Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlung. Arbeitswilligkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Darlegungslast für Arbeitswilligkeit als Voraussetzung für den Entgeltfortzahlungsanspruch bei Arbeitsunfähigkeit.

 

Normenkette

EFZG § 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 15.08.2011; Aktenzeichen 10 Ca 1976/11)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 15.08.2011 – 10 Ca 1976/11 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.154,20 EUR brutto zu zahlen.
  2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  3. Von den erstinstanzlichen Kosten haben der Kläger 7/10 und die Beklagte 3/10 zu tragen. Die zweitinstanzlichen Kosten werden gegeneinander aufgehoben.
  4. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche aus ihrem Arbeitsverhältnis.

Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens der Parteien sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 3 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage zum Teil stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.

Gegen dieses ihr am 06.10.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 07.11.2011 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Die Beklagte setzt sich im Wesentlichen unter Zusammenfassung ihres bisherigen Vortrages und mit Rechtsausführungen mit dem erstinstanzlichen Urteil auseinander. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung (Bl. 78 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt: Unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln, verkündet am 15.09.2011, zugestellt am 06.10.2011 zum Aktenzeichen 10 Ca 1976/11, wird die Klage vollständig abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Insoweit wird auf seine Berufungserwiderung (Bl. 99/100 d. A.) Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hatte in der Sache nur teilweise Erfolg.

A Mit dem Tenor zu 1. hat das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von 1.693,55 EUR brutto verurteilt.

Diesen Betrag hat das Arbeitsgericht dem Kläger zum Einen als Urlaubsentgelt für die ersten beiden Januarwochen zugesprochen. Dass dem Kläger für die ersten beiden Januarwochen Urlaub bewilligt war, hat das Arbeitsgericht als unstreitig im Tatbestand des Urteils festgestellt. Gegen diese Feststellung wenden sich auch weder der Kläger noch die Beklagte.

Zum Anderen hat das Arbeitsgericht dem Kläger für die dritte Januarwoche (17.01. – 21.01.2011) den anteiligen Vergütungsanspruch aus § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG zugesprochen.

I. Entgeltfortzahlung steht dem Kläger für die dritte Januarwoche nicht zu.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z. B. 24.03.2004 – 5 AZR 355/03 m. w. N.) muss für den Anspruch aus § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG die Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung sein. Der Entgeltfortzahlungsanspruch setzt voraus, dass der erkrankte Arbeitnehmer ohne die Arbeitsunfähigkeit einen Vergütungsanspruch gehabt hätte. Das bedeutet aber nicht, dass alle hypothetischen Geschehensabläufe zu berücksichtigen sind. Vielmehr muss es sich um reale Ursachen handeln, die im konkreten Fall für den Ausfall der Arbeit auch wirksam geworden sind (BAG a. a. O.).

Das Bundesarbeitsgericht hat auch eine Arbeitsunwilligkeit des Arbeitnehmers als reale Ursache in diesem Sinne angesehen, die den Anspruch auf Entgeltfortzahlung entfallen lassen kann. Der Arbeitnehmer, der nicht bereit ist zu arbeiten, enthält auch im Fall einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Erkrankung keine Vergütung (BAG 04.12.2002 – 5 AZR 494/01).

Der Arbeitnehmer muss grundsätzlich sämtliche anspruchsbegründenden Voraussetzungen seines Entgeltfortzahlungsanspruchs darlegen und beweisen (BAG 20.03.1985 – 5 AZR 229/83). Das bedeutet allerdings im Regelfall nicht, dass er auch noch gesondert vortragen müsste, er sei während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit arbeitswillig gewesen. Vielmehr hängt es vom Einzelfall ab, inwieweit er besondere Hilfstatsachen vortragen muss, die das subjektive Moment der Arbeitswilligkeit schlüssig aufzeigen (BAG 20.03.1985 – 5 AZR 229/83). Ist der Arbeitnehmer seiner Leistungspflicht stets nachgekommen, kann vorausgesetzt werden, dass er weiterhin arbeitswillig war. Anders kann es z. B. sein, wenn er längere Zeit unentschuldigt gefehlt hat (im Falle des BAG in der Entscheidung vom 20.03.1985 in der Zeit vom 18.08.1981 bis zum 03.09.1981, also etwas mehr als zwei Wochen). Den Arbeitnehmer trifft dann eine erweiterte Darlegungslast für seine Rückkehr zur Vertragstreue (BAG 04.12.2002 – 5 AZR 494/01).

2. Auch im vorliegenden Fall liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger nicht arbeitswillig war, sodass er – was nicht geschehen ist – deutliche anderweitige Anzeichen der Rückkehr zur Vertragstreue hätte darlegen ...

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