Rz. 8

Die Entstehung von landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften gründete in der Vorstellung, dass landwirtschaftliche Unternehmen überwiegend von bäuerlichen Familien ohne Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betrieben werden. Versicherte sind der landwirtschaftliche Unternehmer, die im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner, nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige, die in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätigen Personen sowie ehrenamtlich in Unternehmen tätige Personen, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen und ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätige Personen (§ 2 Abs. 1 Nr. 5).

Dies spiegelt sich in der gegenüber den gewerblichen Berufsgenossenschaften abweichenden Besetzung des Organs der Selbstverwaltung wider. In dem zum 1.1.2013 neu errichteten Bundesträger sind versicherte Beschäftigte, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie Selbstständige ohne fremde Arbeitskräfte zu je einem Drittel vertreten (§ 1 Abs. 1 Satz 1, § 44 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV).

Organisatorisch besteht im Hinblick auf die umfassende soziale Absicherung der bäuerlichen Familie eine Verflechtung mit den übrigen Zweigen der landwirtschaftlichen Sozialversicherung. Unter dem Dach der landwirtschaftlichen Sozialversicherung befinden sich – neben der Berufsgenossenschaft – die Alterskasse (§ 49 ALG), die Krankenkasse (§ 44 Abs. 1 KVLG 1989) und die Pflegekasse (§ 46 Abs. 1 SGB XI). Jede landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft bildete bislang mit der bei ihr errichteten landwirtschaftlichen Alterskasse, landwirtschaftlichen Krankenkasse und landwirtschaftlichen Pflegekasse eine Verwaltungsgemeinschaft (§ 119a a. F.). Dies ist seit dem 1.1.2013 überholt, da es mit Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau nur noch einen Träger gibt.

 

Rz. 9

Infolge des Gesetzes zur Organisationsreform in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSVOrgG) v. 17.7.2001 (BGBl. I S. 1600) hatte sich die Zahl der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zuletzt auf 9 verringert:

  • Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Baden-Württemberg,
  • Land- und forstwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Franken und Oberbayern,
  • Land- und forstwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland,
  • Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Mittel- und Ostdeutschland,
  • Land- und forstwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Niederbayern/Oberpfalz und Schwaben,
  • Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Niedersachsen-Bremen,
  • Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Nordrhein-Westfalen,
  • Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Schleswig-Holstein und Hamburg,
  • Gartenbau-Berufsgenossenschaft.
 

Rz. 10

Diese bisherigen landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften wurden mit Wirkung zum 1.1.2013 in die neu errichtete Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau eingegliedert. Dieser nunmehr einzige landwirtschaftliche Unfallversicherungsträger nimmt für diesen Bereich Verbandsaufgaben wahr (vgl. § 114 Abs. 1 Satz 2). Bei der Durchführung der Aufgaben nach dem SGB VII und in sonstigen Angelegenheiten der landwirtschaftlichen Unfallversicherung führt dieser Träger die Bezeichnung landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft (§ 114 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HS 2). Hintergrund dieser Entwicklung war, dass die Zahl der Versicherten in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung durch den anhaltenden Strukturwandel in der Landwirtschaft seit vielen Jahren rückläufig war. Die Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung hatte den Strukturveränderungen nicht in gleicher Weise Rechnung getragen wie die Organisation der allgemeinen Sozialversicherung. Die vorrangig räumliche Aufgabenverteilung verhinderte, dass die Träger ihre Aufgaben dauerhaft effizient und wirtschaftlich erfüllten. Daneben bestanden gravierende Belastungsunterschiede durch regional unterschiedlich hohe Beiträge für gleich strukturierte Betriebe. Dies führte in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung zu spürbaren Wettbewerbsverzerrungen. Mit der Errichtung nur noch eines Bundesträgers erhofft sich der Gesetzgeber eine nachhaltige Anpassung der Organisationsstrukturen an den genannten Strukturwandel in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (vgl. BT-Drs. 17/7916 S. 1).

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