Die verschiedenen gesetzlichen Neuregelungen im Zuge der COVID-19-Pandemie enthalten keinen ausdrücklichen Anspruch der betroffenen Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber auf Freistellung von der Arbeitspflicht, sodass insoweit auf die allgemeinen vertragsrechtlichen Regelungen zurückgegriffen werden muss.[1] Dabei ist wie folgt zu unterscheiden:

  • Erkrankt der Arbeitnehmer aufgrund einer SARS-CoV-2-Infektion, liegt ein Fall der Arbeitsunfähigkeit i. S. d. § 3 EFZG mit dem entsprechenden Anspruch auf bezahlte Freistellung vor.
  • Hat sich der Arbeitnehmer lediglich infiziert, ohne Symptome zu entwickeln, ist dies kein Fall einer Arbeitsunfähigkeit – vielmehr hat sich der Arbeitnehmer gemäß §§ 28, 28a IfSG in die behördlich verfügte Quarantäne zu begeben (sofern die Isolationspflicht nicht nach Landesregelungen aufgehoben wurde). Zudem kommt u. U. ein berufliches Tätigkeitsverbot nach § 31 IfSG in Betracht. Arbeitsrechtlich kommt es dann darauf an, ob der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung auch unter den konkreten Quarantänebedingungen erbringen kann – typischerweise im Homeoffice. Ist dies nicht möglich, ist der Arbeitnehmer an der Erbringung seiner Arbeitsleistung gehindert. Sofern keine arbeitsvertraglichen Entgeltfortzahlungsansprüche bestehen bzw. § 616 BGB eingreift[2], verliert er seinen Entgeltanspruch und erhält dafür den (nachrangigen) Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung nach § 56 IfSG.[3]
  • Muss sich der Arbeitnehmer in Quarantäne begeben, weil es in seinem (familiären, aber auch betrieblichen) Umfeld zu einer SARS-CoV-2-Infektion gekommen ist, gilt das soeben Ausgeführte entsprechend.
  • Entscheidet sich der Arbeitgeber freiwillig, d. h. ohne gesetzliche Verpflichtung, dazu, den Arbeitnehmer freizustellen, bleibt diesem der Entgeltanspruch erhalten – fraglich kann sein, ob der Arbeitnehmer in diesem Fall einen Beschäftigungsanspruch durchsetzen kann; dies hängt vom Einzelfall unter Abwägung der gegenseitigen Interessen ab. Dabei dürfte das betroffene Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers regelmäßig hinter das Interesse des Arbeitgebers, mit einer solchen Maßnahme die betrieblichen Abläufe aufrechtzuerhalten und die übrige Belegschaft zu schützen, zurücktreten.
 
Hinweis

Einschränkungen für Ungeimpfte

Die nach dem IfSG vorgesehene Entschädigung erhält nicht, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder durch andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben sind oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurden, ein Tätigkeitsverbot oder die Pflicht zur Absonderung hätte vermeiden können.[4]

Gleiches gilt auch bei Antritt einer "vermeidbaren Reise"[5] in ein bereits zum Zeitpunkt der Abreise als solches eingestuftes Risikogebiet.

Voraussetzung für den Anspruchsverlust ist die Kausalität der unterlassenen Impfung bzw. der angetretenen Reise für das Tätigkeitsverbot bzw. die Absonderung. Kann also die Tätigkeit des ungeimpften Beschäftigten ins Homeoffice verlagert und so ein Tätigkeitsverbot vermieden werden, fehlt es an der Vermeidbarkeit.

Die Gesundheitsminister der Länder haben am 22.9.2021 mit dem Bundesgesundheitsminister ein gemeinsames Vorgehen beim Ende der Lohnfortzahlung für Ungeimpfte beschlossen. Ab dem 1.11.2021 erhalten Arbeitnehmer in Deutschland keine staatliche Unterstützung mehr, wenn sie wegen Coronaverdachts in Quarantäne müssen und nicht geimpft sind.

Arbeitsrechtlich steht dem Arbeitgeber ein Auskunftsanspruch (in bestimmten, in § 36 Abs. 1 IfSG aufgeführten, Unternehmen spezialgesetzlich gemäß § 28b Abs. 3 IfSG als Verarbeitung personenbezogener Daten zum Impfstatus; i. Ü. als Nebenpflicht des Arbeitnehmers nach § 242 BGB) gegen seine Beschäftigten über ihren Impfstatus zu, um eventuelle Entschädigungsansprüche zu prüfen und ggf. geltend zu machen.[6]

Arbeitsverhinderung aufgrund von Betreuungsaufwand für Angehörige

Ein weiterer Fall ist die Arbeitsverhinderung aufgrund von Betreuungsaufwand für Angehörige, insbesondere Kinder im Homeschooling etc. Maßgeblich ist § 275 Abs. 3 BGB, wonach der Arbeitnehmer als Schuldner seine Arbeitsleistung verweigern darf, wenn ihm diese – unter Abwägung der beiderseitigen Interessen – unzumutbar ist. Im Hinblick auf die Unzumutbarkeit können die Wertungen des § 616 BGB herangezogen werden.[7] Dies ist im Hinblick auf den hier vorliegenden Fall der Kinderbetreuung zu bejahen.[8] Die Rechtsprechung sieht dies insbesondere dann als gegeben an, wenn die Pflichtenkollision zwischen Arbeitsleistung und Kinderbetreuung durch eine unverschuldete Zwangslage entstanden ist.[9] Voraussetzung ist allerdings, dass es für den Arbeitnehmer keine den Arbeitgeber weniger belastende Möglichkeiten gibt, den Betreuungsaufwand sicherzustellen. Dazu gehört z. B. die Betreuung durch den anderen Elternteil oder sonstige nahe Verwandte (dabei sind ältere Personen aufgrund der insoweit empfohlenen Isolierung nicht heranzuziehen), die Inanspruchnahme von Urlaub oder der Abbau von Überstunden. Insoweit könne...

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