Rz. 3

Es ist grundsätzlich dem Ermessen der Behörde überlassen, das Verfahren so zu führen und zu gestalten, wie sie es für zweckmäßig hält. Aus der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens folgt, dass im Allgemeinen kein Formzwang für Anträge besteht, eine mündliche Verhandlung während des Verwaltungsverfahrens nicht zwingend vorgeschrieben ist und an die Entscheidung und ihre Bekanntgabe keine besonderen Formerfordernisse gestellt werden (BSG, Urteil v. 27.3.1980, 12 RAr 1/79). Der Grundsatz der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens erlaubt auch die Anwendung elektronischer Verfahren.

Die Tätigkeit der Behörden ist durch allgemeine Verfahrensgrundsätze (z. B. Gebot der Rechtsstaatlichkeit, Willkürverbot, Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel) begrenzt.

Der Grundsatz der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens gilt dann nicht, wenn besondere Rechtsvorschriften (z. B. das Verwaltungsverfahren nach dem SGB) eine bestimmte Verfahrensform vorschreiben, also ein förmliches Verwaltungsverfahren durchzuführen ist.

 

Rz. 4

Die Formfreiheit des Verwaltungshandelns bezieht sich auf die Beziehungen zwischen Behörde und Beteiligten, verbietet es der Behörde dabei aber nicht, durch Verwaltungsvorschriften oder innerdienstliche Anweisungen für bestimmte Verwaltungshandlungen Formvorschriften zu erlassen (z. B. Vordrucke oder Formulare). § 9 Satz 1 schränkt auch die Befugnis der Behörde, nach § 60 Abs. 2 SGB I Vordrucke zu verwenden, nicht ein, geht jedoch der Sanktionsvorschrift des § 66 SGB I vor.

Auch Leistungsanträge können grundsätzlich formfrei, d. h. auch mündlich gestellt werden. Übermittelt die Behörde dem Antragsteller daraufhin Formblätter zu Antrags-, Prüfungs- und Beweiszwecken, so kommt der Antragsteller mit dem Ausfüllen und Einreichen zwar grundsätzlich seinen Mitwirkungspflichten nach §§ 60 ff. SGB I nach, stellt dadurch jedoch nicht erstmalig den Antrag (BSG, Urteil v. 18.8.2005, B 7a/7 AL 66/04R, SozR 4-4300 § 415 Nr. 1; BSG, Urteil v. 28.10.2009, B 14 AS 56/08 R, SozR 4-4200 § 37 Nr. 1). Wenn ein formlos eingereichter Antrag jedoch sämtliche für die Gewährung einer Leistung erforderlichen Angaben enthält, ist die Behörde gehalten, den Antrag zu bearbeiten. Dem Antragsteller dürfen daraus keine Nachteile entstehen (Hess. LSG, Beschluss v. 27.3.2013, L 6 AS 400/12 B ER). Die Nichtförmlichkeit des Verfahrens erstreckt sich auch auf die Beweisaufnahme, so dass prozessuale Regelungen zur Beweisaufnahme in den gerichtlichen Verfahrensordnungen grundsätzlich nicht auf das Verwaltungsverfahren zu übertragen sind. So gelten z. B. die in § 377 Abs. 3 ZPO normierten Beschränkungen schriftlicher Zeugenaussagen im Verwaltungsverfahren nicht.

Wenn Schriftform vorgeschrieben ist, muss das Schriftstück den Absender erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Ausstellers, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten (BSG, Urteil v. 21.12.1960, 7 RKg 3/58, BSGE 13 S. 269, 271).

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