Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszeugnis - § 630 BGB - Berichtigungsanspruch - Inhalt - Grundelemente - Klageänderung - Personalakte

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine erste im Berufungsverfahren vorgenommene Klageänderung ist mit Zustimmung der Beklagten oder im Falle ihrer Sachdienlichkeit zulässig. Im allgemeinen wird die Sachdienlichkeit zu verneinen sein, wenn in der Berufungsinstanz ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt, also das "Gesicht des Rechtsstreits" verändert wird, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozeßführung nicht verwertet werden kann. Dagegen ist Sachdienlichkeit zu bejahen, wenn die Klage zwar bereits in erster Instanz hätte geändert werden können. Des weiteren setzt die Zulässigkeit einer erst in der Berufungsbegründungsschrift enthaltenen Klageänderung einen ordnungsgemäß begründeten Angriff gegen das erstinstanzliche Urteil, also ein zulässiges Rechtsmittel voraus, denn die Klageänderung selbst ist keine Urteilsanfechtung.

2. Als Personalakte im materiellen Sinne sind Urkunden, Schriftstücke und sonstige Vorgänge anzusehen, die die persönlichen und dienstlichen Verhältnisse eines Arbeitnehmers betreffen und in einem inneren Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehe. Holt der bisherige Arbeitgeber vor der zeugniserteilung bei Dritten, zu denen auch Zweigniederlassungen der eigenen Unternehmensgruppe zählen, Auskünfte in Form von Tätigkeitsbeschreibungen oder Leistungsbeurteilungen ein, dann handelt es sich um Unterlagen, die - obwohl sie nur der Vorbereitung einer Entscheidung des Arbeitgebers dienen - einen offiziellen Charakter haben und damit in die Personalakten gehören. Der Arbeitnehmer kann zumindest den Einblick in diese Unterlagen verlangen. Soweit diese Tätigkeitsbeschreibungen oder Leistungsbeurteilungen auf seinen Wunsch hin erstellt worden sind, ist ein Herausgabeanspruch nicht völlig ausgeschlossen.

3. Enthält das Zeugnis Unrichtigkeiten oder nimmt es zwar zu allen Punkten Stellung, ist aber in Teilen nicht so umfassend, wie es § 113 GewO vorsieht, oder verstößt es gegen andere Grundsätze der Zeugniserteilung, kann nicht mehr von fehlender Erfüllung, sondern nur von Schlechterfüllung gesprochen werden. Zur Beseitigung von Mängeln des Zeugnisses steht der Erfüllungsanspruch jedoch nicht (mehr) zur Verfügung. Allein aus dem Umstand, daß das Gesetz keinen Anspruch auf "Berichtigung" des Zeugnisses enthält, folgt nicht zwingend, daß den Erfüllungsanspruch geltend macht, wer Berichtigung verlangt. Anspruchsgrundlage für die Zeugnisberichtigung ist nicht § 113 GewO, sondern die allgemeine Fürsorgepflicht.

4. Der Arbeitnehmer, welcher mit einzelnen Bewertungen seiner Person oder Leistungen und/oder mit den Tätigkeits- und Aufgabenbeschreibungen nicht einverstanden ist, ist auf seinen Berichtigungsanspruch mit einem im einzelnen genau spezifizierten Klageantrag zu verweisen, er kann nicht mehr auf bloße Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses klagen. Da über einen Arbeitnehmer nur eine Beurteilung existieren darf, ist der Arbeitgeber nur verpflichtet, Zug-um-Zug gegen Rückgabe des beanstandeten Zeugnisses ein neues Zeugnis zu erteilen. Dies hat der Arbeitnehmer - sofern er das Zeugnis nicht bereits vorher zurückgegeben hat - auch so zu beantragen, damit in der Zwangsvollstreckung sichergestellt werden kann, daß letztlich nur ein Zeugnis über ihn existent bleibt.

5. Der Arbeitgeber ist bei der Ausstellung des Zeugnisses grundsätzlich in seiner Ausdrucksweise frei, muß sich aber der in der Praxis allgemein angewandten Zeugnissprache bedienen und auch die gebräuchliche Gliederung eines qualifizierten Zeugnisses beachten, denn diese hat sich inzwischen weitgehend standardisiert. Welche Grundelemente ein qualifiziertes Zeugnis enthalten muß, ist in dem einen oder anderen Punkt noch umstritten. Allgemein enthält ein qualifizierte Zeugnis folgende Grundelemente:

Firmenbogen: Firmenbriefkopf - Angaben zum Arbeitgeber

Überschrift: (Schluß-)Zeugnis - Zwischenzeugnis - Ausbildungszeugnis - Praktikantenzeugnis

Eingangsformel: Personalien des Arbeitnehmers - Akademische Titel

Dauer des Arbeitsverhältnisses: Vordienst- oder Ausbildungszeiten - Unterbrechungen der Beschäftigung

Aufgabenbeschreibung: Unternehmen - Branche - Aufgabengebiet - Hierarchische Position - Art der Tätigkeit - Aufgaben - Art der Tätigkeit - Berufliche Entwicklung

Leistungsbeurteilung: Arbeitsbefähigung (Können) - Arbeitsweise (Einsatz) - Arbeitsbereitschaft (Wollen) - Arbeitsergebnis (Erfolg) - Arbeitsvermögen (Ausdauer) - Arbeitserwartung (Potential)

Herausragende Erfolge oder Ergebnisse (Patente - Verbesserungsvorschläge)

Zusammenfassende Leistungsbeurteilung (Zufriedenheitsaussage - Erwartungshaltung)

Führungsleistung: (Bei Vorgesetzten) - Abteilungsleistung - Gruppenleistung - Mitarbeitermotivation - Betriebsklima

Verhaltensbeurteilung: Vertrauenswürdigkeit (Loyalität - Ehrlichkeit) - Verantwortungsbereitschaft (Pflichtbewußtsein - Gewissenhaftigkeit)

Sozialverhalten (Zusammenfassende Fü...

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