Zusammenfassung

 
Überblick

Kurzzeitkonten für den fortlaufenden Zeitausgleich sind ein Instrument zur Saldierung von Differenzen zwischen geleisteter und geschuldeter Arbeitszeit. Positive Differenzen gegenüber der vereinbarten Arbeitszeit werden in der Regel als Zeitguthaben oder Plusstunden bezeichnet; negative Differenzen als Zeitschulden oder Minusstunden. Zeitkonten sind in flexiblen Arbeitszeitmodellen mit verstetigtem Entgelt und betrieblicher Zeiterfassung unverzichtbarer Bestandteil betrieblicher Arbeitszeitregelungen. Ihrer Gestaltung und Steuerung kommt für die erfolgreiche Umsetzung flexibler Arbeitszeiten erhebliche Bedeutung zu.

Dieser Beitrag gibt nach einem thematischen Überblick Gestaltungsempfehlungen für einzelne Zeitkontenmodelle (z. B. Ampelkonto, Zeitbudgetkonto, Jahresarbeitszeitkonto) und stellt die rechtlichen Rahmenbedingungen vor.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Gesetzliche Rahmenregelungen für betriebliche Zeitkontenmodelle finden sich insbesondere im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) und im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Zu beachten sind außerdem tarifliche Regelungen zur Verteilung der Arbeitszeit und ggf. besondere Vereinbarungen im Arbeitsvertrag.

1 Überblick und arbeitszeitsystematische Einordnung

1.1 Zwecke von Ausgleichskonten

Die Führung von Zeitkonten verbreitete sich insbesondere im Zuge der Verringerung der in Tarifverträgen festgelegten Wochenarbeitszeiten. Mit der Unterschreitung einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden bei Beibehaltung einer Betriebszeit auf Basis einer 5-Tage-Woche (Montag bis Freitag) und einer täglichen Arbeitszeitdauer von 8 Stunden als "Standardarbeitstag" kommt es strukturell zu einer Entkoppelung von Betriebszeit und individueller Arbeitszeit.

Auch der Gedanke der Erweiterung von Betriebs- und Servicezeiten zur Verbesserung der Kundenorientierung, der insbesondere in den 80er- und 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts verstärkt in den Vordergrund trat, führte zur Notwendigkeit, Differenzen zwischen der bedarfsbezogen eingeteilten (z. B. saisonal schwankenden) Arbeitszeit und der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit festzuhalten. Dies kann etwa sowohl Betriebe im Tourismus- und Freizeitsektor (Gastronomie, Bäderbetriebe, Campingartikel usw.) als auch gewerbliche Unternehmen mit auftragsbezogener Fertigung betreffen.

1.2 Erfassung von Differenzen

Die Saldierung von tatsächlich geleisteten gegenüber vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten setzt die Erfassung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit voraus. Die in der Praxis anzutreffenden Erfassungsmodelle sind vielfältig:

  • Erfassung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeitdauer durch Selbstaufschreibung der Arbeitnehmer (etwa mittels Zeiterfassungsbogen oder -datei) als bloße Mengenerfassung;
  • Erfassung der Abweichung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit von einer vorgegebenen Richtgröße (Soll-Arbeitszeit oder Plan-Arbeitszeit) als sogenannte Negativerfassung;
  • Ermittlung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit durch Erfassung von Arbeitsbeginn, Arbeitsende und Pausen (Positiverfassung).

Es bietet sich an, die zur Erfüllung der Schutzpflichten des Arbeitgebers erhobenen Daten auch für die betriebliche Zeitkontenführung zu nutzen.[1]

Die Saldierung von Differenzen zwischen geleisteter und vertraglich vereinbarter Arbeitszeit setzt zudem voraus, dass die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit als rechnerische Basis der Saldierung im Zeitkonto hinterlegt wird. Bei tages- oder wochenflexibler Arbeitszeit (z. B. Gleitzeit) ist es dabei am einfachsten, wenn die wöchentliche (oder innerhalb eines Schichtzyklus zu leistende) Soll-Arbeitszeit gleichmäßig auf die Wochentage verteilt wird (z. B. bei Arbeitswoche Montag bis Freitag mit je 1/5 der Wochenarbeitszeit an diesen Wochentagen).

1.3 Ausgleichszeitraum des Zeitkontos

Der Ausgleichszeitraum des Zeitkontos ist die Zeitspanne, an deren Ende der Zeitsaldo wieder ausgeglichen sein muss (z. B. nach tarifvertraglicher Vorgabe 1 Jahr). Soweit Tarifverträge hier eine eindeutige Festlegung treffen, ist diese für Betriebsvereinbarungen bindend.

Exakte kalendarische Festlegungen mit Stichtagen sind nicht zu empfehlen, da sie eine "Nullsteuerung" des Zeitsaldos unabhängig vom betrieblichen Bedarf und/oder mitarbeiterseitigen Interessen erzwingen.

Auch die automatische Auszahlung von Plusstunden oberhalb einer definierten Bandbreite ist nicht zu empfehlen, da hiermit ein Zeitverbrauchsanreiz geschaffen werden könnte.

Das Problem von Stichtagsregelungen wird auch nicht durch die Ausbuchung überschießender Salden auf ein zweites Zeitkonto gelöst. Denn solche Abbaukonten verlagern das (Steuerungs-)Problem nur in die Zukunft und belasten die Steuerung des laufenden Zeitkontos. Eine fortlaufende Zeitkontensteuerung auf der Basis verbindlicher Bandbreiten und Steuerungsregeln ist demgegenüber vorzuziehen.

Empfehlungen für Zeitkonten:

  • Zeitkonten sollten grundsätzlich ohne Stichtage "durchlaufen", also grundsätzlich nicht innerhalb des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses abgerechnet werden (Ausnahmen: Längere Unterbrechung der "aktiven" Beschäftigung z. B. aufgrund Langzeiterkrankung).
  • Zeitkonten mit kalendarisch kla...

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