Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung. Vorteilsannahme. Kündigungserklärungsfrist. Außerordentliche Kündigung wegen Annahme von Belohnungen und Geschenken

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hat der Arbeitgeber rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB beim Personalrat die erforderliche Zustimmung zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung beantragt und bei verweigerter Zustimmung noch innerhalb der 2-Wochen-Frist das nach den personalvertretungsrechtlichen Vorschriften sodann durchzuführende Mitbestimmungsverfahren eingeleitet, so ist die Kündigung nicht wegen Versäumung der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB unwirksam, auch wenn das Mitbestimmungsverfahren bei Ablauf der Frist noch nicht abgeschlossen ist.

2. Die Ausschlussfrist beginnt erst dann zu laufen, wenn der Kündigungsberechtigte zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat. Bei der vom Arbeitgeber erklärten außerordentlichen Kündigung gehören auch solche Aspekte zum Kündigungssachverhalt, die für den Arbeitnehmer und gegen die Kündigung sprechen.

3. Der wiederholte Verstoß eines Angestellten im öffentlichen Dienst gegen das Verbot gemäß § 10 BAT bzw. § 3 Abs. 2 TVöD, ohne Zustimmung des Arbeitgebers Belohnungen oder Geschenke in Bezug auf seine dienstliche Tätigkeit anzunehmen, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darzustellen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Zuwendungen eine Amtspflichtverletzung bewirken oder entgelten sollen.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1-2; TVöD § 3 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Urteil vom 14.05.2008; Aktenzeichen öD 3 Ca 331 a/08)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 14.05.2008 – öD 3 Ca 331 a/08 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

Der am …1955 geborene, ledige Kläger trat am 01.03.1981 als technischer Angestellter in die Dienste der Beklagten. Er arbeitete zuletzt als Bauleiter im Tiefbauamt Abteilung Stadtentwässerung. Auf das Arbeitsverhältnis finden aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung die tariflichen Bestimmungen des BAT bzw. des TVöD (Kommunen/Bund) Anwendung.

Am 11.12.2007 durchsuchten Mitarbeiter des Landeskriminalamts aufgrund eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts K. (Anlage B 1 = Bl. 28 f. d. A.) die Diensträume der Abteilung Stadtentwässerung der Beklagten und die Privaträume des Klägers. Der Durchsuchungsbeschluss war in einem Ermittlungsverfahren gegen einen Mitarbeiter der Firma b. (T. B.- und K. GmbH mit Sitz in W.) wegen des Verdachts der Vorteilsgewährung, Bestechung und wettbewerbsbeschränkender Absprachen bei Ausschreibungen ergangen. Nach dem Beschluss lagen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass u. a. der Kläger dafür Sorge getragen hat, dass die mit bestimmten Bauprojekten befassten Ingenieurbüros nur Produkte der b. verplanen und diese dann tatsächlich auch eingebaut werden. Es bestand der Verdacht, dass sich der Kläger insbesondere durch die Annahme der Bezahlung von 3 Übernachtungen anlässlich eines privaten Karnevalsbesuchs in K. im Jahr 2006 durch die Firma b. Vorteile hat gewähren lassen. In der Privatwohnung des Klägers wurden u. a. Reiseunterlagen mit dem Ziel K. betreffend die Jahre 2004 bis 2007 jeweils während der Karnevalszeit sichergestellt.

Noch am 11.12.2007 führte der Leiter der Stadtentwässerung B. mit dem Kläger ein Gespräch über den Hintergrund der Durchsuchung. Dabei räumte der Kläger ein, dass er anlässlich von Karnevalsbesuchen in K. in den Jahren 2003, 2004, 2006 und 2007 Betriebsbesichtigungen bei der Firma b. durchgeführt hatte und sich Übernachtungskosten für die Aufenthalte in K. von dieser Firma hat bezahlen lassen. Dabei handelte es sich jeweils um 3 Übernachtungen (Donnerstags bis Sonntags). Der Kläger hatte für diese Tage Urlaub genommen. Im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 14.05.2008 räumte der Kläger ein, dass er sich auch anlässlich eines Karnevalsbesuchs im Jahre 2005 von der Firma b. die Hotelkosten für 3 Nächte hat bezahlen lassen. Die Firma b. ist bestrebt, ihre Produkte an die Beklagte zu verkaufen.

Herr B. informierte das Personalamt telefonisch noch am 11.12.2007 über das Gespräch mit dem Kläger. Einen Vermerk fertigte und übersandte er per E-Mail am 14.12.2007. Das Personalamt forderte den Kläger am folgenden Montag (17.12.2007) auf, zu der deswegen beabsichtigten fristlosen Kündigung bis zum 18.12.2007 Stellung zu nehmen (Anlage K 2 = Bl. 10 f. d. A.). Fristgerecht reichte für den Kläger Rechtsanwalt H. die Stellungnahme vom 18.12.2007 ein (Anlage K 3 = Bl. 12 f. d. A.). Der Kläger ließ bestreiten, dass er im Zusammenhang mit seinem Amt bzw. seiner dienstlichen Tätigkeit Geschenke angenommen hat.

Am nächsten Tag beantragte die Beklagte bei ihrem Personalrat Innere Verwaltung die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers. Am Freitag, dem...

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