Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit einem Bauleiter wegen Entgegennahme von Geldgeschenken und deren Verwendung für eine betriebliche Weihnachtsfeier

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Annahme von Geldgeschenken durch einen im öffentlichen Dienst befindlichen Bauleiter stellt eine schwere Verfehlung gegen den Arbeitsvertrag dar, die grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt.

2. Handelt es sich um einen einmaligen Verstoß eines Arbeitnehmers, der sich 30 Jahre lang beanstandungsfrei geführt hat, ist dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Siegburg (Entscheidung vom 30.05.2012; Aktenzeichen 2 Ca 740/12)

 

Tenor

  • 1.

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 30.05.2012 - 2 Ca 740/12 - und der Auflösungsantrag der Beklagten werden kostenpflichtig zurückgewiesen.

  • 2.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung sowie eines hilfsweise von der Beklagten gestellten Auflösungsantrags.

Der am . .1965 geborene Kläger ist seit 1981 bei der Beklagten beschäftigt. Er ist nach dem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren TVöD ordentlich unkündbar. Seit dem 01.11.1993 ist er Wasserbaumeister beim Wasser- und Schifffahrtsamt in K Der Kläger ist Personalratsmitglied. Ihm sind als stellvertretender Leiter des Außenbezirks N 21 Mitarbeiter unterstellt. Zu seinen Aufgaben zählt es, in Vertretung des Außenbezirksleiters Tätigkeiten von Fremdfirmen für die Beklagte zu überwachen und rechnungsbegründende Unterlagen zu überprüfen und abzuzeichnen.

Der Kläger bestätigte am 04.05.2007 den Erhalt der Richtlinie der Bundesregierung zur Korruptionsprävention und des Rundschreibens zum Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken. Danach ist "die Annahme von Bargeld - gleich in welcher Summe - ... grundsätzlich nicht genehmigungsfähig und hat daher auf jeden Fall zu unterbleiben." In dem Anschreiben der Beklagten an alle Mitarbeiter vom 30.04.2007 heißt es: "Die Annahme von Geldgeschenken, in jeder Höhe, ist strikt verboten." Am 06.04.2009 nahm der Kläger an einer Schulung für Beschäftigte in besonders korruptionsgefährdeten Arbeitsgebieten teil.

Der Kläger prüfte und zeichnete rechnungsbegründenden Unterlagen einer Baufirma ab, die im Sommer 2010 und von Mai bis August 2011 Baggerarbeiten im Außenbezirk N ausgeführt hatte. Er nahm von Mitarbeitern dieser Firma einen Briefumschlag entgegen, der 500,00 € enthielt. Der Kläger meldete die Entgegennahme des Geldes seinem unmittelbaren Vorgesetzten, dem verbeamteten Leiter des Außenbezirkes, Herrn T . Beide kamen überein, über die Entgegennahme des Geldes Stillschweigen zu bewahren. Der Kläger verwandte das Geld - entsprechend seiner bereits Herrn T gegenüber geäußerten Absicht - zur Finanzierung des Essens bei der Weihnachtsfeier des Außenbezirks am 16.12.2011. Die Beklagte erfuhr davon am 23.12.2011 aufgrund einer anonymen Dienstaufsichtsbeschwerde. Dazu wurde der Kläger am 03.01.2012 angehört. Auf das Anhörungsprotokoll wird verwiesen. Mit Schreiben vom 06.01.2012 hörte die Beklagte den bei ihr bestehenden Personalrat an, der der außerordentlichen Kündigung am 09.01.2012 zustimmte. Mit Schreiben vom 11.01.2012 kündigte die Beklagte dem Kläger außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum nächst zulässigen Zeitpunkt.

Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage in vollem Umfang stattgegeben. Auf das Urteil (Bl. 191 - 200 d. A.) wird verwiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten, die weiter der Ansicht ist, die außerordentliche Kündigung sei wegen korrupten Verhaltens des Klägers durch Entgegennahme der 500,00 € von der Baufirma, mit der die Beklagte in Geschäftsbeziehung stand und deren Rechnungen der Kläger zu überprüfen hatte, gerechtfertigt. Wegen des vom Kläger und seinem Vorgesetzten Herrn T vereinbarten Stillhalteabkommens könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Kläger in Zukunft vertrags- und gesetzestreu verhalten werde. Eine Abmahnung komme daher nicht in Betracht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt hilfsweise für den Fall, dass sie mit ihrem Hauptantrag unterliegen sollte,

das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis unter Zahlung einer angemessenen Abfindung aufzulösen.

Der Kläger beantragt

die Zurückweisung der Berufung und des Auflösungsantrags.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist zulässig, in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage zu Recht stattgegeben. Die außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom...

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