A.1.1.10.1 Allgemeines

[1] Als Versorgungsbezüge gelten auch die in § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 SGB Vaufgeführten Leistungen, soweit sie zur Hinterbliebenenversorgung erzielt werden. Nicht definiert ist in diesem Zusammenhang, welche Personen als Hinterbliebene von dieser Regelung erfasst sind. So kann es vorkommen, dass eine Leistung, insbesondere aus einer betrieblichen Altersversorgung, nicht unbedingt an die Witwe, den Witwer [oder überlebende Lebenspartner] oder die Waisen, sondern z.B. auch an die Eltern des Verstorbenen oder an dritte begünstigte Personen gezahlt werden.

[2] Die Vorschrift des § 229 SGB V verfolgt im Kern die Absicht, Leistungen der Altersversorgung, die ihrem Wesen nach den Renten der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sind, als Versorgungsbezug der Beitragspflicht zu unterwerfen. Diesem Grundgedanken folgend gelten nur die Personen als Hinterbliebene in diesem Sinne, wenn sie unter den Personenkreis subsumiert werden können, der Anspruch auf eine Rente wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach den §§ 46 oder 48 SGB VI hat (Witwen, Witwer[, überlebende Lebensparner] und Waisen). Ob im Einzelfall tatsächlich Anspruch auf eine derartige Rente der gesetzlichen Rentenversicherung besteht, ist in diesem Zusammenhang ohne Belang.

[3] Die Zuordnung einer Versorgungsleistung an einen Hinterbliebenen zu den Versorgungsbezügen nach § 229 SGB V setzt im Übrigen nicht voraus, dass der Verstorbene zum Todeszeitpunkt gesetzlich krankenversichert war. Maßgebend ist allein, ob die bezugsberechtigte Person in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragspflichtig ist (BSG, Urteil vom 25.4.2012, B 12 KR 19/10 R, USK 2012-19).

[4] Erzielt ein Hinterbliebener Leistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung (hier: Kapitalleistungen aus einer Direktversicherung) aufgrund eines eigenen Bezugsrechts, so stellt die ihm ausgezahlte Versicherungssumme einen beitragspflichtigen Versorgungsbezug dar und gehört nicht zum beitragsfreien ererbten Vermögen des Hinterbliebenen (BSG, Urteil vom 5.3.2014, B 12 KR 22/12 R, USK 2014-12). Mit Urteil vom 12.5.2020, B 12 KR 22/18 R, USK 2020-20), bestätigte das BSG, dass eine ausschließlich im Wege der Erbfolge erlangte Leistung (hier: aus der betrieblichen Altersversorgung) nicht zur Hinterbliebenenversorgung i.S.d. § 229 SGB V gehört.

[5] Sog. Sterbegelder oder Gnadenbezüge an Hinterbliebene werden im Abschnitt A.1.1.6.7 behandelt.

[6] Ausführungen zur Beitragsfreiheit bestimmter Versorgungsbezüge an Waisen finden sich unter [Abschnitt] A.1.5.

A.1.1.10.2 Leistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung an hinterbliebene Kinder (Waisenversorgung)

Das BSG hat mit Urteil vom 26.2.2019, B 12 KR 12/18 R, USK 2019-4, in dem Fall einer Kapitalleistung aus einer betrieblichen Altersversorgung in Form einer Direktversicherung an das nach dem Tod des Arbeitnehmers bezugsberechtigte Kind entschieden, dass es sich bei dieser Einnahme nicht um Versorgungsbezüge handelte, da das Kind zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls bereits das 27. Lebensjahr (Höchstaltersgrenze für eine Waisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung) vollendet hatte. Die Kapitalleistung sei aufgrund des fehlenden Versorgungszwecks nicht "zur Hinterbliebenenversorgung" i.S.d. § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V erzielt worden. Nach Auffassung des BSG liegt ein Versorgungszweck bei Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung an ein Kind der versicherten Person jedenfalls dann nicht vor, wenn die Leistung zu einem Zeitpunkt zufließt, in dem typischerweise kein Anspruch auf eine Waisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 48 SGB VI mehr in Betracht kommt. Daraus können für Leistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung an hinterbliebene Kinder folgende Grundsätze abgeleitet werden:

  1. Hat das bezugsberechtigte Kind zum Zeitpunkt des Versorgungsfalls bereits das 27. Lebensjahr vollendet, ist die laufende oder einmalige Leistung nicht als Versorgungsbezug anzusehen. Für diese Fälle hat das BSG einen Versorgungszweck ausdrücklich verneint.
  2. Hat das bezugsberechtigte Kind zum Zeitpunkt des Versorgungsfalls das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet, stellt die Leistung bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres einen Versorgungsbezug dar, ohne dass zwischen der Vollendung des 18. und der Vollendung des 27. Lebensjahres zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Waisenrente der gesetzlichen Rentenversicherung für diesen Zeitraum nach § 48 Abs. 4 SGB VI (insbesondere Schul- oder Berufsausbildung) vorliegen oder ob tatsächlich ein Anspruch auf eine Waisenrente besteht oder die Waisenrente tatsächlich bezogen wird. Dies gilt auch bei Kapitalabfindungen und Kapitalleistungen für den Zeitraum von 120 Monaten nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V, soweit dieser Zeitraum noch nicht ausgeschöpft ist.
  3. Sofern die jeweilige Versorgungsregelung eine dem § 48 Abs. 5 SGB VI vergleichbare Regelung vorsieht, wonach die Leistung unter den genannten Voraussetzungen über das 27. Lebensjahr hinaus gezahlt wird (Unterbrechung oder Verzögerung der Schulausbildung oder Berufsausbildung durch den gesetzlichen Wehrdienst o...

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