Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Anspruchsberechtigung. Familienwohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt in den USA. Kindererziehung durch die Mutter. Entsendung des Vaters in die USA. Ausstrahlung iS des § 4 SGB 4. Anstellung bei einer Kapitalgesellschaft nach amerikanischen Recht. Bestehen eines Rumpfarbeitsverhältnisses in Deutschland. Nichtanwendbarkeit des SozSichAbk USA auf das BEEG

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Ausnahmetatbestand nach § 1 Abs 2 BEEG liegt nicht vor, wenn die Familie in den USA lebt, die Mutter dort ihr Kind erzieht, der Vater bei einer Kapitalgesellschaft nach amerikanischem Recht angestellt ist und sein beim deutschen Arbeitgeber bestehendes Beschäftigungsverhältnis ruhend gestellt worden ist.

 

Orientierungssatz

Das zwischenstaatliche Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über Soziale Sicherheit (juris: SozSichAbk USA) enthält keine Bestimmungen zum Elterngeld oder anderen Familienleistungen. In Art 2 Abs 1 des Abkommens ist zum sachlichen Geltungsbereich geregelt, dass sich das Abkommen auf die deutschen Rechtsvorschriften über die Rentenversicherung für Arbeiter, die Rentenversicherung der Angestellten, die knappschaftliche Rentenversicherung, die hüttenknappschaftliche Zusatzversicherung und die Alterssicherung der Landwirte bezieht. Eine Analogie verbietet sich, da es sich um völlig anders geartete Leistungen handelt. Die aufgezählten Leistungen sind mit einer Beitragsleistung verknüpft. Das Elterngeld stellt dagegen eine freiwillige steuerfinanzierte Leistung des Staates ohne finanzielle Gegenleistung dar. Dies steht einer Übertragung des Abkommens auf das BEEG zwingend entgegen (vgl Urteil des Senats zum Erziehungsgeld vom 7.5.2002 - L 11 EG 767/02).

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19.05.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch in der Berufungsinstanz nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht die Gewährung von Elterngeld für den Sohn der Klägerin.

Die im Jahr 1978 geborene Klägerin slowakischer Staatsangehörigkeit lebte seit Mai 2007 mit ihrem Ehemann in den USA. Ein Wohnsitz in Deutschland bestand nicht. Sie ist Mutter zweier Kinder, F. (geboren 2007) und H. (geboren 2009). Für ihre Tochter bezog die Klägerin Elterngeld in Höhe des Mindestbetrags (Bescheid vom 14.05.2007).

Der im Jahr 1973 geborene Ehemann der Klägerin arbeitete bei der Firma B. R. AG (iF: BRAG; Sitz in L. am Main, Tochter der R. B. GmbH) in Deutschland und wurde mit Vertrag vom 14.03.2007 ab dem 01.05.2007 zunächst befristet bis 30.04.2010 (später verlängert bis 30.04.2012) zur Tochtergesellschaft B. R. Corporation (iF: BRCorp) in den USA versetzt. Es handelt sich um eine juristische Person amerikanischen Rechts (Kapitalgesellschaft), deren Anteile zu 100 % von der R. B. North America Corporation gehalten werden. Die BRCorp führt eine Gewinn- und Verlustrechnung zusammen mit der R. B. North America Corporation durch. Der Ehemann der Klägerin schloss mit der BRCorp einen Arbeitsvertrag. Das Beschäftigungsverhältnis mit der BRAG wurde ruhend gestellt. Die Hauptleistungspflichten wurden für die Zeit der Versetzung suspendiert. Der Gehaltsanspruch des Ehemanns richtete sich gegen die BRCorp. Das Arbeitsentgelt wurde von der BRCorp steuerlich geltend gemacht. Das Direktionsrecht oblag ebenfalls der BRCorp.

Für die Zeit der Versetzung beantragte der Ehemann eine Ausnahmegenehmigung nach dem Deutsch-Amerikanischen Abkommen über Soziale Sicherheit bei der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung-Ausland. Mit Bescheid vom 27.04.2007 wurde diesem Antrag entsprochen. Nach der Bescheinigung “D/USA101„, ausgestellt am 29.05.2007 von der Gmünder Ersatzkasse (GEK), unterstand der Ehemann während seiner Tätigkeit in den USA ausschließlich den die Rentenversicherung betreffenden deutschen Rechtsvorschriften. Während seiner Auslandstätigkeit wurden Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung abgeführt. Den Arbeitgeberanteil trug die BRCorp, der Arbeitnehmeranteil wurde von dem Gehalt des Klägers einbehalten (Ziff 6.2 der Vereinbarung mit der BRAG). Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung wurde nicht abgeführt (Meldebescheinigung zur Sozialversicherung vom 20.03.2009). Der Ehemann der Klägerin versicherte sich freiwillig in der Arbeitslosenversicherung weiter. Die Familie war in Deutschland privat krankenversichert. Der Ehemann hatte zusätzlich eine Anwartschaftsversicherung bei seiner bisherigen gesetzlichen Krankenversicherung.

Am 09.03.2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Elterngeld für ihren Sohn H.. Sie beantragte als alleiniger Elternteil für zwölf Monate ab der Geburt Elterngeld. Vor und nach der Geburt hatte die Klägerin kein Erwerbseinkommen. Mit Bescheid vom 23.04.2009 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da die Voraussetzungen einer Entsendung ins Ausland nicht vorlägen. Den hiergegen eingelegten Widerspruch ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge