keine Angaben zur Rechtskraft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsratswahl. Anfechtung. Wahlvorschlag. Frist

 

Leitsatz (amtlich)

Der Wahlvorstand ist nicht berechtigt, die Frist für die Einreichung von Wahlvorschlägen auf eine bestimmte Uhrzeit des letzten Tages der Frist (hier: 12 Uhr mittags) zu begrenzen. Ob eine Begrenzung auf das Arbeitsende der überwiegenden Zahl der Mitarbeiter rechtswirksam ist, konnte offenbleiben, da maßgebliche Teile der Belegschaft in 24-Stunden-Wechselschicht arbeiteten.

 

Normenkette

BetrVG § 19; WO § 6 Abs. 1, § 41; BGB § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Beschluss vom 23.01.2006; Aktenzeichen 1 BV 13/05)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 7) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach vom 23. Januar 2006 – 1 BV 13/05 – abgeändert.

Die Betriebsratswahl vom 14. und 15. April 2005 wird für ungültig erklärt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Rechtswirksamkeit einer Betriebsratswahl.

Die zu 9) beteiligte Arbeitgeberin ist die deutsche Niederlassung eines internationalen Logistikunternehmens mit Sitz in A. Sie beschäftigt mehr als 700 Arbeitnehmer. Aufgrund arbeitsgerichtlicher Auflösung des Betriebsrats fanden am 14. / 15. April 2005 Neuwahlen statt. Die Bekanntmachung des Wahlergebnisses erfolgte am 22. April 2005. Die Beteiligten zu 1) bis 7), zum Teil Mitglieder des ehemaligen Betriebsrats, haben die Wahl des neu gewählten Betriebsrats (Beteiligter zu 8) mit am 6. Mai 2005 beim Arbeitsgericht eingegangener Antragsschrift angefochten.

Im Wahlausschreiben war als Frist für die Einreichung von Wahlvorschlägen der 16. März 2005, 12.00 Uhr angegeben. Herr B rief an diesem Tag um 11.40 Uhr beim Wahlvorstand an und wollte seine Liste am C statt beim Wahlvorstand abgeben. Ihm wurde mitgeteilt, dass er die Liste bis 12.00 Uhr per Telefax beim Wahlvorstand einreichen könne. Die Liste ging um 12.20 Uhr per Fax ein. Es fehlten zwei Stützunterschriften. Der Wahlvorstand ließ die Liste nicht zu.

Die Antragsteller haben die Wahl für ungültig gehalten, u.a., weil der Wahlvorstand den Betriebsbegriff verkannt habe. Die Betriebsstätten D, E, F und G seien selbständige Betriebe. Ferner seien im Verteilerzentrum (HUB) am C 58 Arbeitnehmer beschäftigt, die nicht auf der Wählerliste gestanden hätten, obwohl es sich bei ihnen um Leiharbeitnehmer der Fa. H handele. Diese erhielten ihre Weisungen direkt von Arbeitnehmern der Beteiligten zu 9). Das Wahlausschreiben sei zudem nicht in allen Bereichen ausgehängt gewesen und enthalte unrichtige Fristen über die Einreichung von Einsprüchen und Wahlvorschlägen. Die Fristen müssten um Mitternacht enden, da der HUB ein 24-Stundenbetrieb sei. Eine große Zahl ausländische Arbeitnehmer, die große Probleme hätten, sich in deutscher Sprache zu verständigen, seien nicht ausreichend über das Wahlverfahren informiert worden. Das Wahlausschreiben hätte mindestens in die Sprachen Türkisch, Persisch, Spanisch und Portugiesisch übersetzt werden müssen.

Die Beteiligten zu 1) bis 7) haben beantragt,

die Wahl des Betriebsrats bei der Beteiligten zu 9) vom 14. und 15. April 2005 für rechtsungültig zu erklären.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin stellte keinen Antrag.

Der Betriebsrat ist der Auffassung gewesen, die Betriebsteile F, A/I, G, C und E seien unselbständige Teile des Hauptbetriebes. Sie seien weder räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt noch eigenständig. Sie hat behauptet, die Mitarbeiter der H GmbH erbrächten im Rahmen eines Werkvertrages Serviceleistungen. Das Wahlausschreiben sei auch im Gebäude des Betriebsteils C ausgehängt worden. Die Mitarbeiter verfügten über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse. Der letzte Tag der Frist sei richtig angegeben. Eine fehlerhafte Fristberechnung hätte sich abgesehen davon nicht ausgewirkt.

Die Arbeitgeberin hat vorgetragen, der Wahlvorstand habe davon ausgehen dürfen, die Mitarbeiter hätten ausreichende deutsche Sprachkenntnisse. Bei der Einstellung werde auf deutsche Sprachkenntnisse geachtet. Offizielle betriebliche Mitteilungen würden in deutscher Sprache verfasst.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Das Arbeitsgericht Offenbach am Main hat den Antrag durch Beschluss vom 23. Jan. 2006 – 1 BV 13/05 – zurückgewiesen, weil keine Wahlanfechtungsgründe vorlägen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Beschlussgründe verwiesen.

Gegen den ihnen am 26. Jan. 2006 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 8. Febr. 2006 Beschwerde eingelegt, die sie am 27. März 2006, einem Montag, begründet haben.

Die Beteiligten zu 1) bis 7) sind unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin der Auffassung, die Wahl sei ungültig. Die Annahme des Arbeitsgerichts, es sei lebensfremd, binnen zwöl...

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