0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 18.7.2016 (BGBl. I S. 1679) ist die Vorschrift mit Wirkung zum 1.1.2017 eingefügt worden.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift regelt ein schon seit längerer Zeit praktiziertes Verwaltungshandeln. Die gesetzgeberische Regelung ist deshalb zu begrüßen, um Rechtsklarheit zu erreichen. In vielfältiger Weise werden automatische Einrichtungen als Hilfsmittel auch beim Erlass von Verwaltungsakten eingesetzt. Die Verwendung moderner Informationstechnik nimmt stetig zu, zugleich werden die verfügbaren Systeme immer leistungsfähiger, so dass inzwischen auch ein vollständig automatisierter Erlass von Verwaltungsakten technisch möglich und rechtlich vertretbar ist. Satz 1 deshalb stellt klar, dass es sich auch hierbei um Verwaltungsakte handelt, so dass die Vorschriften über Verwaltungsakte anwendbar sind. Daran könnten sonst Zweifel bestehen, da nach der Begriffsbestimmung in § 31 die den Verwaltungsakt charakterisierende Entscheidung oder Feststellung regelmäßig die Willensbetätigung eines Menschen voraussetzt. Beim Einsatz vollautomatischer Systeme fehlt es aber an einer Willensbetätigung im jeweiligen Einzelfall, diese wird vielmehr bei der Programmierung des Systems gleichsam vorweggenommen. Satz 2 bestimmt gleichzeitig, dass auch beim Einsatz automatischer Einrichtungen der Untersuchungsgrundsatz besteht, soweit Angaben des Beteiligten dies erfordern.

2 Rechtspraxis

 

Rz. 3

Durch Satz 1 der Vorschrift wird klargestellt, dass ein Verwaltungsakt vollständig durch automatische Einrichtungen erlassen werden kann, soweit kein Anlass besteht, den Einzelfall durch Amtsträger zu bearbeiten. Eine Bearbeitung durch einen Amtsträger ist z. B. zwingend, wenn das anzuwendende materielle Reche eine Ermessensentscheidung oder einen Beurteilungsspielraum vorsieht oder wenn die Subsumtion unter einen konkreten Tatbestand nicht durch automatische Einrichtungen erfolgen kann. In Abgrenzung zu dem Erlass eines Verwaltungsakts mit Hilfe automatischer Einrichtungen nach § 33 Abs. 5 erfolgt bei dem vollautomatischen Erlass eines Verwaltungsakts keine Einzelentscheidung eines Sachbearbeiters der Behörde. Denkbar ist z. B. eine maschinelle Anpassung laufender Sozialleistungen der Höhe nach, in einer Vielzahl von gleichgelagerten Einzelfällen. Auch bei vollautomatisch erlassenen Verwaltungsakten finden die übrigen Regelungen des SGB X, die ein rechtsstaatliches Verfahren gewährleisten, Anwendung. Es gilt der Untersuchungsgrundsatz und von einer Anhörung kann nur unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 abgesehen werden (BT-Drs. 18/8434 S. 120 f.).

 

Rz. 4

Der Einsatz automatischer Einrichtungen beim Erlass von Verwaltungsakten dient der Verfahrensbeschleunigung und Kostenreduzierung, weil vor allem einfach strukturierte Verfahren mit geringerem Aufwand schnell erledigt werden können. Automatische Verfahren erfordern einen hohen Grad an Schematisierung. Individuelle Fallkonstellationen können von einem automatisierten Prüfraster nur berücksichtigt werden, wenn sie bei der Einrichtung des jeweiligen Systems antizipiert werden können. Das birgt die Gefahr, dass bei unvorhergesehenen Fallgestaltungen falsche Ergebnisse erzielt werden. Durch Satz 2 wird deshalb im Sinne des Untersuchungsgrundsatzes klargestellt, dass für den Einzelfall bedeutsame tatsächliche Angaben des Betroffenen Berücksichtigung finden müssen. Zugleich stellt die Vorschrift die Effizienz des Einsatzes automatischer Einrichtungen dadurch sicher, dass nicht jedweder individuelle Vortrag zu einer Aussteuerung und Einzelfallprüfung führen muss. Bei individuellem Einzelvortrag muss demnach eine Aussteuerung und – je nach Relevanz für das Verfahren – eine weitere Bearbeitung außerhalb des automatisierten Verfahrens erfolgen oder es kann eine Rückführung in dieses erfolgen (BT-Drs., a. a. O. S. 121).

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