Entscheidungsstichwort (Thema)

Heimliche Tonbandaufnahmen als Beweismittel

 

Leitsatz (amtlich)

1. Als Beweismittel kommen im zivilprozessualen Verfahren auch Tonbandaufnahmen als Augenscheinsobjekte in Betracht.

2. Die heimliche Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes bzw. die Tonaufzeichnung ohne Einwilligung des Betroffenen ist prozessual im allgemeinen nicht verwendbar. Bei Notwehr oder Notstand gegenüber einem rechtswidrigen Verhalten sowie zur berechtigten Wahrnehmung höherrangiger Interessen sind Ausnahmen möglich.

 

Normenkette

ZPO §§ 371, 415; GG Art. 1, 2 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 15.10.1987; Aktenzeichen 27 Ca 116/87)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 15. Oktober 1987 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 27 Ca 116/87 – teilweise wie folgt abgeändert:

  1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 419,90 DM brutto abzüglich 46,04 DM netto nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 3. Juni 1987 zu zahlen.
  2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreites haben die Klägerin 49/59 und der Beklagte 1/50 zu zahlen.

 

Tatbestand

Die 1948 geborene Klägerin stand seit dem 8. April 1974 als Fachverkäuferin zunächst in den Diensten der Bäckerei und Konditorei … die der Beklagte am 1. Februar 1985 einschließlich des Verkaufsgeschäftes und einer weiteren Filiale übernommen hatte. Die Klägerin arbeitete bei dem Beklagten, der in der Regel mehr als fünf Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt, in Wechselschicht wöchentlich 38 Stunden. Sie erhielt zuletzt eine monatliche Durchschnittsvergütung in Höhe von 1.784,09 DM brutto, und zwar unter Zugrundelegung eines Stundenlohnes von 11,04 DM brutto. Im Verkaufsgeschäft des Beklagten besteht eine einheitliche Kasse mit unterschiedlichen Schüben für die einzelnen Verkäuferinnen. Während die Arbeitnehmerinnen … und … im Filialgeschäft des Beklagten eingesetzt waren, wurde die Klägerin in der Bäckerei und Konditorei in der … Straße neben der Arbeitnehmerin … Frau …, Frau … und der Auszubildenden … beschäftigt.

Wie auch die anderen Mitarbeiterinnen des Beklagten erhielt die Klägerin Ende August/Mitte September 1986 ein Rundschreiben, in dem es unter anderem heißt:

„Dieses Rundschreiben wurde nötig, da unsere Gutmütigkeit von einigen Mitarbeitern so ausgenutzt wurde, daß bei Weiterführung des Betriebes in diesem kollegialen Verhältnis, ein Umsatzschwund auftreten würde, der eine Einschränkung des Personals notwendig machte. Wer uns helfen will, die Sache wieder ordentlich zu regeln, braucht keine Angst zu haben seinen Arbeitsplatz zu verlieren oder von den Kollegen als Außenseiter angesehen zu werden; denn nur wer gegen diese Anordnung verstößt bzw. einem Anderen dabei hilft gefährdet den Arbeitsplatz aller und das haben diejenigen nicht verdient, die ordnungsgemäß bezahlen und sich an unsere Weisungen halten.”

3) Warenabrechnung

Die Warenabrechnung und das Eingeben des Betrages in die Kasse haben sofort zu erfolgen. Der Kunde hat das Recht, den zu zahlenden Betrag auch an der Kasse zu sehen. Deshalb darf die Kasse auch nicht durch Handelswaren abgedeckt werden. Ausreden wie „Meine Hände klebten, der Weg zur Kasse war zu lang oder der Laden war zu voll”, werden nicht anerkannt. Sollte trotzdem Geld einfach auf die Kasse oder den Tresen gelegt werden, ist dieser Betrag sofort vom Entdecker in seine Kasse einzugeben. Wird diese Anordnung umgangen, sehen wir dies als versuchte Unterschlagung an und ahnden es mit fristloser Entlassung.”

In einem weiteren Rundschreiben vom 31. Dezember 1986, das die Klägerin am selben Tage erhielt, sah sich der Beklagte veranlaßt, hinsichtlich der Entnahme von Handelsware zum Sofortverzehr auf nach seiner Meinung nach nicht korrekte Verhaltensweisen der Mitarbeiter hinzuweisen. In diesem Zusammenhang kündigte er Kontrollen an, die bei Kassiererinnen in Selbstbedienungsläden üblich seien.

Schließlich verfaßte der Beklagte am 27. Februar 1987 ein weiteres Rundschreiben, in dem es heißt:

„Da bei Überprüfung der einzelnen Warengruppen andauernd Differenzen erschienen sind, bzw. nicht ordnungsgemäß den einzelnen Gruppen zugeordnet wurden, haben wir in der letzten Woche eine tägliche Inventur durchgeführt.

Dabei wurden erhebliche Differenzen zwischen verkaufter Ware und dem Kassensaldo festgestellt.

Auf Grund dieser Tatsache wird angeordnet, die Backware zum Feierabend zu zählen.

Allgemeine Abmahnung

Auf Grund o.a. Sachverhalt, mahne ich Sie alle ab.”

Die Klägerin erhielt dieses Rundschreiben am 27. Februar 1987 ausgehändigt.

Am Freitag, dem 27. Februar 1987, war die Klägerin zusammen mit der Verkäuferin … in der Frühschicht tätig. Am Montag, dem 2. März 1987, wollte die Klägerin in der Spätschicht arbeiten, die um 11.00 Uhr beginnt, während an diesem Tage für den Frühdienst die Verkäuferinnen … und … eingeteilt waren. Bei der Arbeitnehmerin … wurde an diesem Tage gegen 6.29 Uhr ein Kassensturz durchgeführt. Dieser ergab, daß sich in der Kasse...

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