Rz. 5

Die Vorschrift erfasst nur die Beseitigung und Berichtigung von Unrichtigkeiten in schriftlichen, elektronischen oder schriftlich bestätigten VA. Eine einseitige Berichtigung bei öffentlich-rechtlichen Verträgen ist hingegen ausgeschlossen. Die Berichtigung ist dabei sowohl im Verfügungssatz als auch in der Begründung und grundsätzlich auch in der Rechtsbehelfsbelehrung möglich, wobei bei einer Berichtigung der Rechtsbehelfsbelehrung die Auswirkungen auf die Rechtsbehelfsfrist zu beachten sind. Die Berichtigung stellt die textliche Herstellung der Übereinstimmung mit dem erkennbar im VA Gewollten her. § 38 erfasst nur Fehler im Ausdruck des innerbehördlich gebildeten Willens, nicht auch Fehler bei der innerbehördlichen Willensbildung (BSGE 24 S. 204; BSGE 5 S. 181). Diese sind ausschließlich unter Berücksichtigung der gesetzlich normierten Vertrauensschutzgesichtspunkte gemäß §§ 44ff. zu beseitigen.

 

Rz. 6

Die Bestimmung nennt als typische Unrichtigkeiten Schreib- und Rechenfehler. Damit sind nicht nur sinnentstellende und/oder unvollständige Worte ("kein" statt "ein"), sondern auch z. B. die falsche Schreibweise eines Namens oder einer Anschrift gemeint. Desgleichen gehören dazu orthographische oder grammatische Fehler. Rechenfehler sind das Ergebnis einer falschen Rechenoperation, bei der entweder erkennbar fehlerhafte Ausgangswerte verwandt wurden oder schlicht falsch gerechnet wurde.

 

Rz. 7

Der Begriff der ähnlichen Unrichtigkeit meint und umfasst solche Fehler, die Schreib- und Rechenfehlern ähnlich sind. Dazu gehört ein Vergreifen im Ausdruck. Auch Fehler bei der Eingabe in eine Datenverarbeitungsanlage (BSG, Urteil v. 10.12.2008, B 6 KA 45/07 R) oder das fehlerhafte Ablesen von Tabellenwerten und deren Übernahme für einen Rechenvorgang, die das Gewollte (innerbehördlich Verfügte) dann (im Ergebnis) falsch nach außen wiedergeben, gehören zu den vergleichbaren Unrichtigkeiten. Das ist auch der Fall, wenn eine Nebenentscheidung im umgekehrten Verhältnis zur Sachentscheidung steht (Bay. LSG, Beschluss v. 18.1.2011, L 8 SO 7/08). Die Fehler können aber auch in einer sachlichen Unrichtigkeit bestehen (vgl. BVerwG, Urteil v. 23.10.1995, 7 B 193/85, NVwZ 1986 S. 198 zur offensichtlich falschen Wiedergabe des Studienfachs in einem VA). Für die Berichtigung kommt es nicht darauf an, ob die falschen Angaben Einfluss oder Bedeutung für den Inhalt des VA haben.

 

Rz. 8

Die Grenze der Berichtigung gegenüber Rücknahme oder Widerruf von VA wird dadurch gezogen, dass die Unrichtigkeit offenbar sein muss, also leicht erkennbar ist. Dazu ist, bei objektiver Betrachtung allein auf den VA selbst und auf die den Beteiligten beidseitig bekannten tatsächlichen Umstände und den Zusammenhang seiner Bekanntgabe abzustellen. Da Verfügungs satz, Sachverhalt und Begründung in Wechselbeziehung stehen, ist darauf abzustellen, ob der Verfügungssatz von Sachverhalt und Begründung erkennbar getragen wird, oder aber der Verfügungssatz sich nach Sachverhalt und Begründung als offenbar nicht richtig und gewollt darstellt. Insbesondere wenn sich Widersprüchlichkeiten im VA befinden, ist eine Unrichtigkeit offenkundig, wenn sie für einen verständigen, aber nicht fachkundigen, objektiven Dritten aus dem Verwaltungsakt erkennbar ist. Bei Rechenfehlern, die im Verfügungssatz zu einem falschen Betrag führen, ist Offenkundigkeit nur dann anzunehmen, wenn sich der Rechenvorgang mit den Ausgangswerten aus dem Bescheid oder aus Anlagen dazu ergibt, so dass der Fehler durch Nachrechnen zu erkennen ist, oder wenn der ausgewiesene Betrag erkennbar so weit von dem gesetzlich möglichen Anspruch abweicht, dass sich ein Fehler aufdrängen muss. Dabei ist auf einen verständigen Leser des VA abzustellen (vgl. BSG, Urteil v. 31.5.1990, 8 RKn 22/88). Eine offensichtliche Unrichtigkeit wird auch angenommen, wenn in einem Aufhebungsbescheid das Datum des aufzuhebenden Bescheides falsch bezeichnet wird und dies aus dem Sachzusammenhang leicht zu erkennen ist (BSG, Urteil v. 29.11.2012, B 14 AS 196/11 R; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 5.9.2013, L 27 P 70/12).

 

Rz. 9

Die Grenze zwischen Berichtigung von Unrichtigkeiten und fehlerhafter Entscheidung ist dort zu ziehen, wo der schriftlich wiedergegebene VA mit seiner Begründung übereinstimmt und das Ergebnis auf einer falschen rechtlichen Beurteilung des Tatbestandes oder der Rechtslage beruht. Auch ein von der Behörde unvollständig aufgeklärter Sachverhalt kann im Ergebnis zu einer falschen Rechtsanwendung führen. Im Einzelfall können sich die Beurteilung und Abgrenzung jedoch als schwierig erweisen. Dies wird umso deutlicher, als teilweise gefordert wird, dass der Fehler "ins Auge springen" muss (BVerwGE 30 S. 146; 40 S. 212), andererseits nicht erforderlich ist, dass sich der Fehler allein schon beim Lesen des Bescheides aufdrängt (BSG, SozR 1200 § 34 Nr. 18).

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