Entscheidungsstichwort (Thema)

Bildung einer Einigungsstelle wegen Interessenausgleich und Sozialplan. Scheitern der innerbetrieblichen Beilegung der Meinungsverschiedenheit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Jedem Beteiligten – Betriebsrat oder Arbeitgeber – steht es frei zu entscheiden, wann er die innerbetriebliche Beilegung einer Meinungsverschiedenheit in angemessener Zeit nicht mehr für erreichbar hält, das Scheitern der innerbetrieblichen Verhandlungen anzunehmen und dann die Bildung einer Einigungsstelle zu betreiben, wenn ernsthafte Verhandlungen stattgefunden haben und – insbesondere auch im Hinblick auf zeitliche Faktoren – die Annahme eines Scheiterns der Verhandlungen nicht ohne jeglichen Anlaß erfolgt.

2. Es bestehen keine Bedenken, auf entsprechende Antragserweiterung im Beschwerdeverfahren über die Erweiterung der Zuständigkeit der Einigungsstelle zu entscheiden oder eine weitere Einigungsstelle für einen anderen Gegenstand zu bilden, wenn die Gegenseite eingewilligt hat oder das sachdienlich erscheint. Voraussetzung ist jedoch immer, daß insoweit bereits ein innerbetrieblicher Verhandlungsversuch stattgefunden hat und von einem Scheitern der innerbetrieblichen Verhandlungen oder des Beilegungsversuchs bezüglich der Meinungsverschiedenheit ausgegangen werden kann. Beschluß des Landesarbeitsgerichts Frankfurt a. M. – vom 12.11.1991 Aktenzeichen: 4 Ta Bv 148/91 Landesarbeitsgericht Frankfurt am Main

 

Normenkette

BetrVG § 76 Abs. 2; ArbGG § 98; BetrVG §§ 112, 112a; ArbGG § 87 Abs. 1, § 81 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Beschluss vom 04.10.1991; Aktenzeichen 2 BV 9/91)

 

Tenor

Auf die Beschwerden der Beteiligten wird der Beschluß des Arbeitsgerichts in Offenbach a. M. vom 04.10.1991 – 2 BV 9/91 – dahin abgeändert, daß zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle zum Abschluß eines Interessenausgleiches der Vorsitzende Richter am Bundesarbeitsgericht, Prof. Dr. L. bestellt wird und die Zahl der Beisitzer auf jeweils drei von jeder Seite festgesetzt wird.

Die Beschwerde des Antragsgegners (Betriebsrat) wird im übrigen zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten in dem vom Arbeitgeber als Antragstellerin eingeleiteten Verfahren nach § 76 Abs. 2 BetrVG (Paragraphen ohne Gesetzesbezeichnung sind im folgenden immer solche des Betriebsverfassungsgesetzes von 1972) i.V.m. § 98 ArbGG um die Bildung einer Einigungsstelle zur Regelung eines Interessenausgleiches und – erstmals und auf Antrag des Betriebsrates im Beschwerdeverfahren – zur Aufstellung eines Sozialplanes wegen der beabsichtigten Schließung des Betriebes des Arbeitgebers in L..

Wegen des zugrunde liegenden Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten in erster Instanz wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Die Antragstellerin (Arbeitgeber) hat beantragt,

  1. Herrn Vorsitzenden Richter W. N., Landesarbeitsgericht Frankfurt/Main, zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle zum Abschluß eines Interessenausgleiches im Betrieb der Antragstellerin zu bestimmen,
  2. die Zahl der Beisitzer auf 2 für jede der beiden beteiligten Betriebsparteien festzusetzen.

Der Antragsgegner (Betriebsrat) hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluß vom 04.10.1991 den Richter am Arbeitsgericht D., R. B., zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle zum Abschluß eines Interessenausgleiches bestimmt und die Zahl der Beisitzer auf jeweils 2 festgesetzt.

Gegen diesen den Beteiligten am 07.10.1991 zugestellten Beschluß, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, haben beide Beteiligte Beschwerde eingelegt. Hinsichtlich der Daten der Beschwerden wird auf die Feststellungen in der Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 12.11.1991 verwiesen.

Der Arbeitgeber bringt vor, das Arbeitsgericht sei ohne ausreichende und nachvollziehbare Begründung nicht seinem Antrag gefolgt, was die Person des Einigungsstellenvorsitzenden angehe.

Die Antragstellerin (Arbeitgeber) beantragt,

unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung nach den erstinstanzlichen Schlußanträgen zu erkennen.

Der Antragsgegner (Betriebsrat) beantragt,

den Beschluß des Arbeitsgerichts O. vom 04.10.1991, Az.: 2 BV 9/91, abzuändern und die Anträge zurückzuweisen,

hilfsweise

  1. den Richter am Arbeitsgericht D., R. B., zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle zum Abschluß eines Interessenausgleiches und Sozialplanes im Betrieb der Antragstellerin zu bestimmen und
  2. die Zahl der Beisitzer auf 3 für jede der beteiligten Betriebsparteien festzusetzen.

Der Betriebsrat hält daran fest, die Einigungsstelle für einen Interessenausgleich sei nicht zu bilden, weil der Arbeitgeber noch keinen genügenden Einigungsversuch in Verhandlungen mit ihm, dem Betriebsrat, unternommen habe. Diesbezügliche Beratungen und Verhandlungen setzten ausreichende Unterrichtung voraus. Hieran fehle es vorliegend aber noch. – Werde jedoch eine Einigungsstelle für einen Interessenausgleich gebildet, so sei zugleich und in einem einheitlichen Verfahren ein Sozialplan aufzustel...

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