Entscheidungsstichwort (Thema)

AGG. Kündigung, außerordentliche. Loyalitätspflichtverletzung. Außerordentliche Kündigung eines leitenden Angestellten

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Manipulation der Zeiterfassung zu Lasten der Mitarbeiter durch einen Vorgesetzten berechtigt den Arbeitgeber zur außerordentlichen Kündigung des Vorgesetzten.

 

Normenkette

AGG § 2 Abs. 4, §§ 22, 7; BGB § 626 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 28.03.2008; Aktenzeichen 8 Ca 1616/07)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 28.03.2008, Az.: 8 Ca 1616/07 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit der außerordentlichen Kündigungen der Beklagten vom 18.07.2007 und 25.07.2007 sowie um Annahmeverzugsvergütungsansprüche des Klägers für den Zeitraum 21.07.2007 bis 31.12.2007.

Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 28.3.2008, Az. 8 Ca 1616/07, (Bl. 296 ff. d.A.).

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigungen der Beklagten vom 18. Juli 2007, zugegangen am 20. und 21. Juli 2007, nicht aufgelöst worden ist;
  2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 25. Juli 2007, zugegangen am 26. Juli 2007, aufgelöst worden ist;
  3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 64.444,42 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus aus 4.027,77 EUR seit dem 1. August 2007, aus 12.083,33 EUR seit dem 1. September 2007, aus 12.083,33 EUR seit dem 1. Oktober 2007, aus 12.083,33 EUR seit dem 1. November 2007, aus 12.083,33 EUR seit dem 1. Dezember 2007, aus 12.083,33 EUR seit dem 1. Januar 2008 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugin D. gem. Beweisbeschluss vom 28.03.2008 (Bl. 284 ff. d.A.) hat das Arbeitsgericht mit dem genannten Urteil die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen und zusammengefasst ausgeführt:

Das Arbeitsverhältnis sei durch die dem Kläger am 20.07.2007 zugegangene außerordentliche Kündigung der Beklagten beendet worden. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB bestehe darin, dass der Kläger in leitender Funktion das Vertrauen der Beklagten in seine Loyalität und Ehrlichkeit dadurch zerstört habe, dass er gemeinsam mit zwei Mitarbeiterinnen Ende Juni 2007 beschlossen habe, 3.712 Überstunden aus dem EDV-System der Beklagten herauszunehmen, um die Bilanz nicht mit diesen zu belasten. Es sei zumindest auch Ziel der Ausbuchung dieser Stunden gewesen, zu verhindern, dass diese sich negativ auf das Ergebnis auswirken würden. Hierbei sei in Kauf genommen worden, dass insoweit die Bilanz fehlerhaft werden würde. Hierdurch sei zudem die monatelange Kleinarbeit des Betriebsrats betreffend die Überprüfung der Überstunden ad absurdum geführt und die Ansprüche der Mitarbeiter wegen der Überstunden gefährdet worden.

Ein weiterer wichtiger Grund folge aus der unstreitig unrichtigen Angabe bewirteter Personen auf Essensabrechnungen vom 28.05. und 27.03.2007. Hierdurch sei der Beklagten jede Überprüfungsmöglichkeit genommen worden. Ob der Beklagten tatsächlich ein wirtschaftlicher Schaden entstanden sei, sei unerheblich. Auch angesichts der Vorbildfunktion des Klägers gegenüber ca. 700 Mitarbeitern sei es der Beklagten nicht zumutbar, falsche Angaben in Bewirtungsrechnungen hinzunehmen. Das vom Kläger geltend gemachte Geheimhaltungsbedürfnis hinsichtlich der tatsächlich bewirteten Personen könne sein Vorgehen nicht rechtfertigen. Der Kläger hätte der mit der Abrechnung betrauten Mitarbeiterin die Anweisung erteilen können, diese Abrechnungen vertraulich zu behandeln bzw. einen anderen Mitarbeiter mit der Abrechnung beauftragen oder seine Kosten direkt gegenüber der Finanzbuchhaltung geltend machen können.

Andere mildere Mittel als der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung, wie z.B. der Ausspruch einer Abmahnung, seien angesichts der herausgehobenen, mit umfangreichen Befugnissen versehene Stellung des Klägers nicht geeignet, das Vertrauen der Beklagten in die Integrität und Zuverlässigkeit des Klägers wieder herzustellen.

Auch die Interessenabwägung falle zu Lasten des Klägers aus. Ferner sei auch die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt.

Sonstige Unwirksamkeitsgründe lägen nicht vor. Die Kündigung sei nicht nach §§ 138, 242 BGB wegen eines Verstoßes gegen das AGG unwirksam. Da ein objektiv die Kündigung rechtfertigender Grund vorläge, sei ein eventuell hinzutretendes verwerfliches Motiv unerheblich. Gegen eine Benachteiligung wegen des Gleichstellungsantrags des Klägers spreche auch, dass die Beklagte auch den weiteren zwei, an der Ausbuchung von...

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