Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Ruhen wegen Entlassungsentschädigung. Verkürzung des Ruhenszeitraums. keine analoge Anwendung des § 143a Abs 2 S 2 Nr 3 SGB 3 bei außerordentlicher fristloser Kündigung des Arbeitnehmers. Kündigungsfrist. Verbot der Altersdiskriminierung. Probezeit

 

Leitsatz (amtlich)

§ 143a Abs 2 S 2 Nr 3 SGB 3 aF ist, wenn der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grunde - hier: Mobbing - ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können, nicht analog anzuwenden.

 

Normenkette

SGB III a.F. § 143a; BGB § 622 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, S. 2, Abs. 3, § 628 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 8. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Entlassungsentschädigung im Zeitraum 1. März 2009 bis 31. August 2009.

Der 1966 geborene Kläger war ab 8. Dezember 1986 bei der JB. e.G., früher Molkerei Union JA. e.G., am Standort A-Stadt beschäftigt. Die JB. e.G. schloss im Zuge einer Umstrukturierung zum 30. Juni 2008 den Standort A-Stadt. Mit dem Betriebsrat wurde am 16. November 2007 ein Sozialplan und Interessenausgleich vereinbart. Der Interessenausgleich sieht vor, dass den Arbeitnehmern am Standort A-Stadt betriebsbedingt gekündigt wird, jedoch vor Ausspruch der Kündigung eine Weiterbeschäftigung innerhalb der JB. e.G. Unternehmensgruppe geprüft wird. Der Sozialplan regelt im einzelnen die Beschäftigungsangebote in der JB. Unternehmensgruppe und die Berechnung und Zahlung der Abfindung bei Ablehnung der Beschäftigung in einem anderen Betrieb der JB. Unternehmensgruppe und beim Ausscheiden aus dem Betrieb nach Arbeitsplatzwechsel binnen neun Monaten bei Eigenkündigung und binnen sechs Monaten bei betriebsbedingter Kündigung durch den Arbeitgeber (§ 2 Nr. 3 d sechster und siebter Spiegelstrich des Sozialplans).

Dem Kläger wurde von der JB. e.G. mit Schreiben vom 27. November 2007 zum 30. Juni 2008 gekündigt und eine Abfindung gemäß Soziaplan vom 16. November 2007 für den Verlust des Arbeitsplatzes zugesagt. Noch während des Laufs der Kündigung wurde dem Kläger mit Schreiben vom 18. April 2008 die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses am Standort Q-Stadt angeboten. Dieses Angebot hat der Kläger angenommen und ab 16. Juni 2008 am Arbeitsort Q-Stadt gearbeitet. In einem Schreiben der JB. e.G. vom 3. Juni 2008 wird u.a. festgehalten: “Innerhalb der ersten neun Monate nach der Versetzung hat der/die Mitarbeiterin sowie der Arbeitgeber innerhalb der ersten sechs Monate das Recht zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses unter Wahrung der Zahlung einer Abfindung gemäß Sozialplan vom 16. November 2007„.

Der Kläger kündigte sein Arbeitsverhältnis am 9. Februar 2009 zum 28. Februar 2009. Gemäß der Arbeitsbescheinigung der JB. Milchindustrie GmbH, dem Tochterunternehmen, an dem nach der gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung die JB. eG mehrheitlich beteiligt ist, wurde ihm nach 22-jähriger Betriebs-/Unternehmenszugehörigkeit eine Abfindung laut Sozialplan in Höhe von 64.366,58 € ausbezahlt.

Der Kläger meldete sich am 2. März 2009 zum 7. März 2009 bei der Beklagten arbeitslos. Mit Bewilligungsbescheid vom 6. April 2009 wurde dem Kläger Arbeitslosengeld bewilligt ab 1. September 2009. Mit weiterem Bescheid vom 6. April 2009 stellte die Beklagte ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bis zum 31. August 2009 fest. Dabei wurde der Berechnung des Ruhenszeitraums eine ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers von sechs Monaten, eine Unternehmenszugehörigkeit von über 20 aber unter 25 Jahren, ein Lebensalter ab 40, aber unter 45 Jahren und ein Arbeitsentgelt während der letzten Beschäftigungszeit von 40.351,81 €, somit ein Entgelt pro Kalendertag von 110,55 €, zugrunde gelegt. Weil der Ruhenszeitraum berechnet nach der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers von sechs Monaten bis zum 31. August 2009 für den Kläger günstiger war als der sich nach § 143a Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) in der vom 1. Januar 2005 bis 31. März 2012 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) errechnende Ruhenszeitraum bis zum 19. September 2009, wurde ersterer dem Ruhensbescheid zugrunde gelegt.

Der Kläger erhob am 20. April 2009 gegen beide Bescheide vom 6. April 2009, die ein identisches Geschäftszeichen tragen, Widerspruch und machte unter Vorlage einer detaillierten Aufstellung von Vorfällen geltend, er sei an der neuen Arbeitsstätte Q-Stadt ab Oktober 2009 intensiv, auch durch seine Vorgesetzten, gemobbt worden. Zum Nachweis der Tatsache, dass eine Weiterbeschäftigung an diesem Arbeitsplatz zu irreversiblen Gesundheitsschäden geführt hätte, legte er eine ärztliche Stellungnahme des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. WW. vom 9. März 2009 vor und machte geltend, vor di...

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