Rz. 17

Der pfändungsgeschützte Höchstbetrag von Weihnachtsvergütungen wurde mit Wirkung zum 1.1.2022 geändert (BGBl I 2021, 850). Die bisherige Beschränkung bis zum Betrag der Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens ist entfallen. Die Höhe von unpfändbaren Weihnachtsvergütungen ist nunmehr mit der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung nach § 850c Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 ZPO verknüpft und bezweckt, dass auch der Betrag von unpfändbaren Weihnachtsvergütungen an die sich ergebende prozentuale Entwicklung des Grundfreibetrags nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG angepasst wird.

Hierdurch soll erreicht werden, dass Schuldner einmalige unumgängliche größere Anschaffungen tätigen können, die aus dem monatlich unpfändbaren Einkommen nicht bestritten werden können. Hierdurch ist sichergestellt, dass auch Beziehern niedriger Einkommen ein angemessenes Weihnachtsgeld verbleibt (BT-Drucks. 19/27636 S. 31).

 

Rz. 17a

Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 850 Abs. 4 ZPO ist es für den Pfändungsschutz von Weihnachtsvergütungen unerheblich, ob die ausgezahlte Vergütung ausdrücklich als Weihnachtsvergütung bezeichnet wird (BT-Drucks. 19/27636 S. 31). Es muss jedoch durch seine zeitliche Nähe zur Weihnacht in seiner "Zweckbindung" ausweisbar erkennbar sein (ArbG Dortmund, Urteil v. 24.4.2013, 8 Ca 228/13, juris; BayVGH, Urteil v. 25.10.2007, 3 ZB 06.2358 m. w. N., juris).

 

Rz. 17b

Es muss sich um Zuwendungen des Arbeitgebers handeln, auf die der Schuldner einen Rechtsanspruch hat. Freiwillige Leistungen zählen grds. nicht dazu. Jedoch kann ein pfändbarer Anspruch auf Weihnachtsvergütung für das nächste Weihnachten erworben sein, wenn der Arbeitgeber sie nur als freiwillige Leistung zugesagt hatte und diese Zusage stillschweigend angenommen wurde (BAG, NJW 1964, 1690).

"Weihnachtsvergütung" im Sinne der Regelung ist somit nicht nur die klassische "Weihnachtsgratifikation", die der Arbeitgeber als Beitrag zu den erhöhten Aufwendungen des Arbeitnehmers leistet, sondern diese kann auch eine Sondervergütung für erbrachte Arbeit sein, sofern sie aus Anlass des Weihnachtsfests (BVerwG NVwZ-RR 2018, 909 = ZBR 2018, 411 = FA 2018, 275) gezahlt wird. Hierzu zählt auch die Sonderzahlung und bei dem Sonderbetrag für Kinder nach dem Berliner Sonderzahlungsgesetz in der Fassung des Gesetzes vom 1.10.2008 (GVBl. S. 271; BVerwG, NVwZ-RR 2018, 909 = ZBR 2018, 411 = FA 2018, 275), nicht hingegen die jährliche Sonderzahlung nach dem Sonderzahlungsgesetz NRW (VG Düsseldorf, Urteil v. 20.12.2016, 23 K 449/16, juris). Dieser Normzweck bestätigt, dass nur die deswegen geleistete Zahlung dem Pfändungsschutz unterfällt. Nur eine typischerweise zur Deckung des erhöhten Aufwands zu Weihnachten geleistete Zuwendung kann deshalb nach Maßgabe von § 850a Nr. 4 ZPO der Pfändung entzogen sein. Dies ist bei der sog. Sparkassensonderzulage nicht der Fall (BAG, JurBüro 2017, 156 = BB 2016, 1396; BAG, DB 2012, 1157 =  Rpfleger 2012, 451 = JurBüro 2012, 493 = ArbR 2012, 246).

Ebenso fallen die "jährliche Zuwendung" nach Tarifvertrag für Arbeitnehmer (hier: der DB Services GmbH im Bereich der Verkehrsdienste (TV VD)) darunter, obwohl diese zwar nicht ausdrücklich aus Anlass des Weihnachtsfestes gezahlt wird (AG Zeitz, Beschluss v. 29.12.2020, 5 M 195/06, BeckRS 2020, 38504 Rn. 5, beck-online). Bei dieser Sonderzahlung zum Jahresende handelt es sich jedoch nach dem allgemeinen Verständnis um "Weihnachtsgeld" (siehe z. B. https://www.verdi.de/++co++4f25db42-47c3-11e3-a488-52540059119e, zuletzt abgerufen am 2.5.2022). Die Sonderzahlung zum Jahresende ist historisch gewachsen, wird sowohl von Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmerseite als Weihnachtsgeld betrachtet, auch wenn sie nicht mehr als "Weihnachtsgeld" bezeichnet wird. Zudem wird die Jahressonderzahlung rechtzeitig vor dem Weihnachtsfest gezahlt. Denn diese Jahressonderzahlung wird nicht etwa zum Jahresende (also Ende Dezember/Anfang Januar) als "Leistungsprämie" gezahlt. Vielmehr erfolgt die Zahlung schon mit dem Novembergehalt, sodass die Auszahlung dem Arbeitnehmer rechtzeitig vor dem Weihnachtsfest zur Verfügung steht. Eine Zahlung innerhalb einer Zeitspanne, in der üblicherweise Weihnachtsvergütungen getätigt werden, kann Indizwirkung für das Vorliegen einer Weihnachtsvergütung haben, insbesondere, wenn die Bezeichnung der Gratifikation den Zweck nicht deutlich macht (BAG, NZA 2016, 840). Es würde dem allgemeinen Rechtsempfinden widersprechen, diese Jahressonderzahlung nicht als Weihnachtsvergütung zu betrachten. Denn auch im allgemeinen Sprachgebrauch wird diese Jahressonderzahlung als Weihnachtsgeld bezeichnet (z. B. Erläuterungen der Gewerkschaft zu den neuen Entgelttabellen der DB AG im Internet https://www.evg-online.org/fileadmin/Tarif/Entgelttabellen_DBAG/FGr_1.pdf, zuletzt abgerufen am 2.5.2022).

 

Rz. 17c

Unpfändbar sind Weihnachtsvergütungen bis zu der Hälfte des Betrages, dessen Höhe sich nach Aufrundung des monatlichen Freibetrages nach § 850c Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 auf den nächsten vollen 10-Euro-Betrag ergibt .

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