Rz. 13

In der Rechtsprechung haben eine Vielzahl von Einzelfällen besondere Bedeutung erlangt. Bei den sog. Syndikus-Anwälten – also Rechtsanwälten, die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber, Verband, einer Berufsständischen Körperschaft oder einer Stiftung beschäftigt sind – ist unterdessen höchstrichterlich geklärt, dass eine Befreiung auf Antrag nicht in Betracht kommt, weil die Voraussetzungen anch Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 nicht erfüllt sind. Das BSG hat in seinen Entscheidungen v. 3.4.2014 (B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R und B 5 RE 13/14 R; vgl. auch zur Fortführung dieser Rechtsprechung BSG, Urteil v. 13.12.2018, B 5 RE 1/18 R zur Befreiung von der Versicherungspflicht bei einem Syndikuspatentanwalt) die Anwendung der sog. "4-Kriterien-Theorie" verworfen. Das BSG hat hieraus aber nicht die Schlussfolgerung gezogen, dass die Betroffenen für die jeweilige Syndikus-Tätigkeit von der Versicherungspflicht zu befreien sind. Vielmehr hat es sich unter Bezug auf Rechtsprechung des BGH und des BVerfG der sog. "Doppelberufstheorie" angeschlossen. Eine anwaltliche – und damit der Befreiung zugängliche – Tätigkeit ist ausgeschlossen, soweit der Betroffene in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu einem seinerseits nicht anwaltlichen Arbeitgeber steht. In Reaktion auf diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber die Rechtsfigur des Syndikus-Rechtsanwalts geschaffen (§ 46a BRAO i. d. F. ab 1.1.2016; zur besonderen berufsrechtlichen Erstreckungsregelung – hier in § 6 Abs. 5 geregelt – bei Syndikusanwälten nach § 46b Abs. 3 BRAO vgl. Rz. 65 ff.). Bei entsprechender Zulassung des Betroffenen als Syndikus-Rechtsanwalt war nunmehr eine Subsumtion unter § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und damit eine Befreiung von der Versicherungspflicht möglich. Mit § 231 Abs. 4b hat der Gesetzgeber zudem eine Übergangsregelung geschaffen, mit der unter bestimmten Voraussetzungen eine rückwirkende Befreiung ermöglicht wurde, regelmäßig ab dem 1.4.2014 und unter weiteren Voraussetzungen auch für noch frühere Zeiträume. Nach § 231 Abs. 4b Satz 6 musste der Antrag auf rückwirkende Befreiung allerdings bis zum Ablauf des 1.4.2016 gestellt werden. Diese Rechtsentwicklung hat das BVerfG zum Anlass genommen, das Rechtsschutzbedürfnis für die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des BSG im Verfahren B 5 RE 9/14 R zu verneinen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 19.6.2016, 1 BvR 2584/14; ebenso hinsichtlich der Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil im Verfahren B 5 RE 13/14 R, Beschluss v. 22.7.2016, 1 BvR 2534/14).

 

Rz. 13a

Im Nachgang hierzu entstand die weitere Streitfrage, ob die auf der Grundlage des ab dem 1.1.2016 geltenden Rechts ergangenen Befreiungsentscheidungen (bzw. etwaige Ablehnungen) nach § 96 Abs. 1 SGG zum Gegenstand anhängiger Verfahren wurden, deren jeweils gegenständlicher Bescheid noch nach altem Recht ergangen war. Diese Streitfrage hat das BSG inzwischen dahingehend entschieden, dass die neuen Entscheidungen nicht zum Gegenstand der alten Verfahren werden (BSG, Beschluss v. 22.3.2018, B 5 RE 12/17 B; BSG, Urteil v. 28.6.2018, B 5 RE 2/17 R). In den alten Verfahren, in denen Syndikusanwälte noch unter der geltenden 4-Kriterien-Theorie Klagen gegen die Weigerung der Befreiung einlegte, kommt heute daher eine Kostenübernahme durch den Rentenversicherungsträger nicht in Betracht; § 193 SGG. Die Entscheidung über die Kostentragungsverpflichtung erfolgt nach billigem Ermessen (vgl. BSG, Beschlüsse v. 18.1.1975, 6 RKa 7/56 und v. 25.5.1957, 6 RKa 16/54, sowie Urteil v. 20.6.1962, 1 RA 66/59; LSG Hessen, Beschlüsse v. 10.2.1992, L 5 B 117/91; v. 28.4.1993, L 5 VB 1180/90; v. 30.3.1994, L 13 B 17/93; v. 30.1.1996, L 4 B 24/95; v. 13.5.1996, L 5 B 64/94; v. 28.9.2001, L 14 B 94/97 KR m. w. N.); wobei die Erfolgsaussichten für die Rechtsmittel sowie das Veranlasserprinzip zu berücksichtigten sind. Erfolgsaussichten für Rechtsmittel gegen Ablehnungsbescheide auf Befreiung noch unter der Geltung der sogenannten "4-Kriterien-Theorie" waren nicht gegeben, da eine anwaltliche – und damit der Befreiung zugängliche Tätigkeit – ausgeschlossen ist, soweit der Betroffene in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu einem sei­nerseits nicht anwaltlichen Arbeitgeber steht (B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R und B 5 RE 13/14 R; dokumentiert insbesondere BSG, Urteil v. 3.4.2014, B 5 RE 13/14 R). Auch das Veranlasserprinzip spricht nicht für die Kostenübernahme durch die Rentenversicherung; die Ablehnung des Befreiungsantrags stellt keine Ursache für einen vermeidbaren Prozess dar. Die Entscheidung der Rentenversicherung über die ursprüngliche Ablehnung der Befreiung war weder ergebnisoffen, noch war diese Entscheidung damit mitursächliche Veranlassung zur Klageerhebung (vgl. zur anderen abzulehnenden Ansicht stellv.: Bay. LSG, Beschluss v. 7.1.2019, L 6 R 87/16, Rz. 9). Bei den Entscheidungen des BSG war bereits maßgeblich, dass die Befreiung gerade nur für die Tätigkeit erteilt werden kann, "wegen" der jemand Mitglied i...

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