Rz. 123

§ 50d Abs. 8 EStG ist durch G. v. 15.12.2003[1] mit Wirkung ab Vz 2004 eingeführt worden.[2] Die Vorschrift enthält eine besondere Bestimmung für die Freistellung von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit nach einem DBA, wenn der Arbeitnehmer unbeschränkt stpfl. ist. Angesprochen ist also der Fall, dass in der Bundesrepublik ein Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt besteht (sonst besteht keine unbeschränkte Steuerpflicht) und die Tätigkeit in dem anderen Staat ausgeübt worden ist (sonst käme es in der Bundesrepublik nicht zur Freistellung). In den DBA wird das Besteuerungsrecht regelmäßig dem Tätigkeitsstaat zugeordnet (Art. 15 OECD-MA), während der Ansässigkeitsstaat (die Bundesrepublik) die Einkünfte regelmäßig freistellt (Art. 23 Abs. 1 OECD-MA). Besteht in der Bundesrepublik wegen des Wohnsitzes unbeschränkte Steuerpflicht, ist es ohne Bedeutung, ob dies auch in dem anderen Staat der Fall ist. Es wird also auch der Fall des Doppelwohnsitzes erfasst, wenn in beiden Staaten unbeschränkte Steuerpflicht besteht, Deutschland die Einkünfte nach dem DBA aber freistellen muss, weil der Stpfl. in dem anderen Staat tätig ist.

 

Rz. 124

Das Verhältnis der Vorschrift zu § 50d Abs. 9 EStG ist in § 50d Abs. 9 S. 3, eingeführt durch G. v. 26.6.2013, geregelt.[3] Danach bleibt Abs. 8 nur insoweit unberührt, als die Vorschrift die Freistellung in einem weiteren Umfang einschränkt als Abs. 9. Im Ergebnis wird daher die Freistellung, ggf. im Wege des Treaty Override, nach der jeweils weitgehenderen Vorschrift eingeschränkt. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass Abs. 8 verdrängt wird, soweit nach dieser Vorschrift die Freistellung in gleicher Weise oder geringer eingeschränkt wird wie nach Abs. 9. In diesem Fall ist Abs. 9 anwendbar, nicht Abs. 8.

 

Rz. 125

Nach § 50d Abs. 8 EStG wird die Freistellung in diesen Fällen nur gewährt, wenn der Stpfl. nachweist, dass der zur Besteuerung berechtigte Staat (der Tätigkeitsstaat) auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat oder die nach dem Recht des Tätigkeitsstaats zu entrichtende Steuer tatsächlich entrichtet wurde. Die Vorschrift betrifft damit DBA, in denen auch die virtuelle Doppelbesteuerung vermieden wird. Ist in dem DBA bereits eine Subject-to-tax-Klausel vorhanden, die die Freistellung von der tatsächlichen Besteuerung im Quellenstaat abhängig macht, verdrängt diese DBA-Regelung § 50d Abs. 8 EStG.

 

Rz. 126

Die Vorschrift umfasst sowohl Fälle des Qualifikationskonflikts (der Tätigkeitsstaat legt das DBA so aus, dass ihm das Besteuerungsrecht nicht zusteht) als auch sonstige Fälle (der Tätigkeitsstaat kennt den Sachverhalt nicht und besteuert deshalb die Einkünfte nicht). Erfasst wird daher auch der Fall, dass der ausl. Staat den Sachverhalt nicht kennt und daher die Einkünfte tatsächlich nicht besteuert. Worauf diese Unkenntnis des ausl. Staates beruht, ist nicht maßgebend. Es kann sich sowohl um Fälle handeln, in denen der Stpfl. den wahren Sachverhalt vor der ausl. Steuerbehörde absichtlich falsch dargestellt oder verschleiert oder sie überhaupt nicht informiert hat, als auch um Fälle, wo der Stpfl. das Recht unrichtig ausgelegt und daher in gutem Glauben keine Versteuerung in dem anderen Staat vorgenommen hat. Die Vorschrift enthält nach ihrem Tatbestand sowohl eine Switch-over- als auch eine Subject-to-tax-Klausel. Die Vorschrift gilt nach ihrem Wortlaut ungeachtet der Regelungen eines DBA, enthält somit ein Treaty Override.[4]

 

Rz. 127

Anwendbar ist § 50d Abs. 8 EStG nur, wenn im Inland unbeschr. Stpfl. besteht, der Stpfl. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 19 EStG bezieht und die Steuerfreistellung im Inland auf den Regeln eines DBA beruht. Im Rahmen einer beschr. Stpfl. stellt Deutschland als Tätigkeitsort die Einkünfte nicht frei, sodass eine Einbeziehung in Abs. 8 überflüssig ist. In anderen Fällen, in denen die Steuerfreistellung auf anderen gesetzlichen Vorschriften oder einer Verwaltungsanweisung[5] beruht, ist die Vorschrift nicht anwendbar. Dann bleibt es bei der Freistellung, auch wenn im ausl. Staat keine Besteuerung erfolgt. Rechtspolitisch problematisch ist insoweit, dass die Tätigkeit im Nicht-DBA-Staat steuerlich günstiger behandelt wird als im DBA-Staat. Jedoch ist die Regelung des Abs. 8 damit zu rechtfertigen, dass im Nicht-DBA-Fall keine gesetzliche Freistellung erfolgt, sondern lediglich im Billigkeitsweg durch Verwaltungsentscheidung. Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung kann auch die tatsächliche Besteuerung im Tätigkeitsstaat berücksichtigt werden.

 

Rz. 128

Nach § 50d Abs. 8 EStG bleibt es bei der Freistellung, wenn entweder der Tätigkeitsstaat auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat oder die in diesem Staat festgesetzte Steuer entrichtet wurde. Beides muss der Stpfl. nachweisen. Auf das Besteuerungsrecht verzichtet hat der Tätigkeitsstaat, wenn er die Einkünfte in Kenntnis seines Besteuerungsrechts nicht besteuert, d. h., sie steuerfrei stellt. Ein Verzicht des Tätigkeitsstaats auf die Besteuerung kann vorliegen, wenn der Tä...

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