2.1 Begriff

 

Rz. 2

Bei einer Satzung handelt es sich um einen Rechtsetzungsakt selbständiger staatlicher Verwaltungsträger zur hoheitlichen Regelung der eigenen Angelegenheiten. Verpflichtet werden dadurch nur diejenigen Personen, die dem mit Autonomie ausgestatteten Träger angehören (BVerfGE 10 S. 49). Obwohl die Satzung von der Vertreterversammlung bzw. dem Verwaltungsrat, also dem sog. Legislativorgan erlassen wird, stellt sie gegenüber dem formellen Gesetz Exekutivrecht dar; denn sie wird nicht von einem Gesetzgebungsorgan i. S. v. Art. 20 Abs. 2 GG, sondern von selbständigen Verwaltungsorganisationen erstellt. Eine Satzung ist dem Gesetz in seiner Rechtsqualität untergeordnet, so dass bei einem Konflikt mit einem Gesetz Nichtigkeit der Satzungsvorschrift vorliegt.

2.2 Zustandekommen der Satzung

 

Rz. 3

Die Versicherungsträger geben sich eine Satzung durch Beschluss des für die Setzung autonomen Rechts zuständigen Organs. Dies ist die Vertreterversammlung bzw. bei den in § 31 Abs. 3a genannten Krankenversicherungsträgern der Verwaltungsrat (§ 33 Abs. 1). Dabei ist jedoch der maßgebliche Einfluss des Vorstandes in der Praxis zu beachten, da der Satzungsentwurf von diesem Selbstverwaltungsorgan erarbeitet wird. Bei der Gründung von Innungs- oder Betriebskrankenkassen wird ein solcher Fremdeinfluss noch deutlicher, da die Satzung dann von der Handwerksinnung bzw. dem Arbeitgeber geschaffen wird (§ 148 Abs. 3, § 158 Abs. 3 SGB V). Der Inhalt der Satzung richtet sich in erster Linie nach der Ermächtigungsnorm, durch die die autonome Satzungsbefugnis bestimmt wird. Nur soweit dadurch keine Begrenzung vorgenommen wird, besteht die Möglichkeit, alle Angelegenheiten, die zum Aufgabenbereich gehören, mittels Satzung zu regeln. Die Beschränkung der Satzungsbefugnis auf alle Angelegenheiten, die zum Aufgabenbereich gehören, ergibt sich aus allgemeinen Grundsätzen, da das Selbstverwaltungsrecht der Versicherungsträger sich nur auf den Aufgabenbereich bezieht und deshalb jede Ermächtigungsnorm in diesem Sinne auszulegen ist.

2.3 Genehmigung

 

Rz. 4

Die Satzung bedarf der Genehmigung durch die zuständige Behörde. Diese wird jeweils durch die besonderen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige bestimmt (z. B. § 195 Abs. 1 SGB V, § 114 Abs. 2 SGB VII, § 47 Abs. 2 SGB XI, § 51 ALG) und ist in den meisten Fällen – jedoch nicht immer – die Aufsichtsbehörde des betreffenden Versicherungszweiges (§ 90). Der Genehmigung bedarf auch jede Änderung der Satzung, weil sie inhaltlich eine neue Satzung schafft.

 

Rz. 5

Die Genehmigung ist keine Maßnahme der Rechtsaufsicht, sondern ein staatliches Mitwirkungsrecht, was sich insbesondere dann zeigt, wenn Genehmigungsbehörde und Aufsichtsbehörde differieren (z. B. bei der DRV Bund – Bundesministerium – Bundesversicherungsamt). Umstritten ist allerdings, ob dabei neben der Rechtmäßigkeit auch die Zweckmäßigkeit überprüft wird. Bei einer Abwägung zwischen der staatlichen (kontrollierenden) Mitwirkung und dem Gestaltungsrecht der Selbstverwaltung ist auch unter Berücksichtigung der Regelungen in § 70 Abs. 2a bis 5, § 71 Abs. 3, die eine reine Rechtmäßigkeitsprüfung der Genehmigungsbehörde vorsehen, dem eigenverantwortlichen Selbstverwaltungsrecht der Vorzug zu geben (so BSG, SozR 3-3300 § 47 Nr. 1; VerbKomm., § 34 Rz. 4; Hauck, § 34 SGB IV, Rz. 9; a. A. Maier, in: KassKomm. SGB IV, § 34 Rz. 9). Die Rechtsprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob die Satzung verfahrensmäßig ordnungsgemäß zustande gekommen ist, den erforderlichen Mindestinhalt hat und nicht gegen höherrangiges Recht verstößt (Pohl, in: Kreikebohm, SGB IV, § 34 Rz. 6). Die Ablehnung der Genehmigung ist ein – anfechtbarer – Verwaltungsakt. Die Verpflichtungsklage kann ohne Vorverfahren erhoben werden.

2.4 Bekanntmachung

 

Rz. 6

Die vorgeschriebene öffentliche Bekanntmachung der Satzung und sonstigen autonomen Rechts des Versicherungsträgers hat insbesondere Bedeutung für das Wirksamwerden dieser Rechtsnormen. Damit wird dem Rechtsstaatsprinzip Rechnung getragen, das eine Veröffentlichung von Rechtsvorschriften verlangt. Die Wirksamkeit beginnt erst mit dem auf die Bekanntmachung folgenden Tage, wenn nicht die Satzung ausdrücklich einen späteren Zeitpunkt bestimmt. Die Art ihrer Bekanntmachung – z. B. durch Tagespresse, Bundesanzeiger, Amtsblatt, Fachblätter usw. – bestimmt die Satzung selbst. Es ist auch zulässig, dass die Satzung wahlweise die Bekanntmachung in mehreren Zeitschriften oder durch Zeitschrift oder Aushang vorsieht (OVG Münster, NJW 1966 S. 1575). Die Bekanntgabe im Bundesanzeiger und auf einer geeigneten Internetseite ist ebenfalls ausreichend (LSG Sachsen, Urteil v. 6.12.2012, L 1 KR 172/11). Bei der Bekanntmachung muss das gesamte Regelungswerk veröffentlicht werden; eine bloße Information des betroffenen Personenkreises reicht nicht aus (a. A. LAG Hamburg, Urteil v. 30.9.2003, 3 Sa 56/02, wonach ein Hinweis in der Bekanntmachung auf die Möglichkeit der Einsichtnahme des Textes in der Geschäftsstelle genügen soll). Die Bestimmungen über die Bekanntgabe der Satzung gelten gleichermaßen auch für ...

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