Rz. 7

Soweit eine verstorbene versicherte Person im Zeitpunkt ihres Todes Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hatte, kann nach Abs. 5 bei Berechnung von nachfolgenden Hinterbliebenenrenten eine Zurechnungszeit nur in dem Umfang berücksichtigt werden, wie sie in der vorangegangenen Erwerbsminderungsrente angerechnet worden ist. Diese Begrenzungsregelung zum Endzeitpunkt der anzurechnenden Zurechnungszeit bei Hinterbliebenenrenten korrespondiert mit der in § 59 Abs. 3 enthaltenen Ausschlussregelung, die ebenfalls durch das RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz v. 28.11.2018 (BGBl. I S. 2016) mit Wirkung zum 1.1.2019 in Kraft getreten ist. Nach § 59 Abs. 3 kann eine Zurechnungszeit bei der Berechnung von Hinterbliebenenrenten nicht berücksichtigt werden, wenn die verstorbene versicherte Person bereits eine vorzeitige Altersrente bezogen hatte.

Nach der Gesetzesbegründung zu Abs. 5 wäre es nicht gerechtfertigt, wenn in einer von der Erwerbsminderungsrente abgeleiteten Hinterbliebenenrente für die Bestimmung des Endzeitpunkts einer anzurechnenden Zurechnungszeit ein wesentlich höheres Lebensalter zugrunde gelegt würde als bei der vorangegangenen Erwerbsminderungsrente (Vgl. BT-Drs. 19/4668 v. 1.10.2018, S. 36).

Bei Tod einer versicherten Person ist für eine Hinterbliebenenrente deshalb zunächst die Zurechnungszeit zu ermitteln, die nach § 59 Abs. 1 bis 3, § 253a Abs. 1 bis 3 zu berücksichtigen wäre. Soweit die verstorbene versicherte Person im Zeitpunkt ihres Todes Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hatte, ist festzustellen, bis zu welchem Lebensalter eine Zurechnungszeit bei Berechnung dieser Rente anzurechnen gewesen ist; ggf. ist das Ende der Zurechnungszeit für die Berechnung der Hinterbliebenenrente auf diesen Zeitpunkt zu begrenzen (Abs. 5).

Nach Rechtsauslegung der Träger der Deutschen Rentenversicherung ist Abs. 5 auch anzuwenden, wenn die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor dem 1.1.2019 begonnen hat. Das Gleiche gilt, wenn die versicherte Person erst nach dem 31.12.2030 verstorben ist und der Beginn der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor dem 1.1.2031 liegt (vgl. Auslegungsfragen 87 und 89 der Deutschen Rentenversicherung zum RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz v. 28.11.2018, BGBl. I S. 2016).

 
Praxis-Beispiel
 
Geburtstag des Versicherten 4.5.1975
Eintritt von voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 Satz 2) 5.1.2015
Bezug der Rente wegen voller Erwerbsminderung 1.8.2015 – 30.9.2019

Bei der Berechnung der Rente wegen voller Erwerbsminderung wurde die Zeit vom Eintritt der Erwerbsminderung am 5.1.2015 bis zur Vollendung des 62. Lebensjahres des Versicherten am 3.5.2037 (= 269 KM) gemäß § 59 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 2 (i. d. F. v. 1.7.2014 bis 31.12.2017) als Zurechnungszeit angerechnet.

 
Tod des Versicherten 15.9.2019
Beginn der großen Witwenrente (§ 46 Abs. 2) 1.10.2019

Lösung:

Der am 4.5.1975 geborene Versicherte ist vor Vollendung seines 67. Lebensjahres (Vollendung des 67. Lebensjahres = 3.5.2042 gemäß § 26 SGB X, § 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB) gestorben, so dass gemäß § 59 Abs. 1 (i. d. F. ab 1.1.2019) bei Berechnung der großen Witwenrente (§ 46 Abs. 2) eine Zurechnungszeit anzurechnen ist. Der zeitliche Umfang der Zurechnungszeit ist grundsätzlich nach § 59 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 253a Abs. 2 zu bestimmen, weil der Versicherte im Jahr 2019 gestorben ist.

Danach beginnt die Zurechnungszeit mit dem Todestag des Versicherten am 15.9.2019 (§ 59 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3) und endet gemäß § 253a Abs. 2 mit dem Zeitpunkt, der sich ergibt, wenn der Vollendung des 65. Lebensjahres des Versicherten 8 Monate hinzugerechnet werden.

 
Geburtstag des Versicherten 4.5.1975
Vollendung des 65. Lebensjahres 3.5.2040
+ 8 Monate 3.1.2041

Bei Berechnung der Hinterbliebenenrente könnte somit grundsätzlich die Zeit vom 15.9.2019 bis zum 3.1.2041 als Zurechnungszeit angerechnet werden. Da der verstorbene Versicherte allerdings im Zeitpunkt seines Todes Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2) hatte, in der eine Zurechnungszeit lediglich bis zum 3.5.2037 (= Vollendung des 62. Lebensjahres gemäß § 59 Abs. 2 Satz 2 i. d. F. v. 1.7.2014 bis 31.12.2017) angerechnet worden ist, ist das Ende der Zurechnungszeit auch bei Berechnung der großen Witwenrente (§ 46 Abs. 2) auf den 3.5.2037 zu datieren (Abs. 5). Der nach Abs. 2 ermittelte zeitliche Umfang der Zurechnungszeit ist insoweit zu begrenzen.

In Anwendung von § 59 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 253a Abs. 2 und 5 ergibt sich damit für die Berechnung der Hinterbliebenenrente eine Zurechnungszeit vom 15.9.2019 bis zum 3.5.2037 (= 213 KM).

Beachte:

Darüber hinaus ist die Versichertenrentenbezugszeit vom 1.8.2015 bis zum 14.9.2019 sowie die vor dem Rentenbeginn liegende Zurechnungszeit vom 5.1.2015 bis zum 31.7.2015 bei der Berechnung der Hinterbliebenenrente als Anrechnungszeit gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 zu berücksichtigen, die ebenso wie die Zurechnungszeit mit dem vollen Gesamtleistungswert f...

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