Verfahrensgang

ArbG Neuruppin (Zwischenurteil vom 22.06.1999; Aktenzeichen 6 Ca 1869/98)

 

Tenor

1 Auf die Berufung des Klägers wird das am 09.09.1998 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Neuruppin – 6 Ca 1869/98 – abgeändert.

Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung vom 02.06.1998 aufgelöst wurde.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluß des vorliegenden Rechtsstreits zu beschäftigen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist seit Februar 1966 bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängern als Rohrnetzbauer mit einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt beschäftigt. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit einem dem Kläger am 4.6.1998 zugegangenen Schreiben fristlos und hilfsweise fristgerecht gekündigt, weil der Kläger unberechtigt und ohne zu bezahlen über einen nicht berechtigten Hausanschluß von ihr Gas bezogen haben soll. Da der Kläger zu diesem Zeitpunkt Mitglied des Betriebsrates war, und dieser seine Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung verweigert hatte, ist der Kündigung ein Zustimmungsersetzungverfahren vorangegangen. Es wurde durch Rücknahme einer vom Kläger und dem Betriebsrat gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts eingelegten Beschwerde erledigt.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder aufgrund der außerordentlichen Kündigung noch der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung vom 2.6.1998 aufgelöst worden ist,
  2. für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1 die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsschutzprozesses zu unveränderten Bedingungen als Rohrnetzbauer weiterzubeschäftigen.

Das Arbeitsgericht ist dem Klageabweisungsantrag der Beklagten gefolgt. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, es sei im nachfolgenden Kündigungsschutzprozeß grundsätzlich an die im rechtskräftig abgeschlossenen Zustimmungsersetzungsverfahren getroffene Feststellung gebunden, wonach die geplante außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt sei.

Gegen das dem Kläger am 23.9.1998 zugestellte Urteil hat er mit einem am 21.10.1999 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er mit einem dort nach Verlängerung der Frist bis zum 23.12.1998 am 21.12.1998 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Der Kläger bestreitet nach wie vor den Sachvortrag der Beklagten zum Kündigungsgrund. Im übrigen trägt er vor, daß der Betriebsrat vor Rücknahme der Beschwerde im Zustimmungsersetzungsverfahren im Anschluß an eine Betriebsratssitzung vom 11.5.1998 in mehreren Gesprächen nicht nur die Rücknahme der Beschwerde angekündigt, sondern auch seine Zustimmung zu der geplanten Kündigung erklärt habe.

Der Kläger beantragt,

auf die Berufung des Klägers das am 9.9.1998 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Neuruppin – 6 Ca 1869/98 – abzuändern und

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch Kündigung vom 2.6.1998 aufgelöst wurde,
  2. für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1 die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluß des vorliegenden Rechtsstreit zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat ursprünglich unter anderem vorgetragen, ihr sei nicht bekannt, ob der Betriebsrat seine Zustimmung vor oder nach Rücknahme seiner Beschwerde im Beschlußverfahren erklärt habe. Beides sei jedenfalls am 11.5.1998 geschehen. Von der Kammer in der letzten mündlichen Verhandlung auf die sich aus diesem Sachvortrag ergebende Rechtslage hingewiesen, hat sich der Beklagtenvertreter fernmündlich mit der Beklagten in Verbindung gesetzt und sodann erklärt, sein Sachvortrag sei in diesem Punkte mißverständlich formuliert. Der Betriebsrat habe am 11.5.1998 der Beklagten erklärt, er sei mit der Kündigung einverstanden und werde die Beschwerde zurücknehmen. Nach erneutem Hinweis zur Rechtslage hat er dann ohne neue Rücksprache mit der Beklagten vorgetragen, eine ausdrückliche Zustimmung sei nicht erteilt worden. Der Betriebsrat habe vielmehr den Beschluß gefaßt, die Beschwerde zurückzunehmen, diesen Beschluß schriftlich festgehalten und dies der Beklagten mitgeteilt.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der vorgetragenen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die nach den §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG statthafte und wegen des Beschwerdewertes nach § 64 Abs. 2 ArbGG zulässige Berufung des Klägers ist nach den §§ 66 Abs. 1 S. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

2. Die Berufung ist begründet. Die Kündigung vom 2.6.1998 ist unwirksam, weil sie nicht unverzüglich ausgesprochen wurde, nachdem der Betriebsrat der Beklagten seine Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers erklärt hatte. Die Beklagte muß den Kläger daher auch weiterhin beschä...

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