Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugriff auf private E-Mails am dienstlichen PC

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Arbeitgeber wird nicht allein dadurch zum Dienstanbieter i. S. d. Telekommunikationsgesetzes, dass er seinen Beschäftigten gestattet, einen dienstlichen E-Mail-Account auch privat zu nutzen.

2. Belassen die Beschäftigten bei Nutzung des Arbeitsplatzrechners die eingehenden E-Mails im Posteingang bzw. die versendeten im Postausgang, so unterliegt der Zugriff des Arbeitgebers auf diese Daten nicht den rechtlichen Beschränkungen des Fernmeldegeheimnisses.

 

Normenkette

TKG §§ 3, 88; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 17.08.2010; Aktenzeichen 36 Ca 235/10)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. August 2010 – 36 Ca 235/10 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin den Beklagten den Zugriff auf die in dem ihrer E-Mail-Anschrift zugeordneten elektronischen Postfach vorhandenen E-Mails vollständig verweigern kann.

Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1), die einen Betrieb der Automobilindustrie betreibt, besteht seit dem Jahr 1988 ein Arbeitsverhältnis, in dessen Rahmen die Klägerin zuletzt als Verkaufsberaterin im Firmenangehörigengeschäft in Berlin tätig war. Der Beklagte zu 2) ist ein Kollege der Klägerin, die Beklagte zu 3) ist ihre Dienstvorgesetzte.

Eine von der Beklagten zu 1) mit Vereinbarung vom 1. Mai 2003 als Gesamtbetriebsvereinbarung abgeschlossene „Internet- und E-Mail-Richtlinie”, enthält in Punkt 5 unter der Überschrift „Regelungen für Electronic Mail” u. a. folgende Regelung:

„…

Mit Zustimmung des Vorgesetzten darf E-Mail in geringem Umfang auch für die private interne und externe Kommunikation genutzt werden. …

E-Mails privaten Inhalts können mit „privat” in der Betreffzeile gekennzeichnet werden. Als privat gekennzeichnete E-Mails dürfen von Dritten grundsätzlich nicht geöffnet, weitergeleitet oder gespeichert werden.

Als privat gekennzeichnete E-Mails dürfen nur dann kontrolliert werden, wenn neben der Information des Betriebsrates zusätzlich der betriebliche Datenschutzbeauftragte nach Prüfung der schriftlich zu dokumentierenden tatsächlichen Anhaltspunkte für den Verdacht einer missbräuchlichen Nutzung der Kontrolle zugestimmt hat. Die betriebsinterne Kontrolle richtet sich dabei zunächst auf die Prüfung der Verbindungsdaten. Eine inhaltliche Kontrolle kann nur mit Zustimmung des Mitarbeiters oder veranlasst durch Strafverfolgungsbehörden erfolgen. Bei Verweigerung der Zustimmung kann dem Mitarbeiter die private Nutzung künftig untersagt werden. …

Die Klägerin nutzte ihren dienstlichen E-Mail-Account auch für private E-Mails. Soweit die Kläger private E-Mails versendete, kennzeichnete sie diese mit dem Zusatz „privat” in der Betreffzeile.

Jeder Mitarbeiter bei der Beklagten zu 1) hat sicherzustellen, dass die Erfüllung seiner Aufgaben bei Abwesenheit (Krankheit, Urlaub) nicht gefährdet ist. Hierzu existiert eine entsprechende Richtlinie bei der Beklagten, hinsichtlich deren Einzelheiten auf Bl. 55 – 57 d. A. verwiesen wird. Für das Team der Klägerin ist geregelt, dass im Fall der Abwesenheit des Mitarbeiters organisatorisch sicher zu stellen ist, dass die Arbeitgeberin – die Beklagte zu 1) – weiterhin Zugriff auf den E-Mail Account hat, damit die dienstlichen Mails weiter bearbeitet werden können.

Die Klägerin richtete am 27. November 2008 wegen einer geplanten Abwesenheit vom 28. November – 2. Dezember 2008 einen Abwesenheitsassistenten ein, der über ihre Abwesenheit bis zum 2. Dezember 2008 informierte. Die Klägerin hatte für keine Stellvertretung gesorgt, sondern vielmehr eine bereits einmal eingerichtete Stellvertreterregelung deaktiviert. Seit dem 28. November 2008 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Ihr Stellvertreter hatte keinen Zugriff auf das der E-Mail-Anschrift der Klägerin zugeordnete elektronische Postfach. Der Stellvertreter der Klägerin, der Beklagte zu 2), versuchte deshalb nach dem Vortrag der Beklagten zu 1), der von der Klägerin mit Nichtwissen bestritten wurde, die Klägerin Ende November/Anfang Dezember 2008 mehrfach telefonisch zu erreichen. Dies blieb erfolglos. Er schrieb sodann nach dem Vortrag der Beklagten zu 1), den die Klägerin ebenfalls bestreitet, am 12. Dezember 2008 eine entsprechende Mail an die Klägerin, in dem er ihr mitteilte, dass ein Zugriff auf die E-Mails der Klägerin zur Bearbeitung notwendig sei, er jedoch keinen Zugriff habe. Hinsichtlich der Einzelheiten der E-Mail wird auf Bl. 61 d. A. verwiesen. Die E-Mail blieb unbeantwortet. Nachdem die Klägerin sich mit E-Mail vom 6. Januar 2009 weiter krank meldete, schrieb die Vorgesetzte, die Beklagte zu 3), der Klägerin, was seitens der Klägerin desgleichen bestritten wird, ebenfalls am 6. Januar 2009 eine E-Mail mit der Bitte sich mit dem Bekl. zu 2) in Verbindung zu setzen, weil die Kundemails nicht bearbeitet werden können. ...

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