Rz. 55

Der Umfang des Ausgleichs muss angemessen sein. Für den Entgeltzuschlag gilt, dass dieser entweder gesondert im Arbeitsvertrag geregelt werden kann, oder aber mittels erhöhtem Grundlohn. Im letzteren Fall müssen sich aus dem Arbeitsvertrag konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Grundlohn aufgrund der Nachtarbeit erhöht ist und einen Nachtarbeitszuschlag einschließt.[1] Bezüglich des Umfangs ist die Art der Ausgleichsleistung unerheblich, der Wert muss sich grundsätzlich entsprechen.[2]

Bezüglich des Mindestlohns steht insbesondere § 10 Abs. 1 ArbZG und § 24 Abs. 2 MiLoG in der Fassung vom 11.8.2014 einer Anhebung des Zuschlags nicht entgegen.Insbesondere die Angemessenheit eines Zuschlags in Höhe von 10 % oder eine Branchenausnahme für Zeitungszusteller kann dem gerade nicht entnommen werden. § 6 Abs. 5 ArbZG findet unverändert Anwendung.[3]

Liegt der vereinbarte Grundlohn (unrechtmäßigerweise) unterhalb des Mindestlohns, ist der Zuschlag auf Basis des gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen.[4]

 
Hinweis

Um Unklarheiten und Streitigkeiten vorzubeugen, empfiehlt es sich, in den Arbeitsvertrag eine gesonderte Zuschlagsregelung ausdrücklich aufzunehmen ("Nachtzuschlag").

 

Rz. 56

Hinsichtlich der Höhe des Zuschlags ist stets der Einzelfall zu betrachten. Eine Orientierung – aber keine Bindung – kann dabei der einschlägige Branchentarifvertrag geben. Meist betragen die tariflichen Zuschläge 25 %.[5] Dies ist i. d. R. angemessen, lässt jedoch nicht die Bestimmung des Arbeitgebers im Einzelfall entfallen. Nach der Rechtsprechung ist bei Ableistung von Dauernachtschicht i. d. R. ein Zuschlag von 30 % angemessen[6], während bei Nachtarbeit in Wechselschicht 25 % angemessen sind[7], wobei auch hier stets auf den Einzelfall abgestellt werden soll. Eine Anpassung der regelmäßig angemessenen Werte kommt in Betracht, wenn Umstände im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung vorliegen, welche die Werte wegen der niedrigeren oder höheren Belastung als unverhältnismäßig erscheinen lassen. Rein wirtschaftliche Erwägungen des Arbeitgebers sind nicht geeignet, eine Verringerung des Zuschlags zu begründen. Im Rahmen einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast liegt es am Arbeitnehmer, nachzuweisen, dass im Einzelfall ein höherer Zuschlag als die vorstehend genannten 25 % bzw. 30 % angemessen ist. Andererseits ist bei einem geringeren Ausgleich als üblich gegebenenfalls vom Arbeitgeber die Angemessenheit der Verringerung näher darzulegen.[8]

Auch die Vermeidbarkeit der Dauernachtarbeit – insbesondere durch die mögliche Einführung eines Wechselschichtmodells – ist ein gewichtiger Punkt und bezüglich der Angemessenheit bzw. Höhe des Ausgleichsanspruchs entsprechend zu berücksichtigen. Dies wird regelmäßig zumindest einer Abweichung vom Regelsatz entgegenstehen. Ebenso kann aber auch eine Herabsetzung des Regelwerts in Betracht kommen, wenn durch die Nachtarbeit eine spürbar geringere Belastung als üblich vorliegt (beispielsweise deutlich weniger Einsätze beim Bereitschaftsdienst in der Nachtzeit).[9]

Ein niedrigerer Regelsatz gestützt auf Unvermeidbarkeit ist dabei von der Rechtsprechung des BAG auf bestimmte Fälle beschränkt. Dies können die Unvermeidbarkeit der Nachtarbeit aufgrund zwingender technischer Gründe oder zwangsläufig mit der Art der Tätigkeit verbundene Gründe sein; oder wenn dies überragende Gründe des Gemeinwohls – beispielsweise beim Rettungswesen – zwingend erfordern..[10]

Bei Mitarbeitern des Rettungsdienstes gilt ein Zuschlag von 10 % als angemessen[11], ebenso kann im Bewachungsgewerbe ein Nachtarbeitszuschlag von 10 % bzw. 12 % angemessen sein.[12] Der Ausgleichspflicht können angesichts des regelmäßig überwiegenden gewichtigen Interesses des Gesundheitsschutzes des Arbeitnehmers auch keine Grundrechte des Arbeitgebers wie Berufs-, Presse- oder Meinungsfreiheit entgegengebracht werden. Ebenso die Eigentumsgarantie, auch bezüglich des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Bloße Umsatz- und Gewinnchancen oder tatsächliche werden insoweit nicht geschützt. Jüngst verneint wurde dies bei Zeitungszustellern mangels gesetzlicher Pflicht zur Anordnung von Nachtarbeit und überragend wichtigen Gemeinwohlgründen von Verfassungsrang, insbesondere im Vergleich zur vorgenannten anerkannten Gruppe der Betreiber von Krankenhäusern, Pflegeheimen und Rettungsdiensten.[13]

Eine tarifliche Regelung in einem Tarifvertrag, die vorsieht, dass sich der Zuschlag für Nachtarbeit halbiert, wenn sie innerhalb eines Schichtsystems geleistet wird, kann gegen das allgemeine Gleichheitsgrundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.[14]

Nach neuerer BAG-Entscheidung wird in einer Regelung im Tarifvertrag nach der für unregelmäßige Nachtarbeit ein höherer Zuschlag gewährt wird als für regelmäßige Arbeitszeit, dann kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG gesehen, wenn dafür ein sachlicher Grund gegeben ist, der die Ungleichbehandlung rechtfertigt. Dieser muss jedoch aus ...

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