2.1.1 Faktoren des Rentenwert

 

Rz. 11

Die jeweilige Rentenanpassung zum 1.7. eines Jahres hängt nach § 68 Abs. 1 Satz 3 von der Veränderung folgender Faktoren – im Vergleich des vergangenen Kalenderjahres gegenüber dem vorvergangenen Kalenderjahr – ab:

  • Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer,
  • Beitragssatz und
  • Nachhaltigkeitsfaktor, der das Verhältnis der Rentner zu den Beitragszahlern wiedergibt.

2.1.2 Rentengarantie – Verbot der Rentenminderung (Satz 1)

 

Rz. 12

Dabei kann es zu Rentenerhöhungen aber auch zu Rentenminderungen kommen. Abs. 1 Satz 1 stellt die Generalnorm auf und verbietet eine Minderung des neuen aktuellen Rentenwerts, wenn dieser geringer ausfällt als der bisherige aktuelle Rentenwert. Die Generalnorm stellt damit sicher, dass eine Minderung des aktuellen Rentenwerts generell ausgeschlossen ist.

 

Rz. 13

Hierbei handelt es sich um ein subjektives einklagbares Recht des einzelnen Versicherungsnehmers (kritisch LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 10.12.2014, L 5 R 1496/14, Rz. 10; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 15.11.2011, L 11 R 267/11, Rz. 64).

 

Rz. 14

Zentraler Prüfungsschritt ist allein der Vergleich "neuer aktueller Rentenwert" mit dem "bisherigen aktuellen Rentenwert". Damit stellt der Gesetzgeber klar, dass der Rentenwert in seiner Gesamtheit in Betracht gezogen werden muss (vgl. insbesondere auch zum Sinn der Regelung zur Schutzklausel in Abs. 1 oben Rz. 3).

 

Rz. 15

Eine Minderung des aktuellen Rentenwertes ist deshalb nicht nur in Bezug auf die Minderungswirkung der anpassungsdämpfenden Faktoren in der Rentenanpassungsformel ausgeschlossen. Auch eine möglicherweise negative Lohnentwicklung kann folglich nicht zu Rentenminderungen führen (dies war die ausdrückliche gesetzgeberische Intention bei der Neufassung der Regelung; vgl. BT-Drs. 16/13424 S. 34; vgl. insoweit bereits Rz. 3).

 

Rz. 16

Maßgeblich ist daher eine Gesamtbetrachtung aller drei Faktoren der Rentenformel für die Erhöhung des aktuellen Rentenwerts maßgeblichen Elemente. Bewirken diese zusammen eine Rentenerhöhung, bleibt für die Schutzklausel des § 68a Abs. 1 Satz 1 kein Anwendungsbereich und zwar selbst dann nicht, wenn ein Element – für sich allein betrachtet – zu einer Minderung führt. Es besteht daher aus § 68 Abs. 1 Satz 1 gerade keine Anpassungsverpflichtung nur eines Elementes auf "Normalnull" (so wendet das auch die DRV an vgl. GRA der DRV zu § 68a SGB VI, Stand: 29.8.2019, Anm. 2). Eine isolierte Betrachtung der einzelnen bestimmenden Merkmale verbietet sich daher.

2.1.3 Ausgleichsbedarf; sog. Nachholfaktor (Satz 2)

 

Rz. 17

Satz 2 beinhaltet zunächst die Legaldefinition des Begriffs Ausgleichsbedarf und definiert diesen als die nach Satz 1 angeordnete unterbliebene Minderungswirkung. Der Ausgleichsbedarf firmiert auch unter dem Begriff Nachholfaktor.

 

Rz. 18

Außerdem beinhaltet Satz 2 auch die Rechtsfolge, was mit dem Ausgleichsbedarf künftig geschieht. Durch die Modifikation der Schutzklausel zum 1.3.2007 und deren Überführung von § 68 Abs. 6 a. F. in die eigenständige Vorschrift des § 68a fand in Satz 2 auf der Rechtsfolgeseite der Legaldefinition des Begriffs Ausgleichsbedarfs auch eine Verrechnungsklausel Eingang in das Gesetz. Danach wird die unterbliebene Minderungswirkung (Ausgleichsbedarf) mit Erhöhungen des aktuellen Rentenwerts verrechnet.

 

Rz. 18a

Der Nachholfaktor ist somit Ausgleich für die Rentengarantie, wie er in § 68a Abs. 1 Satz 1 niedergelegt ist und beschreibt die Verrechnung unterbliebener aktueller Rentenminderung mit künftigen Rentenerhöhungen. Bei einer durch die Rentengarantie verhinderte Senkung des Rentenwerts sorgt der Nachholfaktor daher dafür, dass die künftigen Rentenerhöhungen nach Lohnsteigerungen niedriger ausfallen, als sie es eigentlich müssten. Bei rückläufiger Lohnentwicklung, an die die Rentenanpassung gekoppelt ist (§ 68) bzw. im Zusammenspiel mit den anderen Faktoren des aktuellen Rentenwerts kann es zu seiner Verringerung kommen. § 68a Abs. 1 Satz 1 verhindert eine solche Verringerung des aktuellen Rentenwerts, die entweder allein durch rückläufige Lohnentwicklung oder auch trotz steigender Lohnsumme aufgrund der übrigen Faktoren ggf. eintreten kann; Rentengarantie (vgl. zu den Gesetzeserwägungen im Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung – RV-Nachhaltigkeitsgesetz BT-Drs. 15/2149 S. 23). Dabei legt § 68a Abs. 1 Satz 2 fest, dass die unterbliebene Minderungswirkung mit Erhöhungen des aktuellen Rentenwerts verrechnet wird. Nach § 68a Abs. 1 Satz 2 ist dieser Ausgleich legal definiert als Ausgleichsbedarf. Der so beschriebene Mechanismus des Auf- und Abbaus des Ausgleichsbedarfs ist der sog. Nachholfaktor (vgl. zum Ausgleichsbedarf auch Wagner, Lexikonbeitrag Ausgleichsbedarf, Deutsches Anwalt Office Premium; abrufbar im Internet unter folgender Adresse: https://www.haufe.de/recht/deutsches-anwalt-office-premium/ausgleichsbedarf_idesk_PI17574_HI2159497.html, zuletzt abgerufen am 31.7.2022).

 

Rz. 19

Damit wirkt Satz 2 letztlich monetär minderungserhaltend. Sinn der Regelung ist es, dass an und für sich notwendige Minderungen des aktuellen Rentenwerts zuminde...

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