[1] Das Beschäftigungsverhältnis unterscheidet sich vom Rechtsverhältnis eines freien Dienstnehmers oder Werkvertragnehmers nach ständiger Rechtsprechung durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit bei der Erledigung der Dienst- oder Werkleistung.

[2] Beschäftigter ist, wer weisungsgebunden vertraglich geschuldete Leistungen im Rahmen einer von seinem Vertragspartner bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Der hinreichende Grad persönlicher Abhängigkeit zeigt sich nicht nur daran, dass der Beschäftigte einem Direktionsrecht seines Vertragspartners unterliegt, welches Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer, Ort oder sonstige Modalitäten der zu erbringenden Tätigkeit betreffen kann, sondern kann sich auch aus einer detaillierten und den Freiraum für die Erbringung der geschuldeten Leistung stark einschränkenden rechtlichen Vertragsgestaltung oder tatsächlichen Vertragsdurchführung ergeben.

[3] Der Grad der persönlichen Abhängigkeit wird dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit sowie deren Art und Organisation bestimmt. So kann dieser bei sog. Diensten höherer Art, also der Tätigkeit hochqualifizierter Erwerbstätiger bzw. Erwerbstätiger mit besonderer Leitungsfunktion auch in abgeschwächter Form noch für das Vorliegen einer Beschäftigung ausreichend und die Weisungsgebundenheit zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie kumulativ vorliegen. Eine persönliche Abhängigkeit kann daher auch allein durch die funktionsgerecht dienende Eingliederung in einen Betrieb gekennzeichnet sein (u.a. BSG, Urteil vom 23.2.2021, B 12 R 15/19 R, USK 2021-1).

[4] Dabei kann insbesondere bei Hochqualifizierten oder Spezialisten das Weisungsrecht aufs Stärkste eingeschränkt und dennoch die Dienstleistung fremdbestimmt sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in deren Dienst die Arbeit verrichtet wird (BSG, Urteil vom 19.10.2021, B 12 R 10/20 R).

[5] Eine im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit deutet demnach auch nur dann auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diese Freiheit tatsächlich Ausdruck eines fehlenden Weisungsrechts und nicht nur Folge der Übertragung größerer Eigenverantwortung bei der Aufgabenerledigung auf den einzelnen Arbeitnehmer bei ansonsten fortbestehender funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess ist. Dabei kommt auch einer großen Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Arbeitszeit nur dann erhebliches Gewicht zu, wenn sich deren Grenzen nicht einseitig an dem durch die Bedürfnisse des Auftraggebers vorgegebenen Rahmen orientieren. Es spricht auch nicht gegen das Vorliegen eines – ggf. verfeinerten – Weisungsrechts, wenn sich beispielsweise Arbeitsort und/oder Arbeitszeit bereits aus "der Natur der Tätigkeit" ergeben, also aus den mit der vertraglich vereinbarten Tätigkeit verbundenen Notwendigkeiten. Ausschlaggebend ist insoweit vielmehr, ob nach den konkreten Vereinbarungen ein Weisungsrecht hinsichtlich aller Modalitäten (z.B. auch hinsichtlich Inhalt, Durchführung oder Dauer) der zu erbringenden Tätigkeit besteht oder aber ausgeschlossen ist, und sich die Fremdbestimmtheit der Arbeit auch nicht über eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess innerhalb einer fremden Arbeitsorganisation vermittelt (BSG, Urteil vom 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, USK 2015-106).

[6] Zur persönlichen Abhängigkeit gehört nicht eine wirtschaftliche Abhängigkeit. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit steht auch einem objektiven Weisungsrecht nicht gleich. Insofern ist es für die Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbstständigen Tätigkeit nicht von Bedeutung, ob die Tätigkeit als Haupterwerbsquelle oder im Nebenerwerb ausgeübt wird und ob es sich um kurze und seltene Arbeitseinsätze oder um eine verstetigte Geschäftsbeziehung handelt sich (u.a. BSG, Urteil vom 4.6.2019, B 12 R 11/18 R, USK 2019-33).

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