Zusammenfassung

 
Begriff

Der Ausgleichsbedarf steht im Zusammenhang mit der Rentenanpassung in der Rentenversicherung. Ein Ausgleichsbedarf entsteht, wenn aufgrund der bestehenden Schutzklausel die Renten nicht gemindert werden, wie dies nach dem Mechanismus der Formel zur Anpassung der Renten eigentlich der Fall wäre.

Können so die notwendigen negativen Anpassungen nicht realisiert werden, führt dies insgesamt zu einem finanziellen Mehrbedarf in Form höherer Rentenausgaben. Diese Mehraufwendungen sind im Umlageverfahren durch die Beitragszahler zu finanzieren und begründen so für sie eine dauerhafte Zusatzbelastung. Entsprechend dem Grundsatz der Generationengerechtigkeit wird diese einseitige Belastung der Beitragszahler durch den Ausgleichsbedarf erfasst und im Zeitverlauf wieder abgebaut. Dies geschieht, indem ab dem Jahr 2011 positive Rentenanpassungen in abgeschwächter Form, d. h. in der Regel so lange nur zur Hälfte an die Rentner weitergegeben werden, wie noch ein Ausgleichsbedarf vorhanden ist.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: § 68a Abs. 1 SGB VI regelt die Anwendung der Schutzklausel und allgemein den Ausgleichsbedarf und dessen Abbau durch Verrechnung anlässlich positiver Rentenanpassungen. Wie der Ausgleichsbedarf konkret festzusetzen und in welcher Weise dieser abzubauen ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des § 68a Abs. 2-4 SGB VI. Der jährlich fortgeschriebene Wert wird im Zusammenhang mit der Rentenanpassung jährlich durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats oder in Ausnahmefällen durch ein Gesetz bestimmt.

Übergangsregelungen zum Ausgleichsbedarf befinden sich in § 255g SGB VI (Festlegung des Ausgleichsbedarfs zum 1.7.2021) und in § 255h SGB VI (Regelungen zum Ausgleichsbedarf für die Rentenanpassungen vom 1.7.2022 bis 1.7.2025).

1 Bestimmung

1.1 Aufbau

Die Höhe des Ausgleichsbedarfs richtet sich nach dem Grad der aufgrund der Schutzklausel unterbliebenen Minderung des aktuellen Rentenwertes. Mit seiner Einführung zum 1.7.2007 wurde der Ausgleichsbedarf zunächst gesetzlich festgesetzt und resultierte aus der Anwendung der Schutzklausel und den unterbliebenen Minderungswirkungen anlässlich der Rentenanpassungen zum 1.7.2005 und 1.7.2006. Seitdem wurde dieser bestimmte Wert (zum Stichtag 30.6.2007 = 0,9825) jährlich zum 1.7. durch einen Ausgleichsfaktor im Rahmen der Rentenanpassung durch Verordnung oder ausnahmsweise durch Gesetz fortgeschrieben.[1]

Der jährliche Ausgleichsfaktor ist der Wert, der sich ergibt, wenn

geteilt wird. Der fortgeschriebene Ausgleichsbedarf ergibt sich, indem der im Vorjahr bestimmte Ausgleichsbedarf mit diesem Ausgleichsfaktor des laufenden Jahres vervielfältigt wird. Wirkt die Schutzklausel nicht oder kann er nicht abgebaut werden[2], bleibt der Ausgleichsbedarf unverändert. Da der Ausgleichsbedarf unterbliebene Rentenminderungen (also negative prozentuale Anpassungen) wiedergibt, ist er immer ein auf 4 Stellen nach dem Komma faktorisierter Wert unter 1,0000.

Der o. g. Ausgleichsbedarf von 0,9825 hatte sich anlässlich der Rentenanpassung zum 1.7.2010 infolge einer weiteren unterbliebenen Minusanpassung (Anpassungsfaktor 0,9790) weiter erhöht auf 0,9619 (0,9825 x 0,9790).

1.2 Abbau

Ein aufgebauter Ausgleichsbedarf wird schrittweise wieder abgebaut, indem die bisher unterbliebenen Minderungen infolge der Anwendung der Schutzklausel mit zukünftigen Rentenanpassungen verrechnet werden. Die Verrechnung darf nicht zu einer Minderung des bisherigen aktuellen Rentenwerts, also zu einer negativen Rentenanpassung führen.

Positive Rentenanpassungen werden so lange nur zur Hälfte an die Rentner weitergegeben, wie noch ein Ausgleichsbedarf mit einem Wert von unter 1,0000 vorhanden ist. Dazu ist der nach § 68 SGB VI neu berechnete aktuelle Rentenwert durch den bisherigen aktuellen Rentenwert zu teilen. Der auf diese Weise ermittelte Anpassungsfaktor ist zu halbieren. Der "tatsächliche" neue aktuelle Rentenwert (wie er im Rahmen der Rentenanpassung an die Rentenbezieher weitergegeben wird) ergibt sich, wenn dieser hälftige Anpassungsfaktor mit dem bisherigen aktuellen Rentenwert vervielfältigt wird.

Diese Regelung wurde erstmals bei der Rentenanpassung zum 1.7.2011 angewendet. Der "neue" Ausgleichsbedarf wird errechnet, indem der bisherige Ausgleichsbedarf anstelle des Ausgleichsfaktors[1] mit dem hälftigen Anpassungsfaktor vervielfältigt wird.

Wert von 1,0000 fast erreicht

Hat sich der Ausgleichsbedarf schon fast vollständig abgebaut, d. h. den Wert von 1,0000 fast erreicht, ist Folgendes zu beachten: Der Anpassungsfaktor kann nur noch in dem Maß vermindert werden, welches notwendig ist, um für den Ausgleichsbedarf den Wert 1,0000 zu erreichen. In diesem Fall wird der § 68 a Abs. 3 Satz 1 SGB VI ermittelte Anpassungsfaktor anstelle einer Halbierung nur no...

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