. gegenüber der Klägerin die Kündigung zum 31.01.2015 ausgesprochen, sie unwiderruflich freigestellt und mitgeteilt, dass für den Zeitraum der Freistellung keine Lohnzahlungen erfolgen würden.

Am 23.12.2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Insolvenzgeld und gab an, es stünden die Lohnzahlungen für November, Dezember und Januar 2014 in Höhe von 1400 Euro brutto bzw. 1154,09 Euro netto aus. Für Januar habe sie keine Lohnabrechnung erhalten (F. 3/Bl. 1 ff der Verwaltungsakte). Laut Arbeitsvertrag betrage ihr Gehalt 1400 Euro brutto. Ab dem 01.02.2015 habe sie sich arbeitslos gemeldet. Für die Monate November 2014 und Dezember 2014 legte sie zudem Lohnabrechnungen vor (F. 3/Bl. 16/17 der Verwaltungsakte).

Die Beklagte erhielt sodann Kenntnis von einer etwaigen Fortführung des Betriebes bzw. einer Übernahme der Arbeitsverhältnisse durch die T. A. Objekte GmbH.

Auf Anfrage der Beklagten teilte der vorläufige Insolvenzverwalter diesbezüglich mit (F. 2/Bl. 52 der Verwaltungsakte), der Geschäftsbetrieb der C. A. Verwaltungs GmbH sei zum 11.12.2014 vollständig eingestellt worden und nahm insoweit auf die Massenentlassungsanzeige (F. 2/Bl. 33 der Verwaltungsakte) Bezug. Von einem Übergang der Arbeitsverhältnisse auf eine andere Firma sei ihm nichts bekannt.

Mit Schreiben vom 27.02.2015 wies die Beklagte die Firma T. A. Objekte GmbH dennoch darauf hin, dass sie gemäß § 613a BGB neben d...

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