Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang des Zutrittsrechts im Betrieb vertretener Gewerkschaften zu Personalversammlungen

 

Leitsatz (amtlich)

1) Zum Zutrittsrecht einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft zu Personalversammlungen, die von einer durch Tarifvertrag errichteten Personalvertretung durchgeführt werden.

2) In einem Tarifvertrag nach § 117 BetrVG kann das Zutrittsrecht zu Personalversammlungen für im Betrieb vertretene Gewerkschaften nicht auf die den Tarifvertrag abschließenden Gewerkschaft begrenzt werden.

 

Normenkette

GG Art. 9 Abs. 3; BetrVG § 117

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 15.12.2016; Aktenzeichen 42 BV 3619/16)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 15. Dezember 2016 - 42 BV 3619/16 - teilweise abgeändert und den Beteiligten zu 2. und 3. aufgegeben, die beratende Teilnahme von einem Beauftragten des Beteiligten zu 1. an den Personalversammlungen für das Kabinenpersonal den Beteiligten zu 3. so lange zu dulden, wie der Beteiligte zu 1. über mindestens ein Mitglied unter den Mitarbeitern des Kabinenpersonals im Flugbetrieb der Beteiligten zu 3. verfügt.

II. Die weitergehende Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird zurückgewiesen.

III. Die Rechtsbeschwerde wird für die Beteiligten zu 1. bis 3. zugelassen.

 

Gründe

1. Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1), eine Berufsgewerkschaft für das Kabinenpersonal der Fluggesellschaften in Deutschland in der Rechtsform des eingetragenen Vereins, begehrt den Zugang und die Teilnahme an Personalversammlungen für das Kabinenpersonal der Beteiligten zu 3 (im Folgenden Arbeitgeberin).

Die Arbeitgeberin unterhält mit Sitz in Berlin einen Flugbetrieb. Sie schloss mit der Gewerkschaft Ver.di den Tarifvertrag "Personalvertretung für das Kabinenpersonal der A. Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG vom 30.05.2012" (TV PV Kabine A. Berlin), auf dessen Grundlage die Beteiligte zu 2, die Personalvertretung Kabine A. Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG, errichtet wurde. Dieser Tarifvertrag enthält folgende Regelung:

§ 41

Beauftragte der Verbände

(1) An allen Versammlungen des Personals können Beauftragte von Ver.di beratend teilnehmen. Nimmt die a. an einer Versammlung teil, so kann sie einen Beauftragten der Vereinigung der Arbeitgeber, der sie angehört, oder einen sonstigen, zu den Themen der Tagesordnung der Personalversammlung Sachkundigen hinzuziehen.

(2) Der Zeitpunkt und die Tagesordnung der Personalversammlung sind Ver.di rechtzeitig schriftlich mitzuteilen.

Die im Tarifvertrag vorgesehenen Personalversammlungen finden entweder in den Räumlichkeiten der Arbeitgeberin oder aber in von ihr angemieteten Räumen statt. Die Themen und die Terminen werden den Mitarbeitern bekannt gegeben.

Mit Schreiben vom 12.11.2015 lud die Personalvertretung die Beteiligte zu 1 zu einer Personalversammlung in Düsseldorf, München und Berlin in der Zeit vom 27.01.2016 bis zum 29.01.2016 ein. Nach einer Beschwerde von Ver.di beschloss die Personalvertretung die Beteiligte zu 1 nicht als Verband zu den Personalversammlungen zuzulassen und teilte dies der Beteiligte zu 1 mit Mail vom 18.12.2015 mit.

Daraufhin leitete die Beteiligte zu 1 im März 2016 das vorliegende Beschlussverfahren mit dem Ziel ein, einem von ihr Beauftragten die beratende Teilnahme an den Personalversammlungen zu ermöglichen und rechtzeitig schriftlich von Zeitpunkt und Tagesordnung informiert zu werden. Dabei geht die Beteiligte zu 1 davon aus, als im Betrieb vertretene Gewerkschaft habe sie nach § 41 des Tarifvertrages, der verfassungskonform auszulegen sei, einen entsprechenden Anspruch auf Teilnahme und Information. Dies lehnen die anderen Beteiligten mit der Begründung ab, der Tarifvertrag sei allein mit Ver.di abgeschlossen. Es fehle an einer entsprechenden tariflichen Regelung mit dem Beteiligten zu 1. Auch sei mit Nichtwissen zu bestreiten, dass der Beteiligte zu 1 Mitglieder unter dem Kabinenpersonal habe.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 15.12.2016 die Anträge der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Anträge seien bereits deshalb unbegründet, weil nicht davon auszugehen sei, dass die Beteiligte zu 1 im Betrieb der Arbeitgeberin vertreten sei. Zu dem entsprechenden Vortrag der Beteiligten zu 1 hätten sich die anderen Beteiligten in zulässiger Weise mit Nichtwissen erklärt. Einen entsprechenden Beweis habe die Beteiligte zu 1 nicht erbracht. Ihre dahingehende Behauptung sei zudem schon nicht ausreichend gewesen, so dass eine Zeugenvernehmung einem Ausforschungsbeweis gleichgekommen sei.

Gegen diesen der Beteiligten zu 1 am 30.12.2016 zugestellten Beschluss richtet sich ihre Beschwerde, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 20.01.2017 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht am 28.02.2017 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Die Beteiligte zu 1 behauptet unter namentlicher Nennung der entsprechenden Personen und Angabe der Anschriften, sie habe mindestens fünf ...

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