Der Arbeitgeber kann im Kündigungsschutzprozess einen Auflösungsantrag nach §§ 9, 10 KSchG stellen. Der Auflösungsantrag des Arbeitgebers ist prozessual gesehen ein sog. echter Hilfsantrag. Er wird gestellt für den Fall, dass der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess unterliegt. Dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, ist Voraussetzung für den Auflösungsantrag. Weitere Voraussetzung ist das Vorliegen eines Auflösungsgrunds.

2.1 Sozialwidrigkeit der ordentlichen Kündigung

Der Antrag ist nur begründet, wenn die Kündigung sozialwidrig ist, sei es, weil personenbedingte Gründe, verhaltensbedingte Gründe oder betriebsbedingte Gründe fehlen.

Der Auflösungsantrag wird dem Arbeitgeber nicht zugebilligt, wenn zur Sozialwidrigkeit noch weitere Kündigungsmängel (z. B. eine mangelhafte Betriebsratsanhörung) hinzukommen. Es ist deshalb wichtig, im Rechtsstreit, in dem der Arbeitgeber einen Auflösungsantrag stellt, im Bestreitensfall den Verlauf der Betriebsratsanhörung darzulegen oder das Vorliegen anderer Unwirksamkeitsgründe auszuräumen.

Die Rücknahme der Kündigung kann als Anerkenntnis ihrer Sozialwidrigkeit angesehen werden.

Die Unwirksamkeit der Kündigung aus anderen Gründen, die dem Arbeitgeber den Auflösungsantrag verwehrt, kann sich nur aus Schutzvorschriften zugunsten des Arbeitnehmers ergeben, z. B. § 17 MuSchG, § 168 SGB IX, § 102 BetrVG usw. Bezieht sich der Schutzzweck der Norm nicht auf den Arbeitnehmer, z. B. bei besonderen Zustimmungserfordernissen Dritter, ist die Vergünstigung des Auflösungsantrags dem Arbeitgeber nicht verwehrt.

Der Arbeitgeber kann bei unwirksamer außerordentlicher Kündigung keinen Auflösungsantrag stellen. § 13 Abs. 1 KSchG sieht diese Möglichkeit nur für den Arbeitnehmer vor. Das gilt auch bei tariflicher Unkündbarkeit. Das LAG Hamm sieht übrigens im Ausschluss des Antragsrechts des Arbeitgebers bei unwirksamer fristloser Kündigung infolge der besonderen Betroffenheit des Arbeitnehmers keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz.

 
Hinweis

Auflösungsantrag ist möglich

Ist die außerordentliche Kündigung unwirksam und kommt eine vorsorglich ausgesprochene ordentliche Kündigung zum Tragen oder beruft sich der Arbeitgeber auf eine Umdeutung, ist ein Auflösungsantrag wiederum statthaft.

2.2 Gründe für den Auflösungsantrag des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber muss – bezogen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung – Tatsachen vortragen, aus denen deutlich wird, warum für die Zukunft eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht zu erwarten ist.

Die Auflösungsgründe können sich aus dem Kündigungssachverhalt oder dem Prozessverlauf ergeben. Der Auflösungsantrag muss im Prozess besonders begründet werden. Das BAG stellt an die Auflösungsgründe des Arbeitgebers strenge Anforderungen. Das KSchG sei ein "Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz". Das Arbeitsgericht berücksichtigt nur solche Tatsachen, die der darlegungspflichtige Arbeitgeber vorträgt und auf die er seinen Auflösungsantrag ausdrücklich stützt. Das Arbeitsgericht sucht sich die Auflösungsgründe nicht aus den Kündigungsgründen zusammen. Ein Auflösungsantrag des Arbeitgebers, der lediglich auf nicht ausreichende, weil nicht abgemahnte Kündigungsvorwürfe gestützt wird, ist im Allgemeinen erfolglos.

Bei leitenden Angestellten braucht der Arbeitgeber den Auflösungsantrag nach § 14 Abs. 2 KSchG nicht zu begründen.

2.2.1 Auflösungsgründe im Zusammenhang mit dem Kündigungssachverhalt

Der Arbeitgeber kann sich zur Begründung eines Auflösungsvertrags auch auf Gründe berufen, auf die er zuvor erfolglos die Kündigung gestützt hat. Allerdings muss er im Einzelnen vortragen, weshalb die unzureichenden Kündigungsgründe einer zu Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit entgegenstehen sollen.[1] Als Auflösungsgründe kommen Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis, die Persönlichkeit des Arbeitnehmers, seine Leistung oder seine Eignung betreffen.

 
Praxis-Beispiel

Auflösungsgründe

Der Arbeitnehmer hat seine Vorgesetzten beleidigt, stört den Betriebsfrieden, indem er z. B. seine Arbeitskollegen gegen den Arbeitgeber aufwiegelt, der Arbeitnehmer hat bewusst zu Schäden führende Arbeitsfehler begangen, ein Kraftfahrer wirft dem Arbeitgeber im parallel geführten Lohnzahlungsprozess vor, dieser habe die Tachoscheiben manipuliert usw.

§ 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG erfordert eine differenzierte Würdigung der jeweiligen Betriebszwecke. So können auch erhöhte Anforderungen an eine harmonische Zusammenarbeit unter den Mitarbeitern zur Auflösung führen. Für eine Kirchengemeinde hat das BVerfG es für deren Erscheinungsbild als in hohem Maße abträglich angesehen, wenn das Personal den Eindruck heilloser Zerstrittenheit macht. Dem könne durch die Vertragsauflösung entgegengewirkt werden.

 
Hinweis

Auflösungsgründe dem Betriebsrat mitteilen

Die Auflösungsgründe sollten – soweit bekannt – vorsorglich dem Betriebsrat im Rahmen der Betriebsratsanhörung mitgeteilt werden, um den Ausschluss nachgeschobener Auflösungsgründe zu vermeiden.

2.2.2 Auflösungsgründe aus dem Prozessverlauf

Auflösungsgründe können sich auch im Prozessverlauf ergeben. Geeignet sind z. B. Beschimpfungen oder Beleidigungen durch den Prozessge...

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