Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats. Mitbestimmung bei Baumaßnahmen

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG eröffnet kein allgemeines Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei sämtlichen unternehmerischen Entscheidungen, die möglicherweise Auswirkungen auf den Gesundheitsschutz der Beschäftigten haben. „Regelungen” i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 7 sind nur solche Maßnahmen des Arbeitgebers, die dieser aus Gründen des Arbeits- oder Gesundheitsschutzes ergreift. Nicht erfasst werden hingegen Maßnahmen, die aus anderen Gründen erfolgen. Hier kommt allenfalls sekundär ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG in Betracht, wenn die Maßnahme eine dem Gesundheitsschutz dienende Handlungspflicht auslöst.

 

Normenkette

BetrVG §§ 50, 87 Abs. 1 Nr. 7

 

Verfahrensgang

ArbG Magdeburg (Beschluss vom 18.03.2009; Aktenzeichen 7 BV 149/08)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und zu 2 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 18.03.2009 – 7 BV 149/08 – wird zurückgewiesen.

Für den Beteiligten zu 2 wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten über den Umfang von Mitbestimmungsrechten im Zusammenhang mit der Vornahme von Baumaßnahmen. Der Beteiligte zu 2. ist der in der Niederlassung M. der Beteiligten zu 3. gebildete Betriebsrat. Die Beteiligte zu 3. stellt Aufzüge sowie Fahrtreppen her und verfügt bundesweit über ca. 40 Niederlassungen. Der Beteiligte zu 1. ist der für diese Niederlassungen gebildete Gesamtbetriebsrat.

Im Jahr 2008 fasste die Beteiligte zu 3. den Entschluss, in der Niederlassung M. die dort vorhandenen Büroräume bautechnisch umzugestalten im Rahmen des von ihr unternehmensweit verfolgten Konzeptes „open space”. Danach sollen durch Entfernen bzw. Verändern von Zwischenwänden die vorhandenen Büroräume derart verändert werden, dass die Mitarbeiter des Bereichs Neubau (NE), die bisher teilweise getrennt untergebracht waren, nunmehr in einem Großraumbüro tätig werden sollen. Ebenso sollen die Mitarbeiter des Bereichs Service-Verkauf (SV) zukünftig ihre Aufgaben in einem neu geschaffenen offenen Raum erledigen, der in einen offenen Eingangsbereich mit Empfangstheke übergeht. Die Beteiligte zu 3. beabsichtigt durch die Umgestaltung eine bessere Kommunikation zwischen den Mitarbeitern herzustellen. Darüber hinaus soll die Baumaßnahme dazu dienen, den nötigen Platz zur Einrichtung eines Archivs zu schaffen. Wegen der weiteren Einzelheiten der geplanten räumlichen Umgestaltung wird auf die zur Akte gereichte Planskizze (Bl. 9 d.A.) verwiesen. Im August und September 2008 geführte Gespräche zwischen der Beteiligten zu 3. und dem von dem Beteiligten zu 2. hierzu beauftragten Beteiligten zu 1. über die Umgestaltung der Niederlassung M. verliefen ergebnislos. Zwischenzeitlich hat die Beteiligte zu 3. Ende Juni 2009 die geplanten Baumaßnahmen teilweise umgesetzt, indem sie die Ständerwand zwischen den Büroräumen 5 und 6 entfernen ließ. Hierdurch ist ein Großraumbüro für den Bereich Neubau geschaffen worden.

Die Beteiligten zu 1. und 2. haben die Auffassung vertreten, die von der Beteiligten zu 3. angedachten Umbaumaßnahmen unterliegen dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG – Regelungen über den Gesundheitsschutz. Es sei nicht auszuschließen, dass durch die baulichen Veränderungen und eine sich daran anschließende Umgestaltung der Büroeinrichtung Nachteile für die Gesundheit der Beschäftigten entstehen werden. Um insoweit die Schaffung „vollendeter Tatsachen” zu verhindern, sei der Betriebsrat bzw. der Gesamtbetriebsrat bereits vor Realisierung der Umbaumaßnahme zu beteiligen. Dabei folge ein originäres Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1. daraus, dass die Beteiligte zu 3. beabsichtige, ihr Konzept „open space” bundesweit in allen Niederlassungen umzusetzen.

Die Beteiligten zu 1. und 2. haben beantragt,

  1. der Beteiligten zu 3. wird aufgegeben, es zu unterlassen, ohne vorherige Zustimmung des Gesamtbetriebsrates in der Niederlassung M., L., M., folgende Maßnahmen durchzuführen:

    • räumliche Umbauten durch Abriss von Wänden bzw. Schaffung neuer Räume durch Einziehung von Wänden,
    • Neugestaltung von Arbeitsplätzen durch Verwendung anderer Büro- möbel bzw. technische Ausstattung (Bürotisch, Sitze, Bildschirme etc.),
    • neue räumliche Zusammenführung von vorhandenen Arbeitsplätzen,
    • Veränderung der Licht- und Klimaverhältnisse durch Installation von Beleuchtungs- bzw. Klimaanlagen.
  2. Der Beteiligten zu 3.wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld angedroht, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.
  3. Es wird festgestellt, dass die geplanten Umbaumaßnahmen

    • räumliche Umbauten durch Abriss von Wänden bzw. Schaffung neuer Räume durch Einziehung von Wänden,
    • Neugestaltung von Arbeitsplätzen durch Verwendung anderer Büromöbel bzw. technische Ausstattung (Bürotisch, Sitze, Bildschirme etc.),
    • neue räumliche Zusammenführung von vorhandenen Arbeitsplätzen,
    • Veränderung der Licht- und ...

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