Rz. 19

Abweichungen von den arbeitszeitrechtlichen Vorgaben sind ferner möglich bei unaufschiebbaren Vor- und Abschlussarbeiten. Dies sind Arbeiten, die dem eigentlichen Betriebsbeginn vorausgehen bzw. dem Betriebsende nachfolgen, also alle Arbeiten zur Reinigung und Instandhaltung, soweit sich diese Arbeiten während des regelmäßigen Betriebs nicht ohne Unterbrechung oder erhebliche Störung ausführen lassen; ferner Arbeiten, von denen die Wiederaufnahme oder Aufrechterhaltung des vollen Betriebs arbeitstechnisch abhängt.[1] Es muss sich also um typische Ergänzungsarbeiten handeln, die aus betrieblichen und arbeitstechnischen Gründen nicht mehr innerhalb des eigentlichen Produktionsvorgangs erledigt werden können.[2] Zu den Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten können auch die Wartung und Pflege der Betriebsmittel gehören.[3] Typische Vorarbeiten sind etwa Arbeiten zum Anheizen von Öfen und zum Ingangsetzen der Maschinen, aber auch jene zum Be- und Entladen von Schiffen, Kraftfahrzeugen oder Eisenbahnwaggons.[4] Beispiele für Abschlussarbeiten sind Aufräum- und Reinigungsarbeiten, aber auch etwa das Zuendebedienen der Kundschaft in Verkaufsstellen, Banken, Konditoreien, Reisebüros etc.[5] Nicht zu den Vor- und Abschlussarbeiten zählen hingegen Tätigkeiten, die während der gewöhnlichen Betriebszeiten durchgeführt werden und von den eigentlichen Betriebsvorgängen nicht zu trennen sind, wie etwa das Reinigen des zu verarbeitenden Materials.[6]

 

Rz. 20

Vor- und Abschlussarbeiten sind nur dann zulässig, wenn sie unaufschiebbar sind. Im Rahmen einer Güterabwägung ist zu fragen, ob die Arbeiten Nachteile verhindern, die schwerer wiegen würden als die Überschreitung der arbeitszeitrechtlichen Grenzen, wie etwa ein Produktionsausfall oder eine Störung des Publikumsverkehrs.[7] Soweit Vor- und Abschlussarbeiten so in den Betriebsablauf integriert werden können, dass sie diesen nicht stören, ist für eine Abweichung von den arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen kein Raum.[8]

[1] So die amtliche Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 12/5888 S. 31; vgl. ausführlich auch Baeck/Deutsch/Winzer, ArbZG, 4. Aufl. 2020, § 14 ArbZG, Rz. 35.
[2] MünchArbR/Koberski, 5. Aufl. 2021, § 182, Rz. 90.
[4] MünchArbR/Koberski, 5. Aufl. 2021, § 182, Rz. 90.
[5] BT-Drucks. 12/5888 S. 31; Baeck/Deutsch/Winzer, ArbZG, 4. Aufl. 2020, § 14 ArbZG, Rz. 37 wenden sich zu Recht gegen die in der Regierungsbegründung genannte feste zeitliche Grenze für ein Zuendebedienen der Kundschaft von einer halben Stunde pro Tag.
[6] Baeck/Deutsch/Winzer, ArbZG, 4. Aufl. 2020, § 14 ArbZG, Rz. 36.
[7] HWK/Gäntgen, 10. Aufl. 2022, § 14 ArbZG, Rz. 16.
[8] Baeck/Deutsch/Winzer, ArbZG, 4. Aufl. 2020, § 14 ArbZG, Rz. 38.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge