Rz. 107

Für die Besteuerung beim Rechtsnachfolger kommt es hinsichtlich des Umfangs der Steuerpflicht, etwaiger Steuerbefreiungen und der Einkunftsart auf die vom Vorgänger verwirklichten Merkmale an; im Übrigen, d. h. hinsichtlich Freibeträgen und Freigrenzen sowie dem Steuersatz, sind die Verhältnisse des Rechtsnachfolgers maßgeblich.

 

Rz. 108

Ob die Einkünfte im Inland steuerpflichtig sind, richtet sich nach den Verhältnissen des Rechtsvorgängers, sodass die im Ausland lebende Witwe hinsichtlich der früher im Inland ausgeübten freiberuflichen Tätigkeit ihres Ehemanns beschränkt steuerpflichtig bleibt.[1]. Steuerbefreiungen[2] und Tarifermäßigungen wirken zugunsten des Rechtsnachfolgers. Eine dem Rechtsnachfolger zufließende Entschädigung bleibt nach §§ 24 Nr. 1, 34 EStG begünstigt, obwohl ihm keine Einnahmen entgehen.

 

Rz. 109

Die Einkunftsart richtet sich nach den vom Rechtsvorgänger verwirklichten Merkmalen:

  • War dieser selbstständig tätig (§ 18 EStG), so erzielt der Nachfolger auch dann nachträgliche Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, wenn ihm selbst die Qualifikation als Freiberufler, Künstler usw. fehlt.[3]
  • Versorgungsleistungen, die die Witwe eines selbstständigen Versicherungsvertreters von dem vertretenen Versicherungsunternehmen erhält, bleiben Einkünfte aus Gewerbebetrieb und werden nicht zu sonstigen Einkünften.[4] Die Witwe eines Erfinders, der Ansprüche aus einem Lizenzvertrag gegen eine Leibrente veräußert hatte, erzielt weiter Einkünfte aus selbstständiger Arbeit und nicht sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 1 EStG.[5]
  • Die Mitunternehmerstellung richtet sich nach den Verhältnissen des Rechtsvorgängers.[6]
  • Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bleiben als solche auch beim Rechtsnachfolger dem LSt-Abzug unterworfen (beim Fehlen von ELStAM nach Steuerklasse VI).
 

Rz. 110

Der Grundsatz der Beibehaltung der Einkunftsart des Rechtsvorgängers gilt für natürliche Personen. Wenn der Rechtsnachfolger als Kapitalgesellschaft oder gewerblich geprägte Personengesellschaft wegen seiner Rechtsform nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezieht (§ 8b Abs. 2 KStG; § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG), dann erstreckt sich dies auch auf Einkünfte, die beim Vorgänger einer anderen Einkunftsart angehört hätten.[7]

 

Rz. 111

Die dem Rechtsnachfolger zufließenden nachträglichen Einkünfte werden beim Rechtsnachfolger besteuert; sie gehen bei ihm in den Gesamtbetrag der Einkünfte und in das zu versteuernde Einkommen ein. Die einkunftsartbezogenen Freibeträge (z. B. §§ 13 Abs. 3, 19 Abs. 2,20 Abs. 9 EStG), Freigrenzen (§§ 22 Nr. 3 S. 2, 23 Abs. 3 S. 6 EStG) und Pauschbeträge (§ 9a EStG) stehen ihm nur einmal zu. Fließen ihm als Rechtsnachfolger steuerbefreite Einkünfte zu, so ist der Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG) nach Maßgabe seiner Verhältnisse anzuwenden. Da § 24 Nr. 2 EStG sich auf die Zurechnung von Einkünften beschränkt, kommt die Anwendung des Progressionsvorbehalts aber nicht in Betracht, wenn dem Rechtsnachfolger steuerfreie Sozialleistungen zufließen, die beim Rechtsvorgänger zur Anwendung des § 32 EStG geführt hätten.

[2] Z. B. aufgrund von DBA oder §§ 3, 3b EStG s.
[3] BFH v. 27.11.1992, IV B 109/91, BFH/NV 1993, 293 betr. Zahlungen eines Verlags an den Erben eines Autors; BFH v. 27.11.1992, IV B 129/91, BFH/NV 1993, 471 betr. Geldzahlungen, die den Erben im Zusammenhang mit Urheberrechten des freiberuflich tätig gewesenen Erblassers zufließen; BFH v. 29.4.1993, IV R 16/92, BStBl II 1993, 716 betr. Veräußerung von Bildern durch die Witwe eines Kunstmalers.
[6] BFH v. 25.1.1994, VIII B 111/93, BStBl II 1994, 455; BFH v. 2.12.1997, VIII R 42/96, BFH/NV 1998, 783, beide betr. Witwenpension einer Nichterbin als Sondervergütung.
[7] BFH v. 30.11.1989, I R 19/87, BStBl II 1990, 246 betr. von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts geerbte Steuerberaterkanzlei.

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