10.3.3.1 Anscheinsbeweis

 

Rz. 157a

Die Anwendung der 1-%-Regelung nach § 8 Abs. 2 S. 2 EStG setzt voraus, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Dienstwagen "zu privaten Fahrten" überlässt.[1]

 

Rz. 157b

Für die Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit bzw. (wohl) allgemein für Überschusseinkunftsarten[2] reicht dem BFH bereits die private Nutzungsmöglichkeit, unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer das betriebliche Kfz tatsächlich privat nutzt.[3] Auf die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse kommt es nicht an,

weil der Vorteil aus der Nutzungsüberlassung die Zurverfügungstellung des Fahrzeugs selbst sowie die Übernahme sämtlicher damit verbundener Kosten wie Steuern, Versicherungsprämien, Reparatur-, Wartungs- und Treibstoffkosten und damit nutzungsabhängige wie nutzungsunabhängige Aufwendungen umfasse. Selbst wenn der Arbeitnehmer das überlassene Kfz tatsächlich nicht privat nutze, erspare er sich zumindest die (nutzungsunabhängigen) Kosten, die er für das Vorhalten eines betriebsbereiten Kfz verausgaben müsste. Die Nutzungsmöglichkeit führe nur dann zu keinem geldwerten Vorteil, wenn der Stpfl. zur privaten Nutzung des betrieblichen Kfz nicht befugt sei. Demgegenüber genüge die Behauptung, das betriebliche Fahrzeug nicht für Privatfahrten genutzt oder Privatfahrten ausschließlich mit anderen Fahrzeugen durchgeführt zu haben, nicht, um die Besteuerung des Nutzungsvorteils auszuschließen.[4] Allein die Erlaubnis zur Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte begründet allerdings noch keine private Nutzungsbefugnis.[5] Somit ist lediglich zu prüfen,

  • ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die private Nutzung eines betrieblichen Kfz ausdrücklich (z. B. im – schriftlichen – Arbeitsvertrag oder mündlich) oder konkludent (z. B. durch Duldung einer entsprechenden Privatnutzung) gestattet hat[6] und
  • ob (ausnahmsweise) der Stpfl. zur privaten Nutzung des betrieblichen Kfz nicht mehr befugt war.
[2] Anders bei den Gewinneinkunftsarten, bei denen nach wie vor eine tatsächliche Entnahme erforderlich ist; BFH v. 4.12.2012, VIII R 42/09, BStBl II 2013, 365, BFH/NV 2013, 465; Krüger, in Schmidt, EStG, 2023, § 8 EStG Rz. 33.
[5] BMF v. 3.3.2022, IV C 5 – S 2334/21/10004:001, Rz. 6, BStBl I 2022,. 232.
[6] BFH v. 4.12.2012, VIII R 42/09, BStBl II 2013, 365, BFH/NV 2013, 465; Krüger, in Schmidt, EStG, 2023, § 8 EStG Rz. 34.

10.3.3.2 Fehlende Überwachung eines Nutzungsverbots

 

Rz. 157c

Allein aus der fehlenden Überwachung eines Nutzungsverbots schließt der BFH nicht auf die Nichteinhaltung eines Nutzungsverbots.[1] Diese Grundsätze wendet der BFH auch für den angestellten Geschäftsführer eines Familienunternehmens an.[2] FA und FG müssen die Frage, ob eine private Nutzungsüberlassung vorliegt, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls prüfen.[3] Lediglich eine verbotswidrige Privatnutzung sei (bei Kapitalgesellschaften) als vGA zu bewerten (Rz. 134i).[4] Dem Nutzungsverbot des Arbeitgebers steht ein schriftlicher Verzicht des Arbeitnehmers auf die private Nutzung gleich, wenn aus außersteuerlichen Gründen ein Nutzungsverbot des Arbeitgebers nicht in Betracht kommt und der Nutzungsverzicht dokumentiert wird.[5] Allein die unbefugte Privatnutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs hat noch keinen Lohncharakter. Ein Zufluss von Arbeitslohn liegt erst vor, wenn der Arbeitgeber zu erkennen gibt, dass er die ihm zustehende Schadenersatzforderung gegenüber dem Arbeitnehmer nicht geltend machen wird.[6]

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