Entgrenztes Führen erfordert auch geeignete Steuerungs- und Personalführungsinstrumente, um Mitarbeiter einerseits nicht zu demotivieren, Teams bei der Stange zu halten, selbstgefährdendes Verhalten zu unterbinden und andererseits die vereinbarten Arbeitsleistungen in guter Qualität termingerecht einzufordern.

Bewährt haben sich folgende Methoden zur (Leistungs-)Steuerung für virtuelle Mitarbeiter:

  • Führen über Ziele (Management by Objectives)

    Das Führen über Ziele ist das erfolgversprechendste Führungskonzept und vermutlich das einzige, welches in der Praxis mit einer zeitlich und räumlich flexiblen Arbeitsgestaltung funktioniert. Da Mitarbeiter sowieso für ihre Arbeitserledigung selbstverantwortlich sind, entscheiden sie über Zeitpunkt, Mittel und Maßnahmen der Leistungserbringung autonom, natürlich mit der Vorgabe oder Verabredung des vereinbarten Ziels und der Terminierung der Leistungsabgabe. Bei allen Freiheitsgraden für die Zielerreichung ist ein regelmäßiger Austausch über den Status Quo unbedingt erforderlich. Zeitpunkt und Fertigstellung der Arbeitsaufträge sind zu vereinbaren, müssen berichtet und kontrolliert werden. Entsprechende Controlling- und Reportingverfahren sind zu etablieren.

     
    Achtung

    Flexibilität ist notwendig

    Bei Anwendung dieses Führungsinstruments ist jedoch zu bedenken, dass bei (vorhersehbaren) Zieländerungen ausreichend Flexibilität gewährleistet ist. Sich ändernde Bedingungen, Prozesse oder Faktoren, die Mitarbeiter hinsichtlich ihrer Zielerreichung nicht zu verantworten haben, dürfen ihnen nicht negativ angelastet werden. Umgekehrt müssen natürlich auch Führungskräfte darauf vorbereitet sein, dass Mitarbeiter Ziele torpedieren können.

  • Zielvereinbarungs- und Personalentwicklungsgespräche

    Das Führen über Ziele erfordert natürlich Expertise im Führen von Zielvereinbarungsgesprächen. Die Führungskraft muss wissen, welche Handlungsspielräume sie einem virtuellen Mitarbeiter zubilligen kann und darf. Sie muss ihre Erwartungen klar kommunizieren, aber auch bereit sein, auf die Vorstellungen und Bedürfnisse der Mitarbeiter einzugehen und ggf. Kompromisse zu finden. Mitarbeiter, die man nicht täglich sieht, laufen Gefahr, in Vergessenheit zu geraten: Aus den Augen, aus dem Sinn. Personalentwicklungsgespräche sind deshalb gerade bei entgrenzt arbeitenden Mitarbeitern nicht zu vernachlässigen. Fortbildungen und Karrieremöglichkeiten gelten auch für sie.

  • Auftrags- oder projektbezogene Bezahlung und Anreizsysteme

    Mit der Auflösung von Normalarbeitsverhältnissen ist eventuell auch eine Änderung des Entlohnungsmodus verbunden. Insbesondere bei befristeten Projektmitarbeitern kann die Arbeitsleistung nach Auftragserledigung abgegolten werden. Diese Honorierung kann auch jeweils nach Erreichen von Projekt-Teilschritten erfolgen. Denkbar ist auch ein leistungsorientierter Anteil, der nach erbrachter fristgerechter Leistung variabler Bestandteil der Entlohnung ist. Möglich ist auch eine Variante der Zusatzvergütung nach erfolgreichem Projektabschluss für alle Teammitglieder, was gleichzeitig Anreiz ist, sich als Projektteam zu begreifen, bei dem alle mehr oder minder aufeinander angewiesen sind. Prämien, Boni, Provisionen oder Aktienoptionen sind Variationen für eine gute Performance.

     
    Hinweis

    Gefahr

    Zu bedenken bei engmaschigen Kontroll- und Anreizsystemen ist, dass sie den Erfolgsdruck erhöhen und Konflikte im Team provozieren können. Auch kann der Druck zu selbstgefährdendem Verhalten führen, wenn die tägliche Arbeitszeit ausgedehnt und auf Pausen verzichtet wird, um die Leistung zu erbringen.

  • Vertrauensarbeitszeit

    Arbeitszeiten jenseits von Zeiterfassungssystemen zu ermitteln, kann nur auf der Basis von Vertrauen geschehen. Die sog. Vertrauensarbeitszeit basiert ja auf diesem Prinzip. Allerdings wird Vertrauensarbeitszeit ambivalent bewertet: manche Führungskräfte trauen ihren Mitarbeitern nicht, wenige Mitarbeiter nutzen den Freiraum aus. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Beschluss vom 13.9.2022 (Az. 1 ABR 22/21) festgestellt, dass in Deutschland die gesamte Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzuzeichnen ist, und verpflichtet Unternehmen ab dem Jahr 2023, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter objektiv, systematisch und verlässlich elektronisch zu erfassen und zu dokumentieren. Das gilt allerdings nicht für Arbeitnehmer im Handwerk."[1]

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