Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Zulässigkeit eines Antrags auf Unterlassung des Ausspruchs von betriebsverfassungsrechtlichen Abmahnungen. Verletzung der Geheimhaltungspflicht kein automatisch schwerwiegender Verstoß

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Institut der betriebsverfassungsrechtlichen Abmahnung ist unzulässig.

 

Normenkette

BetrVG § 23 Abs. 1, § 78; BGB §§ 242, 1004; ArbGG § 92 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Beschluss vom 27.02.2019; Aktenzeichen 8 BV 11/18)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 27. Februar 2019 – 8 BV 11/18 – wird zurückgewiesen.

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 3 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 27. Februar 2019 – 8 BV 11/18 – teilweise abgeändert:

Der Beteiligten zu 2 wird aufgegeben, die dem Beteiligten zu 3 unter dem 22. Juni 2018 ausgesprochene betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung aus den Akten zur Zusammenarbeit und Korrespondenz mit dem Betriebsrat ersatzlos zu entfernen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über eine betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung.

Der Arbeitgeber (Beteiligte zu 2) ist ein auf dem Gebiet des Hard- und Softwarevertriebs tätiges Unternehmen und beschäftigt im Betrieb in A etwa 270 Arbeitnehmer. Dort ist ein aus 9 Mitgliedern bestehender Betriebsrat (Antragsteller) gebildet, dem der Beteiligte zu 3 angehört.

Mit Schreiben vom 22. Juni 2018 erteilte der Arbeitgeber dem Beteiligten zu 3 eine betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung; insoweit wird auf Bl. 17-21 der Akte Bezug genommen. Darin wird unter anderem folgendes mitgeteilt:

„Am 19. Dezember 2017 fand eine Sitzung des Wirtschaftsausschusses der B (im Folgenden: „B“) statt, an der Sie als Mitglied das Wirtschaftsausschusses und Betriebsrats teilnahmen. In dieser Sitzung informierte B den Wirtschaftsausschuss über geplante Änderungen in den C sowie D. Die Präsentation zu dieser Information fügen wir als Anlage bei (im Folgenden: „Präsentation“). Diese Anlage ist inhaltlicher Bestandteil dieser Abmahnung. Gegenstand der Unterrichtung war insbesondere ein geplanter Abbau von 3 Arbeitsplätzen in E, einem Arbeitsplatz in F, einem Arbeitsplatz in G und einem Arbeitsplatz in H (siehe insbesondere Slide 5 der Präsentation). Die Information des Wirtschaftsausschusses und der Betriebsräte am 19. Dezember 2017 war vertraulich. Auf diese Vertraulichkeit wurde auf Slide 3 der Präsentation auch ausdrücklich hingewiesen: B – Confidential Highly Restricted (…). Im März 2018 teilte B dem Wirtschaftsausschuss und den Betriebsräten ebenfalls vertraulich mit, dass die geplante Umstrukturierung nicht mehr erfolgen werde.

Am 2. Mai 2018 fand ein Gespräch zu einem betrieblichen Eingliederungsmanagement für I statt, an dem neben Ihnen in ihrer Eigenschaft als Betriebsratsmitglied auch J (HR Generalist) und K (für die Schwerbehindertenvertretung) teilnahmen. I ist seit dem 2. Mai 2018 Ersatzmitglied des Betriebsrats, war aber bis zum 2. Mai 2018 nicht als Betriebsrat oder im Wirtschaftsausschuss tätig.

Während des Gesprächs am 2. Mai 2018 berichteten Sie über die Inhalte der Wirtschaftsausschusssitzung vom 19. Dezember 2017, insbesondere dass B den Wirtschaftsausschuss und die lokalen Betriebsräte über einen Abbau informiert habe und dass dann ja auch ein Update gegeben worden sei, dass das Team E und I und die anderen Arbeitnehmer nicht mehr gefährdet seien. J war hiervon überrascht und irritiert, weil diese Planungen ausdrücklich als vertraulich deklariert worden waren. Erschwerend kommt hinzu, dass I von den beschriebenen Maßnahmen voraussichtlich auch persönlich betroffen gewesen wäre.

In dem Gespräch am 2. Mai 2018 haben sie durch die Preisgabe der vertraulichen Informationen zu den geplanten Änderungen gemäß der Präsentation beim Wirtschaftsausschuss am 19. Dezember 2017 gegen ihre Geheimhaltungspflichten gemäß §§ 79 Abs. 1, 107 Abs. 3 S. 4 BetrVG verstoßen. (…) Da diese betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung nur den Verstoß gegen ihre betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten betrifft, werden wir diese betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung nicht in ihre Personalakte aufnehmen. Wir werden diese betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung jedoch in den Akten zur Zusammenarbeit und Korrespondenz mit dem Betriebsrat ablegen.“

Hierzu haben der Beteiligte zu 3 mit Schreiben vom 2. Juli 2018 (Bl. 6 der Akte) und der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats mit Schreiben vom 10. Juli 2018 (Bl. 7, 8 der Akte) Stellung genommen.

Mit einem am 8. August 2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz hat sich der Betriebsrat gegen das Schreiben des Arbeitgebers vom 22. Juni 2018 gewandt.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und der gestellten Anträge wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Beschluss unter I. (Bl. 105, 105R der Akte) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge teils als unzulässig, teils als unbegründet zurückgewiese...

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