Rz. 5

Die Fähigkeit, an einem Verwaltungsverfahren beteiligt zu sein, besitzen:

  1. Alle natürlichen Personen (Nr. 1), da sie Vollrechtsfähigkeit haben. Dies gilt für Inländer gleichermaßen wie für Ausländer und Staatenlose. Die Beteiligungsfähigkeit eines Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt (§ 1 BGB) und endet mit dem Tod. Soweit einzelne gesetzliche Bestimmungen der Leibesfrucht eigene Rechte oder Anwartschaften zubilligen, ist auch insoweit Beteiligungsfähigkeit i. S. d. § 10 gegeben. Dies ist beispielsweise nach § 12 SGB VII (Versicherungsfall einer Leibesfrucht) der Fall. Auch ein Betreuter ist als natürliche Person handlungsfähig, denn anders als für die Vornahme von Verfahrenshandlungen ist für die Beteiligungsfähigkeit die Geschäftsfähigkeit nicht Voraussetzung.
  2. Alle juristischen Personen (Nr. 1). Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts handelt. Wesentliches Kriterium für beide Kategorien ist vielmehr auch hier die Vollrechtsfähigkeit.

    Zu den juristischen Personen des Zivilrechts gehören beispielsweise eingetragene Vereine (§ 21 BGB), rechtsfähige Stiftungen (§ 80 BGB), Aktiengesellschaften (§ 1 AktG). Offene Handelsgesellschaften (§§ 105, 124 HGB) und Kommanditgesellschaften (§§ 161, 124 Abs. 2 HGB) sindkeine juristischen Personen des Privatrechts, können aber gleichwohl Träger von Rechten und Pflichten sein und fallen demzufolge unter § 10 Nr. 2 (Mutschler, in: KassKomm. SGB X, § 10 Rz. 6; Vogelsang, in: Hauck/Notz, SGB X, § 10 Rz. 13; a. A. Leopold, in: juris PK-SGB X, § 10 Rz. 27).

    Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind die Körperschaften (Gebiets- oder Personalkörperschaften), rechtsfähigen Anstalten und rechtsfähigen Stiftungen des öffentlichen Rechts. Der entsprechende Status der Sozialversicherungsträger ergibt sich aus § 29 Abs. 1 SGB IV. Sie bedürfen zu ihrer Entstehung eines Gesetzes oder sonstigen Staatsaktes.

  3. Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann (Nr. 2). Darunter versteht das Gesetz Personenmehrheiten mit einem organisatorischen Mindestmaß, das geeignet ist, die Personenmehrheit zu vertreten (z. B. nichtrechtsfähige Vereine und Gesellschaften des Bürgerlichen Rechts, OHG, KG, politische Parteien, Gewerkschaften, Arbeitgebervereinigungen und Tarifvertragsparteien, Erbengemeinschaften und Freie Wählervereinigungen, nicht hingegen der Betriebsrat oder Personalrat eines Unternehmens). Solche Vereinigungen sind immer dann beteiligungsfähig, wenn ihnen das im konkreten Verwaltungsverfahren geltend gemachte Recht zustehen kann, wenn sie mithin Teilrechtsfähigkeit besitzen. Trifft dies nicht zu, sind die einzelnen Mitglieder an dem Verwaltungsverfahren als natürliche Personen i. S. d. § 10 Nr. 1 zu beteiligen. Keine Vereinigung i. S. v. § 10 Nr. 2 ist die Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 3 SGB II, denn es existiert kein einheitlicher Leistungsanspruch der Bedarfsgemeinschaft. Die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind jeweils als natürliche Person gemäß § 10 Nr. 1 beteiligungsfähig (BSG, Urteil v. 7.7.2011, B 14 AS 144/10 R).
  4. Behörden (Nr. 3), und zwar alle Bundes- wie Landesbehörden (nicht nur im Sinne des § 1 Abs. 2), die öffentlich-rechtliche Aufgaben erfüllen (zum Behördenbegriff vgl. § 1 Abs. 2 und die Komm. dort). Beteiligungsfähigkeit besitzen auch der Zulassungsausschuss (§ 96 SGB V), der Berufungsausschuss (§ 97 SGB V) und das Schiedsamt (§ 89 SGB V). Damit unterscheidet sich die Beteiligungsfähigkeit im Verwaltungsverfahren von der Beteiligtenfähigkeit im sozialgerichtlichen Verfahren, in dem grundsätzlich der Rechtsträger und nicht die Behörde beteiligtenfähig ist (vgl. im Einzelnen Frehse, in: Jansen, SGG, § 70 Rz. 14 ff.). Für Stellen und Einrichtungen, die keine Behörde sind, werden diejenigen Behörden tätig, denen sie eingegliedert oder zugeordnet sind. Im Rahmen gesetzlicher Ermächtigung können auch "beliehene Unternehmer" (z. B. die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) Behörde i. S. v. § 10 Nr. 3 sein.

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