Rz. 58

Einkünfte können auch erzielt werden, nachdem die Tätigkeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 1–4 EStG) aufgegeben oder das zugrunde liegende Rechtsverhältnis (§ 2 Abs. 1 Nr. 5–7 EStG) beendet wurde. Die Vorschrift stellt die Steuerpflicht insoweit nur klar und ordnet diese Einkünfte der in der Vergangenheit verwirklichten Einkunftsart zu. Deshalb erzielt z. B. ein Erfinder durch Veräußerung von Ansprüchen aus einem Lizenzvertrag gegen Leibrente Einkünfte aus selbstständiger Arbeit und nicht gem. § 22 Nr. 1 EStG.[1] Die Unterscheidung zwischen Tätigkeiten und Rechtsverhältnissen rechtfertigt keine unterschiedliche steuerliche Behandlung, sondern dient lediglich der Veranschaulichung, dass Einkünfte i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–4 EStG regelmäßig eine Tätigkeit voraussetzen und Einkünfte gem. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 bis 7 EStG aus einem Rechtsverhältnis fließen. Für den Zufluss beim Rechtsnachfolger begründet § 24 Nr. 2 EStG dagegen die Steuerpflicht, indem diesem die Verwirklichung von Tatbestandsmerkmalen durch den Rechtsvorgänger zugerechnet wird[2].

 

Rz. 59

Nachträgliche Einkünfte sind im Gegensatz zu Entschädigungen (Nr. 1) und Nutzungsvergütungen (Nr. 3) nicht tarifbegünstigt; eine Tarifbegünstigung als außerordentliche Einkünfte gem. § 34 Abs. 1 und Abs. 2 EStG kommt nur in Betracht, wenn zugleich die Merkmale einer Entschädigung oder einer Nutzungsvergütung erfüllt sind (z. B. Zufluss beim Rechtsnachfolger) oder die nachträglichen Einkünfte eine mehrjährige Tätigkeit vergüten (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG).

3.1 Zusammenhang mit der früheren Einkunftserzielung

 

Rz. 60

Die Besteuerung nach § 24 Nr. 2 EStG setzt einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der beendeten Tätigkeit oder dem beendeten Rechtsverhältnis voraus[1]; die Einkünfte müssen zudem ihre rechtliche Grundlage in der früheren Einkünfteerzielung haben. Dies trifft insb. beim Entgelt für eine früher erbrachte Leistung zu, z. B. den laufenden Versorgungsleistungen, die die Witwe eines selbstständigen Versicherungsvertreters von dem vertretenen Versicherungsunternehmen erhält[2] oder den Einnahmen eines Kassenarztes aus der sog. erweiterten Honorarverteilung der KZV[3], aber auch bei der späteren Verwertung früher erbrachter Leistungen, wie dem aus der Veräußerung von Bildern durch die Witwe des Kunstmalers vereinnahmten Kaufpreis.[4].

3.2 Maßgeblichkeit der früheren Einkunftsart

 

Rz. 61

Wegen der Maßgeblichkeit der während der einkunftserzielenden Tätigkeit oder des Rechtsverhältnisses verwirklichten Merkmale ist für die Bestimmung der maßgeblichen Einkunftsart nicht auf die Verhältnisse des Erben, sondern des Erblassers abzustellen.[1] Deshalb erzielt z. B. die Erbin eines verstorbenen Kunstmalers durch Veräußerung der zum Nachlass gehörenden Bilder nachträgliche Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit (§ 18 EStG), obwohl sie selbst nicht Künstlerin ist.[2] Eine Witwenpension ist Sondervergütung i. S. v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, auch wenn die Witwe des Gesellschafters nie selbst Gesellschafterin der Gesellschaft war und sie auch nicht Erbin ihres verstorbenen Ehemanns geworden ist.[3]

Soweit ein Rechtsnachfolger Arbeitslohn aus dem früheren Dienstverhältnis des Rechtsvorgängers bezieht, gilt er selbst als Arbeitnehmer (§ 1 Abs. 1 S. 2 LStDV).[4]

 

Rz. 62

Die Maßgeblichkeit der während der einkunftserzielenden Tätigkeit oder des Rechtsverhältnisses verwirklichten Merkmale gilt auch bei grenzüberschreitenden Fallgestaltungen: Nachträgliche Einkünfte eines Erfinders aus der Veräußerung von Ansprüchen aus einem Lizenzvertrag gegen Leibrente sind auch nach dessen Wohnsitzverlegung in das Ausland im Inland beschränkt steuerpflichtig, denn zu den im Inland ausgeübten oder verwerteten Einkünften aus selbstständiger Arbeit gem. § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG gehören nicht nur gegenwärtige, sondern auch nachträgliche Einkünfte aus einer in der Vergangenheit im Inland ausgeübten freiberuflichen Tätigkeit.[5] Besteht eine inländische Betriebsstätte im Zeitpunkt des Zuflusses der nachträglichen Einkünfte nicht mehr, so unterliegen diese trotzdem der beschränkten Steuerpflicht.[6]

3.3 Nachträgliche Gewinneinkünfte

 

Rz. 63

Einkünfte aus ehemaliger Tätigkeit sind im Bereich der Gewinneinkünfte nur von unter...

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