14.1 Vereinbarkeit mit Art. 3 GG

 

Rz. 199

Gegen § 8 Abs. 3 EStG werden unter folgenden Gesichtspunkten verfassungsrechtliche Bedenken erhoben[1]:

  • Begünstigung der Bezieher von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gegenüber den Beziehern anderer Einkünfte. Diese Ungleichbehandlung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, da der bei Gewinneinkünften anzusetzende Teilwert keinen Unternehmerlohn enthält und somit unterhalb des Marktpreises liegt.[2] § 8 Abs. 3 EStG kann als pauschalierter Ausgleich dieses Vorteils der Selbstständigen verstanden werden.
  • Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer:

    • Begünstigung von Arbeitnehmern von Branchen, die Waren herstellen oder Dienstleistungen erbringen, die vom Arbeitnehmer in Anspruch genommen werden können; Benachteiligung von Arbeitnehmern in Betrieben, die keine entsprechenden (auf den Endverbraucher ausgerichteten) Leistungen erbringen (z. B. Investitionsgüterindustrie, öffentlicher Dienst).[3] Insoweit liegt kein Verstoß gegen Art. 3 GG vor, da es an der Vergleichbarkeit der Sachverhalte fehlt und die Bewertung nach § 8 Abs. 3 EStG (auch) unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt ist.[4]
    • Benachteiligung von Arbeitnehmern im Konzernverbund wegen Fehlens einer Konzernklausel.[5] Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen m. E. allerdings gegen eine Auslegung von § 8 Abs. 3 EStG, die davon ausgeht, dass Waren oder Dienstleistungen, die im Konzern gewährt werden, nicht unter den Anwendungsbereich des § 8 Abs. 3 EStG fallen. Diese Fallgestaltung ist in verfassungskonformer Auslegung unter Abs. 3 zu fassen (Rz. 209b)[6], soweit man den jeweiligen Arbeitgeber nicht schon nach der Rspr. aufgrund einer Mitwirkung am Herstellungsprozess als "Hersteller" begreifen kann (Rz. 209ff.).
    • Besserstellung von Arbeitnehmern mit mehreren Dienstverhältnissen im Kj. (nebeneinander oder nacheinander) durch mehrfache Inanspruchnahme des Freibetrags. Insoweit liegt indes im Vergleich zu dem Arbeitnehmer mit nur einem Dienstverhältnis kein vergleichbarer Sachverhalt vor.
[1] Kister, in H/H/R, EStG/KStG, § 8 EStG Rz. 5.
[3] Christ, DB 1989, 349.
[4] BFH v. 9.10.2002, VI R 164/01, BStBl II 2003, 373, BFH/NV 2003, 110; Pust, in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 8 EStG Rz. 561; Ettlich, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 8 EStG Rz. 175: "zufällige oder auf gesetzlichen Vorgaben beruhende … Unternehmensstruktur ist kein systemgerechter Anknüpfungspunkt"); Birk, FR 1990, 237.
[5] BFH v. 15.1.1993, VI R 32/92, BStBl II 1993, 356; dazu Rz. 174 (verfassungskonforme Auslegung).
[6] Kister, in H/H/R, EStG/KStG, § 8 EStG Rz. 161.

14.2 Anwendungsbereich des Abs. 3

14.2.1 Allgemeines und Verhältnis zu den Abs. 1 und 2

 

Rz. 200

§ 8 Abs. 3 EStG erfordert wie Abs. 2 eine steuerbare Einnahme nach Abs. 1, schafft also keinen eigenen Einkünftetatbestand.[1] Die Vorteilsgewährung muss daher – im weitesten Sinne – als Gegenleistung für die Leistung des Arbeitnehmers zu bewerten sein. Preisnachlässe, die nicht durch die Leistung des Arbeitnehmers veranlasst sind, sind daher nicht steuerbar. Dies wird auch durch den Wortlaut von Abs. 3 ("aufgrund seines Dienstverhältnisses") bestätigt. Fließen Sachbezüge veranlasst durch andere Überschusseinkünfte zu, sind sie nicht nach § 8 Abs. 3 EStG, sondern ausschließlich nach § 8 Abs. 2 EStG zu bewerten.[2] Auch Nutzungsüberlassungen fallen unter § 8 Abs. 3 EStG (Rz. 206).[3]

 

Rz. 200a

Der BFH erkennt – m. E. zu Recht[4] – ein Wahlrecht an, wenn der nach Abs. 3 zu ermittelnde Wert trotz des Bewertungsabschlags und des Rabattfreibetrags höher ist als der übliche Endpreis am Abgabeort nach Abs. 2 S. 1, da der Arbeitnehmer durch die Anwendung des Abs. 3 nicht schlechter gestellt werden darf als nach Abs. 2. Abs. 3, ist also dem Grunde nach eine begünstigende Vorschrift.[5] Die beabsichtigte Vorteilhaftigkeit der Norm kann verfehlt werden, wenn der auszuzeichnende Preis und der übliche Preis am Markt so stark voneinander abweichen, dass trotz des Bewertungsabschlags und des Rabattfreibetrags ein geldwerter Vorteil erfasst wird, der nach dem Maßstab der Grundnorm in Abs. 2 tatsächlich nicht vorliegt. Die Bewertung nach Abs. 2 kann z. B. günstiger für den Arbeitnehmer sein, wenn hohe Rabatte zwar nicht beim Arbeitgeber, aber am allgemeinen Markt gewährt werden[6] oder wenn der Rabattfreibetrag nach Abs. 3 bereits ausgeschöpft wurde.

 

Rz. 200b

Liegen dagegen die Tatbestandsvoraussetzungen des Abs. 3 nicht vor, so ist die Einnahme ausschließlich nach Abs. 2 zu bewerten. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Arbeitgeber Waren oder Dienstleistungen überwiegend für seine Arbeitnehmer erbringt oder die Pauschalversteuerung (§ 40 EStG) gewählt hat.

 

Rz. 200c

Das Wahlrecht zwischen Abs. 2 und Abs. 3 besteht nach BFH-Auffassung sowohl im LSt-Abzugsverfahren für den Ansatz durch den Arbeitgeber wie im Veranlagungsverfahren des Arbeitnehmers. Mit Schreiben v. 16.5.2013[7] erklärte das BMF die BFH-Rspr. sowohl im LSt-Abzugsverfahren als auch im Veranlagungsverfahren in allen noch offenen Fällen für anwendbar.[8] Der Arb...

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