Grundsätzlich ist ein Arbeitnehmer auch während der Kündigungsfrist vom Arbeitgeber zu beschäftigen, da das Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf der Kündigungsfrist beendet wird.

Liegt allerdings ein schutzwürdiges Interesse an einer Nichtbeschäftigung während der Kündigungsfrist vor, kommt eine Freistellung des Arbeitnehmers in Betracht.

 
Praxis-Beispiel

Freistellungsgründe

Tätlichkeiten eines Arbeitnehmers gegen einen Kollegen rechtfertigen eine Freistellung von der Beschäftigung, und zwar unter Verlust des Vergütungsanspruches.[1]

Von der Freistellung in diesem Sinne zu unterscheiden ist eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zur Beendigung des Kündigungsschutzprozesses.

Ein Arbeitnehmer ist auf sein Verlangen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses weiterzubeschäftigen, wenn Gegenstand des Prozesses eine ordentliche Kündigung ist, der Betriebsrat dieser ordnungsgemäß aus den Gründen des § 102 Abs. 3 BetrVG widersprochen hat und der Arbeitnehmer fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben hat.[2] Nach dem BAG besteht das bisherige Arbeitsverhältnis unter der auflösenden Bedingung der rechtskräftigen Abweisung der Kündigungsschutzklage fort.[3]

Von diesem betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch ist der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch zu unterscheiden, der nach der Rechtsprechung des BAG jedenfalls dann besteht, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam ist.

Ein Weiterbeschäftigungsanspruch ist im Kündigungsschutzprozess im Wege der objektiven Klagehäufung geltend zu machen.[4]

In der 1. Instanz kommt daneben eine einstweilige Verfügung in Betracht, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam ist oder schutzwürdige Interessen des Arbeitnehmers das Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung überwiegen.[5]

Der Weiterbeschäftigungsanspruch kann durch die Verhängung von Zwangsgeld oder Zwangshaft gegen den Arbeitgeber vollstreckt werden.[6]

Ein Arbeitgeber kann aber auch den Arbeitnehmer auffordern, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreites einstweilen weiterzuarbeiten. Dies ist für ihn aus dem Grunde ratsam, weil er das Risiko des Annahmeverzugs für den Fall trägt, dass er im Kündigungsschutzprozess unterliegt.[7] Kommt der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste in Verzug, kann der Arbeitnehmer für die infolge des Verzuges nicht geleistete Arbeit die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein.[8] Annahmeverzug des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Arbeitgeber die ihm vom Arbeitnehmer angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt. Es gelten die §§ 293 ff. BGB. Der Arbeitnehmer muss jedoch seine Arbeitsleistung nicht gemäß § 295 BGB wörtlich anbieten. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung des BAG gemäß § 296 BGB überflüssig. Der Arbeitgeber gerät nach einer unwirksamen Kündigung regelmäßig in Annahmeverzug. Diese Folge kann der Arbeitgeber nur vermeiden, wenn er den Arbeitnehmer von sich aus zur Wiederaufnahme der Arbeit auffordert.[9] Kommt der Arbeitnehmer einer solchen Aufforderung nach, entsteht ein bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreites befristetes Arbeitsverhältnis. Das ist schriftlich zu vereinbaren, weil die Befristung eines Arbeitsverhältnisses der Schriftform bedarf.[10] Bei Nichtbeachtung der Schriftform ist die Befristung unwirksam, mit der Folge, dass ggf. ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht. Allerdings muss der Arbeitnehmer das Angebot des Arbeitgebers auf Weiterbeschäftigung nicht annehmen, weil das Arbeitsverhältnis als beendet anzusehen ist, solange nicht über die Wirksamkeit der Kündigung entschieden oder diese zurückgenommen worden ist. Der Arbeitgeber schuldet dann jedoch nicht die rückständige Vergütung, falls er im Kündigungsschutzprozess unterliegt.

Gerät ein Arbeitgeber in Annahmeverzug, weil er nach Ausspruch der Kündigung die Gehaltszahlungen eingestellt hat, macht er sich schadensersatzpflichtig, wenn er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass die Kündigung unwirksam war. Die rückständigen Beträge hat er deshalb zu verzinsen.[11]

Ein in der 1. Instanz obsiegender Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zur Entscheidung in der nächsten Instanz.[12]

Bei dem Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG besteht das Arbeitsverhältnis bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreites in jedem Fall fort.

Der Arbeitnehmer kann nach dem Obsiegen im Kündigungsschutzprozess seinen Weiterbeschäftigungsanspruch grundsätzlich vollstrecken lassen.

Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung ist allerdings auf Antrag möglich, wenn die Beschäftigung selbst einen unersetzbaren Nachteil für den Arbeitgeber zur Folge hätte. Die Wirkung der Verurteilung zur vorläufigen Weiterbeschäftigung endet jedoch mit Zugang einer neuen Kündigung.

Ist inzwischen der Arbeitsplatz weggefallen oder liegt ein sonstiges objektives, nicht vom Arbeitgeber verursachtes Hindernis an der Weiterbeschäftigung vor, kann eben...

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