Rz. 29

Für das Geldinstitut besteht nach Abs. 3 Satz 3 keine Verpflichtung zur Rücküberweisung einer zu Unrecht gezahlten Geldleistung, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde. Ausnahmen bestehen, wenn die Rücküberweisung trotz der bereits vorgenommenen Verfügung aus einem noch bestehenden Guthaben erfolgen kann oder wenn die Rente auf ein im Soll stehendes Konto überwiesen wurde und eine Verfügung dieses Soll noch erhöht hat.

 

Rz. 30

Als "anderweitige Verfügung" ist jedes abgeschlossene bankübliche Zahlungsgeschäft zulasten des Kontos des Leistungsempfängers anzusehen, durch das sich eine verfügungsberechtigte Person des Kontos bedient, um eine Zahlung oder Auszahlung zu bewirken. Eine "anderweitige Verfügung" liegt auch vor, wenn das Geldinstitut nach dem Tod des Leistungsberechtigten eine von diesem noch zu Lebzeiten zur Einziehung erteilte Lastschrift abbucht. Haben weitere Gutschriften im Zeitpunkt der Rückforderung zu einem Haben-Saldo geführt, hat das Geldinstitut den Betrag an den Rentenversicherungsträger zurück zu überweisen, und zwar selbst dann, wenn das Konto des verstorbenen Leistungsberechtigten zwischenzeitlich ein Soll-Saldo ausgewiesen hatte.

 
Praxis-Beispiel

Tod eines Versicherten am 30.3.2022; die Rente wurde gemäß § 272a Abs. 1 vorschüssig gezahlt.

 
Kontostand   Soll 900,00 EUR
Rentenzahlung für 04/2022 am 31.3.2022   800,00 EUR
Kontostand am 31.3.2022 Soll 100,00 EUR
Lastschrift am 6.4.2022   1.000,00 EUR
Kontostand am 6.4.2022 Soll 1.100,00 EUR
Gutschrift (Steuerrückerstattung) am 9.4.2022   4.000,00 EUR
Kontostand am 9.4.2022 Haben 2.900,00 EUR
Kontostand bei Zugang des Rückforderungsersuchens am 15.4.2022 Haben 2.900,00 EUR

Lösung:

Das Geldinstitut ist verpflichtet, die überzahlte Rente in Höhe von 800,00 EUR dem Rentenversicherungsträger zurückzuerstatten, da das Konto im Zeitpunkt des Rückforderungsersuchens ein Haben-Saldo aufweist, das mindestens dem Rückforderungsanspruch entspricht.

Geldinstitute können sich auch dann darauf berufen, durch entsprechende rückzahlungsmindernde Verfügungen entreichert worden zu sein (Abs. 3 Satz 3), wenn diese durch verfügungsberechtigte – auch unbekannte – Personen vorgenommen wurden (z. B. durch Geldabhebungen am Geldautomaten vom Konto des Leistungsberechtigten nach seinem Tod mittels EC-Karte und Geheimzahl).

 

Rz. 31

Das Geldinstitut darf allerdings den für Zeiten nach dem Tod eines Leistungsberechtigten zu Unrecht gezahlten Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden, da die Geldleistungen des Rentenversicherungsträgers nach Abs. 3 Satz 1 insoweit lediglich unter Vorbehalt erbracht wurden (Abs. 3 Satz 4).

 

Rz. 32

Maßgebender Zeitpunkt für die anderweitige Verfügung ist nicht die Auftragserteilung, sondern die Ausführung der Verfügung durch das Geldinstitut. Solange der Rentenversicherungsträger/Postrentendienst die Geldleistung nicht zurückgefordert hat, ist das Geldinstitut grundsätzlich verpflichtet Verfügungen berechtigter Personen auszuführen. Nach dem Todesmonat des Leistungsberechtigten hat das Geldinstitut zu Unrecht erbrachte Geldleistungen nur aus einem Guthaben des Überweisungskontos und nicht etwa aus Guthaben auf weiteren bei ihm bestehenden Konten des verstorbenen Berechtigten zurückzuüberweisen (BSG, Urteil v. 1.9.1999, B 9 V 6/99 R). Für die Rücküberweisung der zu Unrecht gezahlten Geldleistungen an den Rentenversicherungsträger/Postrentendienst steht dem Geldinstitut kein Anspruch auf Kostenersatz zu.

Unabhängig davon, ob die Ausführung der anderweitigen Verfügung bereits vor oder nach Zugang des Rückforderungsersuchens erfolgte, werden Geldinstitute nicht von der Pflicht der Rücküberweisung befreit, wenn es Verfügungen von nicht kontoverfügungsberechtigten Dritten zugelassen hat (BSG, Urteil v. 9.12.1998, B 9 V 48/97 R).

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