Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlung. Leistungsverweigerungsrecht. Forderungsübergang. Verhindern des Forderungsübergangs. Schuldhaftes Handeln. Sorgfaltspflicht. Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des unfallverletzten Arbeitnehmers bei Abschluss eines Abfindungsvergleichs

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Arbeitnehmer, der nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall Verletzungen davongetragen hat, handelt, wenn er mit dem Schädiger eine Vereinbarung über die Abgeltung aller aus dem Unfall herrührenden Forderungen trifft, schuldhaft, wenn er nicht zuvor mit dem Arbeitgeber Kontakt aufnimmt.

Auch ist zum Ausschluss der schuldhaften Verhinderung des Forderungsüberganges auf den Arbeitgeber erforderlich, dass der Arbeitnehmer mit den ihn wegen des Unfalls behandelnden Ärzten schriftlich abklärt, ob aus ärztlicher Sicht Bedenken gegen den Abschluss eines Abfindungsvergleiches bestehen.

 

Normenkette

EFZG § 7 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2; BGB §§ 276, 278

 

Verfahrensgang

ArbG Elmshorn (Urteil vom 23.03.2006; Aktenzeichen 5 Ca 1791 d/05)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 23.03.2006 – 5 Ca 1791 d/05 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, ob der Kläger gegen die Beklagte wegen der Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 01.03.2005 bis 11.04.2005 einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hat.

Der Kläger ist am … 1944 geboren. Bei der Beklagten wurde er mit Wirkung vom 10.08.1971 als technischer Entwickler eingestellt. Seine Vergütung betrug zuletzt 5.000,00 EUR brutto monatlich. Das Arbeitsverhältnis ist inzwischen durch fristgerechte Kündigung der Beklagten aus dringenden betrieblichen Gründen mit Ablauf des 31.12.2005 beendet worden.

Am 30.06.2004 erlitt der Kläger einen unverschuldeten Wegeunfall. Das Fahrzeug des Klägers wurde zerstört. Der Kläger erlitt folgende Verletzungen

  • dislozierte Sternumfraktur
  • Rippenfraktur rechts
  • Rippenfraktur links
  • Lungenkontusion
  • Prellung rechtes Kniegelenk.

Der Schadenersatzanspruch wurde vom … Versicherungsverein reguliert. Der Kläger war bis zum 03.10.2004 arbeitsunfähig erkrankt. Ab dem 13.09.2004 erfolgte eine Wiedereingliederung für zwei Wochen mit vier Stunden täglich. Nach Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit hatte der Kläger zunächst Erholungsurlaub und nahm seine Arbeit bei der Beklagten ab Januar 2005 wieder auf.

Am 28.10.2004 schloss der Kläger mit dem … Versicherungsverein einen Abfindungsvergleich (Bl. 81 d. A.), demzufolge noch restliche 3.500,00 EUR an ihn gezahlt werden sollten. Insgesamt hat der Kläger rund 42.000,00 EUR erhalten, wobei ein Anteil von etwa 2/3 den Körperschaden betrifft. In der Abfindungsvereinbarung heißt es:

„Hiermit wird erklärt, dass gegen Zahlung des Entschädigungsbetrages … alle Ansprüche, die von mir/uns oder meinen/unseren Rechtnachfolgern aus Anlass des Schadensereignisses vom 30.06.2004 … sowie gegen jeden Dritten geltend gemacht werden können, für jetzt und alle Zukunft endgültig und vollständig abgefunden sind. Diese Erklärung umfasst sowohl bekannte wie unbekannte Ansprüche, ganz gleich, ob sie voraussehbar sind oder nicht, oder aus welchem Gesichtspunkt immer sie sich aus obigem Schadensereignis ergeben.

Ich bin mir/wir sind uns der Bedeutung und der Tragweite dieser Erklärung voll bewusst.”

Nach Wiederaufnahme seiner Arbeit kam es zu Beschwerden in dem bei dem Unfall verletzten Kniegelenk. Der Kläger war in der Zeit vom 01.03. bis 11.04.2005 wegen dieser Beschwerden arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte hat an den Kläger für diesen Zeitraum Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in Höhe von 4.970,78 EUR sowie Sozialversicherungsanteile in Höhe von 1.031,00 EUR gezahlt.

Der Kläger hatte sich im Zusammenhang mit dieser Erkrankung am 02.03.2005 in der Klinik für Unfall und orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Krankenhauses … in … vorgestellt. Nach dem Befundbericht vom 04.03.2005 (Bl. 15 d. A.) bestanden Zweifel, ob die Beschwerden durch den Unfall vom 30.06.2004 ursächlich bedingt seien. Es wurde zunächst eine Athroskopie durchgeführt. Am 09.06.2005 erfolgte im Auftrag der Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik eine weitere Untersuchung im …klinikum …, Klinik für Unfallchirurgie. Das Gutachten vom 20.06.2005 (Bl. 33 ff., 103 ff. d. A.) enthält unter anderem folgende Angaben:

„2. War das Ereignis vom 30.06.2004 geeignet, einen Körperschaden zu verursachen ggf. welchen? Bis wann (Datum) lag deswegen Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit vor?

Bei dem Unfall vom 30.06.2004 erlitt der Begutachtete einen verschobenen Brustbeinbruch, Rippenbrüche sowie eine Quetschung der Lunge und eine Prellung des rechten Kniegelenkes. Arbeitsunfähigkeit bestand bis zum 03.10.2004.

3. Welche der unter 1. erhobenen Befunde sind durch den Hergang im medizinischen Sinn verursacht worden?

Sämtliche o. g. Schäden sind durch den Unfall verursacht worden.

4. Für welche der Befunde, für die ein medizinischer Zusam...

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