Rz. 8

Da der Arbeitgeber von der Verpflichtung zur Einbehaltung der LSt nicht befreit werden kann, ergibt sich zwangsläufig, dass er auch von der Abführung nicht absehen kann. Die Abführung der (einbehaltenen) LSt kann nach § 222 S. 4 AO nicht gestundet werden.[1] Diese Vorschrift betrifft den Arbeitgeber, der die LSt einbehalten hat. Da die einbehaltene LSt in sein Vermögen gelangt ist, ist es sachgerecht, eine Stundung auszuschließen. Die einbehaltene LSt ist zwar kein Treuhandgut, die Stellung des Arbeitgebers im LSt-Abzugsverfahren ist aber der eines Treuhänders zumindest ähnlich, sodass erwartet werden kann, dass er die einbehaltene LSt, die für ihn fremdes, kein eigenes Geld darstellt, auch abführt.

 

Rz. 9

§ 222 S. 3 AO schließt es aus, von der Einbehaltung der LSt aus bei einem Arbeitnehmer vorliegenden Billigkeitsgründen abzusehen. Diese Regelung ist rechtspolitisch bedenklich, da das Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit nicht davon abhängen kann, ob der Arbeitnehmer eine Steuer selbst bezahlen muss oder ob er verpflichtet ist, den Einbehalt der LSt und ihre Abführung zu dulden. Der Ausschluss einer Stundung aus persönlichen Billigkeitsgründen des Arbeitnehmers kann daher im Einzelfall gegen das Übermaßverbot verstoßen und zu einer verfassungswidrigen Steuererhebung führen. Bei sachlicher Unbilligkeit handelt das FA nicht ermessensfehlerhaft, wenn es den Arbeitnehmer, der mit Hinweis auf Erstattungsansprüche Stundung beantragt, auf das Veranlagungsverfahren verweist. Der Gesetzgeber hat bei der Gestaltung des LSt-Verfahrens die Möglichkeit der Überzahlung gesehen und die Erstattung in das Veranlagungsverfahren verlagert. Hierin liegt keine sachliche Unbilligkeit, sondern eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers.

 

Rz. 10

§ 222 S. 4 AO schließt dagegen eine Stundung der Haftungsverbindlichkeit nicht aus, wenn der Arbeitgeber die LSt nicht einbehalten hat (a. A. R 41a.2 S. 3 LStR 2015). Die Vorschrift verbietet nur die Stundung der einbehaltenen LSt; § 222 S. 3 AO schließt die Stundung nur aus beim Arbeitnehmer vorliegenden Billigkeitsgründen aus. Die Stundung bei Verletzung der Einbehaltungsverpflichtung aus bei dem Arbeitgeber vorliegenden persönlichen Billigkeitsgründen ist damit nicht ausgeschlossen. Die Stundung liegt im Ermessen der Finanzbehörde. Bei der Ermessensentscheidung über die Stundung kann die Finanzbehörde berücksichtigen, dass das LSt-Abzugsverfahren ein typisierendes Verfahren ist, das den zeitnahen Eingang der Steuern sicherstellen soll. Unterlässt der Arbeitgeber den Steuerabzug, zu dem er verpflichtet ist, trifft ihn meist ein Verschulden, das eine Billigkeitsmaßnahme regelmäßig ausschließt. Das beschränkt eine Stundung auf Sonderfälle.

 

Rz. 11

Der Erlass der LSt-Abführungsschuld gegenüber dem Arbeitgeber ist hingegen ausgeschlossen. Ein Erlass kann nur dem Steuerschuldner (Arbeitnehmer) gewährt werden; die Begünstigung Dritter (Arbeitgeber) ist ausgeschlossen. Es kann nicht Sinn der Einbehaltung von LSt sein, diese dem Arbeitnehmer vom Lohn abzuziehen, dem Arbeitgeber aber die Abführung auf Dauer zu erlassen und die Steuer dennoch beim Arbeitnehmer anzurechnen. Erlassen werden kann nur eine etwaige Haftungsschuld des Arbeitgebers mangels Einbehaltung der LSt.

 

Rz. 12

Der Erlass gegenüber dem Arbeitnehmer erscheint nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Da im Zeitpunkt der Einbehaltung der LSt aber nicht die gesamten Verhältnisse zu überblicken sind, besteht zumindest zu diesem Zeitpunkt kein Bedürfnis für eine derartige Entscheidung. Die Erlassentscheidung wird regelmäßig nach Ende des Kj. und damit im Veranlagungsverfahren ergehen; vgl. auch Rz. 9.

[1] BFH v. 12.3.1993, VI R 71/90, BStBl II 1993, 479 ist vor der Gesetzesänderung ergangen und damit gegenstandslos.

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