Entscheidungsstichwort (Thema)

Dienstwagen. Privatnutzung. Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das dem Arbeitnehmer eingeräumte Recht zur privaten Nutzung eines Dienstwagens ist Teil des geschuldeten Arbeitsentgelts.

2. Im Fall der Erkrankung des Arbeitnehmers endet das Recht zur Privatnutzung – vorbehaltlich einer abweichenden Parteivereinbarung – mit dem Ende des Entgeltfortzahlungszeitraums (entgegen LAG Berlin-Brandenburg 19.02.2007 – 10 Sa 2171/06 – juris und im Anschluss an LAG Köln 29.11.1995 – 2 Sa 843/95 – LAGE Nr. 8 zu § 616 BGB). Der Vereinbarung eines entsprechenden Widerrufsvorbehalts bedarf es nicht.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 275 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 25.02.2009; Aktenzeichen 20 Ca 1933/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.12.2010; Aktenzeichen 9 AZR 631/09)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart – Kammern Ludwigsburg – vom 25.02.2009 – 20 Ca 1933/08 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Für den Kläger wird die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Nutzungsausfallentschädigung, weil seine beklagte Arbeitgeberin nach Ablauf der Entgeltfortzahlungsverpflichtung im Krankheitsfall den dem Kläger auch zur Privatnutzung überlassenen Dienstwagen herausverlangt hat.

Der am 09.08.1953 geborene, verheiratete Kläger ist seit 01.08.1990 als Bauleiter bei der Beklagten, die zirka 210 Arbeitnehmer beschäftigt, tätig. Er ist Mitglied des im Betrieb der Beklagten gebildeten Betriebsrats und mit einem Grad der Behinderung von 100 als schwerbehindert anerkannt.

Der zwischen den Parteien unter dem Datum 24.10.1994 abgeschlossene Angestelltenvertrag (Kopie Bl. 6-11 d. erstinstanzl. Akte) lautet auszugsweise wie folgt:

㤠1 РTarifbindung

Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für die technischen und kaufmännischen Angestellten des Baugewerbes in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. …

§ 6 – Gehalt und sonstige Zuwendungen

Das aufgeschlüsselte Gehalt mit allen Leistungen und Sonderleistungen wird gesondert schriftlich bekanntgegeben.

Die Gewährung aller Sonderleistungen außerhalb des Tarifgehaltes, soweit diese nicht durch Betriebsvereinbarungen geregelt sind, liegt im freien Ermessen der Firma und begründet keinen Rechtsanspruch, auch wenn die Zahlung wiederholt ohne ausdrücklichen Vorbehalt der Freiwilligkeit erfolgte; ein Widerruf ist also jederzeit möglich.

§ 10 – Krankheit

In Krankheitsfällen ist der Angestellte ohne Rücksicht auf die Dauer der Krankheit verpflichtet, der Geschäftsleitung oder seinem unmittelbaren Vorgesetzten unverzüglich hiervon Kenntnis zu geben. Darüber hinaus muss der Geschäftsleitung vor Ablauf des 3. Kalendertages eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit vorgelegt werden.

§ 12 – Vertragsänderungen

Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

…”

In der „Anlage 3 zum Vertrag vom 24.10.1994” (Kopie Bl. 11 d. erstinstanzl. Akte) haben die Parteien folgendes geregelt:

„Die Firma L. stellt Herrn B. einen PKW auch zur privaten Nutzung in angemessenem Umfang zur Verfügung.

Die durch den geldwerten Vorteil und sonstige steuerrechtliche Bestimmungen anfallenden Steuern übernimmt Herr B.. Die Benzinkosten für Privatfahrten außerhalb von Baden-Württemberg sind von Herrn B. zu tragen.

Die Firma L. behält sich vor, den Gegenwert des geldwerten Vorteils nach Abstimmung mit Herrn B. an ihn zu berechnen.

Herr B. wird das Fahrzeug im Falle einer Freistellung an die Firma L. zurückgeben.”

Dem Kläger war zunächst ein VW Passat Kombi auch zur Privatnutzung überlassen worden. In den Gehaltsabrechnungen ist der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung des Dienstwagens mit 284,65 EUR monatlich angegeben. Der Kläger besitzt kein Privatfahrzeug.

Der Kläger war seit dem 03.03.2008 bis einschließlich 15.12.2008 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Ab dem 14.04.2008 bezog der nicht gesetzlich krankenversicherte Kläger Krankentagegeld von seiner privaten Krankenversicherung. Unter dem Datum vom 07.11.2008 richtete die Beklagte ein Schreiben an den Kläger (Kopie Bl. 15 d. erstinstanzl. Akte), das auszugsweise wie folgt lautet:

„Sie sind seit dem 03.03.2008 arbeitsunfähig. Entgegenkommender Weise haben wir bisher von unserem Recht, den PKW nach Ablauf der Lohnfortzahlung zurück zu fordern, keinen Gebrauch gemacht.

Der Leasingvertrag des Ihnen zur Verfügung gestellten PKW läuft aus. Aus diesem Grund fordern wir den zur Nutzung überlassenen PKW zurück.

Wir bitten um Rückgabe des Wagens am 13.11.2008 um 11.00 Uhr. Herr K. wird den PKW in G. entgegen nehmen.”

Nach weiterem Schriftwechsel zwischen den nunmehrigen Prozessbevollmächtigten der Parteien (vgl. Bl. 16-19 d. erstinstanzl. Akte) kam der Kläger dem Rückgabeverlangen der Beklagten am 13.11.2008 unter dem Vorbehalt der Geltendmachung von Ansprüchen auf Nutzungsausfallentschä...

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