Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung. Klageerhebungsfrist

 

Leitsatz (amtlich)

Wird dem Arbeitnehmer in erster Linie außerordentlich und nur hilfsweise ordentlich gekündigt, liegt nur eine Kündigungserklärung vor. Ein auf die fristlose Kündigung gerichteter Feststellungsantrag des Arbeitnehmers wahrt daher die Drei-Wochen-Frist auch für die ordentliche Kündigung, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende der mündlichen Verhandlung erklärt, auch diese angreifen zu wollen. Kündigung wegen eines bewussten Hinwegsetzens über eine Urlaubsablehnung trotz „Vertrauensguthabens”.

 

Normenkette

KSchG §§ 4, 7

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 10.09.2010; Aktenzeichen 13 Ca 3479/10)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 10.09.2010, 13 Ca 3479/10, teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung vom 21.05.2010, sondern durch fristgerechte Kündigung zum 30.09.2010 sein Ende gefunden hat.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien jeweils zu 50 %.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass die von der Beklagten ausgesprochene fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat.

Der am 25.08.1956 geborene, geschiedene Kläger, Vater eines Kindes, ist seit dem 04.07.1999 als gewerblicher Arbeitnehmer in der Produktionsvorbereitung zu einem Bruttomonatslohn in Höhe von zuletzt ca. 1.800,00 EUR beschäftigt.

Am 17.05.2010 erklärte der Kläger seinem Vorgesetzten, dem Zeugen H., dass er am nächsten Tag etwas später zur Arbeit erscheinen werde, weil er etwas Dringendes zu erledigen habe. Der Zeuge H. war damit einverstanden.

Am Dienstag, dem 18.05.2010 meldete der Kläger sich in der Frühstückspause telefonisch bei dem Zeugen H. und teilte ihm mit, er könne nicht zur Arbeit erscheinen, er müsse drei Tage Urlaub haben, es sei etwas mit seinem Auto und einer gefälschten TÜV-Plakett. Hierum müsse er sich kümmern. Der Zeuge H. entgegnete, dass der Kläger dringend im Betrieb benötigt werde und er auf ihn in der Produktion nicht verzichten könne. Er könne ihm nicht einfach vier Tage Urlaub geben.

Der weitere Verlauf des Gesprächs, insbesondere die Frage, ob der Zeuge H. dem Kläger sodann doch Urlaub gewährt hat, ist zwischen den Parteien streitig.

Der Zeuge H. hat die Geschäftsleitung der Beklagten sodann über dieses Telefongespräch informiert.

In der Zeit vom 19.05. bis 24.05.2010 (Pfingstmontag) ist der Kläger nicht zur Arbeit erschienen.

Mit Schreiben vom 21.05.2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos, hilfsweise ordentlich. Der Ausspruch der Kündigung war dem Zeugen H. nicht bekannt.

Am 25.05.2010 erschien der Kläger um ca. 6.40 Uhr zur Arbeit und meldet sich im Büro des Zeugen H., damit dieser ihm seinen Arbeitsplatz in der Produktion, der je nach Arbeitsanfall wechselte, zuwies. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger die Arbeit auch aufgenommen hat, bevor er vom Geschäftsführer der Beklagten gegen 7.00 Uhr nach Hause geschickt wurde. Seit dem 25.05.2010 ist der Kläger arbeitsunfähig erkrankt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die verhaltensbedingte Kündigung sei unwirksam und hat dazu behauptet, der Zeuge H. habe ihm im Telefongespräch vom 18.05.2010 Urlaub gewährt. Zwar habe der Zeuge H. sich zunächst über den kurzfristigen Urlaubsantrag beschwert. Nachdem er – der Kläger – ihm aber erklärt habe, dass es für ihn unglaublich wichtig sei, nach Italien zu fahren, und ihn weiterhin um Urlaubsgewährung gebeten habe, habe der Zeuge H. ihn schließlich mit einem „OK, ich seh dich dann am Dienstag wieder” in den Urlaub entlassen. Bei Arbeitsbeginn am 25.05.2010 habe er sich sodann noch einmal bei dem Zeugen H. erkundigt, ob mit dem Urlaub alles OK gegangen sei, worauf der Zeuge erwidert habe „Ich habe wegen des Urlaubs Ärger bekommen”. Sodann habe der Zeuge ihn zur Arbeit eingeteilt. Er habe bestimmte Spülkästen zur Montage vorbereiten sollen. Auf dem Weg zu den Spülkästen gegen 7.00 Uhr traf er auf den Zeugen H. und den Geschäftsführer der Beklagten, der ihm erklärt habe, er solle nach Hause gehen, ob er nicht in seinen Briefkasten geschaut habe. Zuhause habe er dann im Briefkasten die streitgegenständliche Kündigung gefunden. Da er sich ordnungsgemäß verhalten habe, sei die Kündigung unberechtigt. Zumindest sei die Kündigung bei Durchführung einer Interessenabwägung unverhältnismäßig. Es sei nicht zu erwarten, dass ein Fehler, wie die Beklagte ihn sehe, noch einmal passieren werde. Das Arbeitsverhältnis habe zudem 11 Jahre lang unbeanstandet bestanden.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 21.05.2010, zugegangen am 22.05.2010, nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Kl...

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